Lustvolles Erwachen
sich nicht ständig Gedanken über sie machen. Verdammt, er wollte nicht einmal mit ihr schlafen.
Ja, er hatte in ihrer Nähe ein paar kurze Phasen von Erregung erlebt. Doch das war nie wieder passiert. Er konnte sich auch nicht vorstellen, dass es jemals wieder passieren würde. Nicht bei einer Frau, die sich wie ein Kindermädchen kleidete, die wie ein Husar kämpfte und die nicht kokett sein konnte, selbst wenn ihr Leben davon abhing.
Vor zwei Wochen noch hatte Diccan die wundervollen weißen Brüste von Minette Ferrar gestreichelt. Wie, in Gottes Namen, sollte Grace Fairchild da mithalten? War es nicht besser, er wartete, bis er sich zumindest ein bisschen mehr für die ganze Angelegenheit begeistern konnte?
Es war keine Hilfe, dass Biddle unentwegt leise schnaubte, während er packte. Diccan wusste, dass Biddle ihm ablehnend gegenüberstand. Kein anderer Mensch verfügte über ein derartiges Repertoire an resignierten Seufzern und missbilligendem Schnaufen wie Biddle. Dieses besondere Schniefen hörte sich allerdings allmählich so an, als würde er Diccans Frau in Schutz nehmen, die die Nachricht von seiner Abreise mit stiller Zustimmung aufgenommen hatte.
»Wenn Sie so unglücklich sind, Biddle«, sagte Diccan und schlüpfte in seinen grauen Überrock, »kann ich Ihnen bestimmt ein gutes Empfehlungsschreiben ausstellen.«
»Ich bin mir sicher, dass das nicht nötig sein wird, Sir.«
Diccan nahm den Hut, den Biddle ihm reichte. »Wenn Sie sowieso schon seufzen, vergessen Sie nicht, aufmerksam zu bleiben. Der Chirurg ist auf der Flucht, und ich weiß, wie sehr Sie Überraschungen hassen.«
»Sie haben seine Flucht gegenüber Mrs. Hilliard nicht erwähnt?«
Diccan zuckte mit den Schultern. »Ich will nicht, dass sie sich unnötig Sorgen macht. Sie wird überwacht. Im Übrigen hat sie ihre Rolle in dieser Farce schon gespielt.«
Biddle antwortete mit einem weiteren Schnauben. Diccan gab auf und verschwand. Er würde losreiten. Endlich war die Sonne herausgekommen und machte es überflüssig für ihn, sich mit seinem korpulenten Diener in eine Kutsche zwängen zu müssen. In Gedanken bei den kommenden Tagen, trat er aus der Eingangstür des Pulteney, um im nächsten Moment abrupt stehen zu bleiben. Seine Frau stand da, flüsterte beruhigend und streichelte den Kopf von Gadzooks. Das Pferd, das für gewöhnlich genauso mürrisch war wie Biddle, schnaubte ihr wie ein liebestrunkener Verehrer in die Haare.
»Um Himmels willen, meine Liebe«, sagte Diccan und zog sich die Handschuhe an. »Was hast du denn mit dem ungezogenen Biest vor?«
Sie blickte auf, und er bemerkte, dass ihr Gesicht leuchtete. Seltsamerweise zog sich bei diesem Anblick sein Herz zusammen. »Ich glaube, ich habe diesen schönen Herrn vor Kurzem erst gesehen«, sagte sie. »Gehört er dir?«
Der Stallbursche, der die Zügel hielt, bemühte sich, eine ungerührte Miene zu machen. Diccan lachte laut auf. Gadzooks war sicherlich das hässlichste Pferd in der gesamten christlichen Welt. Gadzooks war ein knochiger, dummer, dreckiger Rotschimmel und damit die Lachnummer im diplomatischen Korps.
»Ich glaube, du hast zu viel Zeit mit den Soldaten verbracht, wenn du diesen Arbeitsgaul einen ›Herrn‹ nennst«, widersprach er trocken. »Gadzooks’ Visage jagt kleinen Kindern Angst ein und erschreckt Krähen.«
Grace lachte. Es war ein angenehmes, kehliges Lachen, das eine ganz erstaunliche, aber unbequeme Wirkung auf seinen »kleinen Freund« hatte. »Gadzooks? Ein Ausruf wie ›sapperlot‹?«, wiederholte sie und drückte ihre Stirn an die des Pferdes. »Wie passend! Auf einer Rennstrecke würde er in der Tat für eine echte Überraschung sorgen, nicht wahr? Er hat das Herz eines Champions. Ich kann verstehen, warum er dir so viel bedeutet.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Auch wenn er gewöhnlich aussieht.«
Diccan hätte schwören können, dass sein Herz stockte. »Dieses Stück Hundefutter?«, erwiderte er und fühlte sich seltsam verwirrt. Niemand hatte je bei der ersten Begegnung Gadzooks Potenzial erkannt. Niemand erfasste, was für ein treuer und entschlossener Freund er war. »Wie kommst du darauf?«
Ihre Augen funkelten. »Unschöne Pferde sind mir wohlvertraut, Diccan. Schließlich würde Wellingtons Copenhagen das Aussehen dieses Herrn hier noch in den Schatten stellen – und er hat das größte Herz, das ich kenne. Versprich mir, dass du vorhast, mit ihm zu züchten. Ich habe die perfekte Stute für ihn.«
Diccan blinzelte.
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