Lustvolles Erwachen
ihre Haut nicht mehr kribbeln würde. Wenn sie das erstaunlich böse Lächeln auf seinen Lippen vergessen könnte, als er sich heruntergebeugt hatte, um … um sie zu schmecken. Sie konnte es noch immer fühlen, als hätten Flammen an ihr gezüngelt. Sie konnte noch immer sein kehliges Lachen hören. Ihr Körper schien zu leuchten wie der Himmel nach einem Abendgewitter. Ihr Herz schlug noch immer nicht normal. Es war so wundervoll gewesen – bis zu dem Moment, als er bemerkt hatte, dass sie Jungfrau war.
Sie wusste, dass er ihr nicht hatte wehtun wollen. Tatsächlich hatte er mit seinem Schrecken über sein eigenes Verhalten ihre Zuneigung gewonnen. Aber das hatte nichts am Ergebnis geändert. Sie hatte eine Offenbarung erlebt, einen flüchtigen Blick in ein fernes Land erhascht, in das sie niemals würde eingeladen werden. Und dann war es ihr schnell und brutal wieder entrissen worden.
Da sie nicht wusste, was sie tun sollte, stand sie schließlich auf. Es war sinnlos, den Rest der Nacht damit zu vergeuden, sich mit dem Gedanken zu quälen, was gerade passiert war. Sie konnte genauso gut nach vorn schauen und weitermachen. Sie nahm sich ein paar Minuten, um sich mit zitternden Händen zu waschen. Dann ging sie in ihr Zimmer zurück und tauschte das Negligé gegen ein Nachthemd aus Baumwolle. Ohne die feine Seide mit ihren rauen Händen zu zerstören, faltete sie das Negligé zusammen und legte es unter einen Stapel praktischer grauer Kleidung. So musste sie es nicht sehen und bei dem Anblick an die falschen Erwartungen denken, die damit verbunden gewesen waren. Und so konnte sie hoffentlich vergessen, wie nahe sie dem Glück gekommen war.
Sie hatte geglaubt, dass sie mit Diccan vielleicht ihr schlichtes graues Leben hinter sich lassen könnte. Sie hatte sich getäuscht. Er war entsetzt darüber gewesen, was er getan hatte. Was er hatte tun müssen, weil er der Meinung war, sie hätte ihn in eine Falle gelockt und ihn so dazu gezwungen. Tja, es war ein Fehler, den er nie wieder begehen würde.
Sie ertappte sich dabei, wie sie vor dem Spiegel stand, der auf dem kleinen Toilettentisch angebracht war, und die gespenstisch blasse Frau betrachtete, die ihr entgegenblickte. Sie fragte sich, ob sie jemals einen Weg finden würde, das, was sie war, hinter sich lassen zu können. Die einfache, unscheinbare Frau. Die praktische Frau. Die fachkundige Krankenschwester und treue Freundin. Die Frau, die sich nach Kraft, nach Tiefe sehnte und sich mit Schweigen zufriedengab.
Wenn nur ihr Körper nicht so wehgetan hätte. Wenn er nur gegangen wäre, bevor er ihr die Jungfräulichkeit genommen hatte. Es war schmerzhaft gewesen. Noch nie hatte sie etwas so Schmerzhaftes erlebt. Sie konnte sich nicht vorstellen, sich jemals an dieses Gefühl von Fülle in sich, an dieses Eindringen, an diese völlige Unterwerfung zu gewöhnen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich jemals daran gewöhnen wollte. Sie würde sich wünschen, dass es jedes Mal eine Überraschung wäre, eine Explosion von Emotionen wie Verwunderung, erwartungsvolle Freude und Zugehörigkeit. Für ein paar Momente war sie ein Teil von ihm und er ein Teil von ihr gewesen, so untrennbar miteinander verbunden, wie zwei Menschen es nur sein konnten. Einen kurzen, außergewöhnlichen Augenblick lang war sie nicht allein gewesen.
Bewusst wandte sie sich ab. Sie flocht ihr Haar zu einem Zopf, machte ein Feuer im Kamin und holte ihre Listen hervor. Heute Nacht würde sie sowieso nicht schlafen können. Also konnte sie sich genauso gut mit etwas Sinnvollem beschäftigen.
Er hatte nicht gewusst, wohin er sonst gehen sollte. Sicherlich konnte er nicht im Pulteney bleiben. Sie war dort und rief ihm jeden sinnlichen Moment in Erinnerung, den er mit ihr verbracht hatte. Verwirrte ihn mit der Ungeduld, mit der er sie genommen hatte. Verärgerte ihn mit dem unschuldigen Auftreten, obwohl er den Beweis gesehen hatte, dass sie so unschuldig nicht sein konnte. Was, zur Hölle, hatte sie in Indien gelernt?
Für einen Augenblick dachte er darüber nach, es herauszufinden. Wenn sie gelernt hatte, ihr Schamhaar zu färben, was hatte sie dann noch aufgeschnappt? Würde sie es mit ihm tun? Seine zitternde Hand ignorierend, steckte er den Schlüssel in die Tür zu seinen Räumlichkeiten. Sie würde es nicht mit ihm tun. Bei Gott, er konnte sich nicht vorstellen, dass er es sich je wünschen würde. Es wäre, als würde er sich mit einer Nonne vergnügen. Mit einer pferdegesichtigen
Weitere Kostenlose Bücher