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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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schweift, wie so oft, zu Lee Kidmans Schritt. Er ertappt
sich dabei, wie er das darin eingerollte Untier betrachtet, diese dicke und
träge Bestie.
    Julian hat keine homosexuellen Neigungen, er hat Kidman in einer
ganzen Reihe Pornos spielen sehen, Pornos der britischen Sorte: Nutten
mittleren Alters, die sich als Hausfrauen ausgeben; Frauen, die so aussehen,
als hätten sie ihre Muschis in aller Eile mit Bic-Einwegrasierern und ohne
Schaum rasiert, denen anscheinend fünfundzwanzig Mäuse für einen Fick hinten in
einem Van geboten und die dann – ha ha! – allein am Straßenrand zurückgelassen
werden.
    Julian erkennt diese Filme als das, was sie sind: tröstende
Fantasien der Verfügbarkeit, am Ende sind sie doch alle Huren, bla bla bla. Er
findet sie an und für sich nicht erotisch oder erregend, bis auf ein
gelegentliches unwillkürliches Zucken in seinem Schritt bei einem genussvollen
Stöhnen oder einem animalischen Keuchen oder einer blassen, wippenden Brust.
    Aber Lee
Kidmans Schwanz!
    Lee Kidman benutzt keinen Wegwerf-Bic. Er sieht enthaart und glatt
aus wie Action Man. Sein Schwanz ist so dick wie Julians Handgelenk. Julian ist
fasziniert von seiner Trägheit – der Tatsache, dass er zu groß ist, um
hochzustehen. Er baumelt einfach irgendwie herum. Die Frauen stopfen ihn sich
in jegliche Körperöffnung wie ein halbes Kilo rohe Wurst.
    Lee Kidmans Schwanz taucht schon in Julians Träumen auf. Es ist
nicht so, als wollte er irgendwas damit machen, geschweige denn ihn in sich haben: Der Gedanke lässt seinen Körper in Panik erschaudern – die Vorstellung,
zu versuchen, das Ding in den Mund reinzukriegen!
    Und Kidman braucht so lange, bis er kommt . Obwohl, um fair
zu sein, Julian vermutet, dass es mit einem Mann nicht so lange dauern würde.
Aber trotzdem.
    Kidman ist bewusst, dass Julian auf seinen Schritt linst. Er deutet
ein schiefes Lächeln an.
    Julian fragt: »Ist der Alte noch immer in dem Haus?«
    »Ja«, antwortet Kidman. »Aber der Bulle treibt sich nicht mehr dort
rum. Was ja die Hauptsache war.«
    »Und ihr habt es ihm richtig gezeigt? Die Message ist angekommen?«
    »Die Message ist angekommen.«
    »Und es wird keine Retourkutsche geben?«
    »Nee.«
    »Denn ich will nicht im Gefängnis landen, Lee.«
    Julian hat eine Heidenangst vor dem Gefängnis. Sein Therapeut nennt
das Cleisiophobie: die Angst, in einem geschlossenen Raum eingesperrt zu
werden. Aber das ist es nicht. Es ist die Angst, in einem geschlossenen Raum
eingesperrt zu werden mit Männern, die Schwänze haben wie Lee Kidman.
    »Im Ernst«, sagt Julian. »Das ist ein alter Mann, der allein in
einem beschissenen kleinen Haus wohnt. Was ist daran so schwer?«
    Kidman und Tonga haben so viel Anstand, beschämt auszusehen.
    »Ihr kriegt keinen verdammten Penny«, sagt Julian, »bis dieser alte
Wichser nicht aus meinem verdammten Haus raus ist. Gott. Ihr seid unglaublich.
Kommt her mit nur halb getaner Arbeit. Wo ist euer Stolz?«
    Kidman sieht ihn gespielt unschuldig an.
    Barry Tonga steht einfach ausdruckslos da mit seinen massigen,
verschränkten Armen und mustert ihn. Und Julian mag es nicht, gemustert zu
werden. Es ist ihm unangenehm.
    Er träumt davon, wie er sich einfach aus dieser Scheiße rausbuddelt,
einfach einen Flieger nimmt und abhaut.
    Er überlegt, nach Thailand zu gehen, vielleicht eine kleine Bar zu
eröffnen. Er sieht sich schon in abgeschnittenen Jeans und Flipflops den ganzen
Tag nichts tun als rumhängen.
    Klar, wenn Julian ins thailändische Bar-Business einsteigen würde,
käme ein neuer Tsunami, und ihm bliebe nichts als Strandgut.
    Aber selbst das scheint besser als das, was er hat: Scheißlondon,
Scheißimmobilien, scheiß alte Leute, die zwischen ihm und seinem verfügbaren
Kapital stehen. Und die beschissene, verdammte Überzeugung, dass George, sein
Dad, wahrscheinlich haargenau wüsste, was zu tun ist.
    Patrick hat im Park geschlafen. Das macht er immer, wenn
Henry schlecht gelaunt ist.
    Der Park ist die größte freie Fläche in London. Es ist, als wäre man
in einer anderen Zeit. Es gibt Sümpfe und Farndickichte, uralte Eichen. Es gibt
Rotwildherden, eine Dachspopulation, sogar Sittiche: Vögel mit
verschiedenfarbigen, leuchtenden Federn und rosaroten Schnäbeln.
    Patrick geht zurück zum Haus. Er hat einen Sack Kaninchen für die
Hunde dabei.
    Bevor sie hierher zogen, wohnten er und sein Dad an allen möglichen
Orten. Sie wohnten sogar eine Weile im Ausland, glaubt er, möglicherweise in
Frankreich.

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