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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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Opferschema, Schauplatz des
Verbrechens, angewandte Methode. Der MO verändert sich. Die Handschrift nicht.
Was hat er also gemacht, bevor er die Lamberts aufgeschlitzt hat? Wir haben eine
anzunehmende frühere Straftat, vielleicht zwei: die Entführung von Adrian York
und die versuchte Entführung von Thomas Kintry. In Bristol, Mitte der
Neunziger. Das heißt, vor fünfzehn, sechzehn Jahren. Und die Kinder waren
älter. Adrian York war sechs. Thomas Kintry war zwölf.«
    »Schon das ist abnormal«, wirft Benny ein. »Solche Männer haben
gewöhnlich eine sehr spezielle Vorliebe – Alter, Geschlecht, Ethnie,
Haarfarbe.«
    »Okay«, fasst Howie zusammen. »Er entführt also Kinder. Wir wissen
nicht, nach welchen Kriterien, denn selbst wenn wir annehmen, dass diese Fälle
tatsächlich in einem Zusammenhang stehen, scheint das Opferschema inkonsequent.
Bestenfalls geht er nun anscheinend nach einer fünfzehnjährigen Pause mit einem
grundverschiedenen Modus Operandi vor. Wir können annehmen, dass er während
dieser fünfzehn Jahre entweder dem Drang widerstanden hat, straffällig zu
werden, dass er im Gefängnis war oder …«
    »Oder dass er unterhalb des Radars weitergemacht hat«, schließt
Luther. »Also, wie weit sind wir mit dem Namen? Pete Black?«
    »Nun«, sagt Howie. »Dazu komme ich jetzt. Genau darüber wollte ich
sprechen. Es könnte Zufall sein, aber …«
    »Aber was?«
    Sie schluckt trocken, ist aufgeregt und nervös. Sie zieht einen
Zettel aus der dünnsten Mappe und liest davon ab: »In den Niederlanden ist der
›Zwarte Piet‹, was Schwarzer Peter heißt, ein Helfer von Sinterklaas. Er bringt
am fünften Dezember Geschenke, und …« Sie schaut zu Luther.
    Er hat die Augen geöffnet. Er sieht sie an.
    »In den leeren Säcken nimmt er unartige Kinder mit«, fährt sie fort.
»In manchen Geschichten wurden die Zwarten Pieten selbst als Kinder gekidnappt,
und die gekidnappten Kinder bilden die nächste Generation von Zwarten Pieten.«
    »Was zur Adrian-York-Entführung passt«, sagt Luther, »die eine
Kindesentführung war, ohne dass jemand daran überhaupt glaubte . Nicht, bis es
zu spät war.«
    »Aber was, wenn er in den letzten fünfzehn Jahren nicht inaktiv oder im Gefängnis war? Was, wenn er einfach unauffällig war?«
    Sie beginnt, Ausdrucke auf Luthers Schreibtisch auszubreiten.
Währenddessen erklärt sie ihm, dass zahlreiche Kulturen einen mythischen
Schwarzen Mann haben, der mit einem Sack auf dem Rücken dargestellt wird, ein
Mann, der unartige Kinder mitnimmt.
    »Es gibt El Hombre de la Bolsa , was ›der Sackmann‹ heißt. In
Armenien und Georgien ist es ›der Taschenmann‹. In Bulgarien ist es der Torbalan .
In Ungarn ist es der zsákos ember , ›der Mensch mit einem Sack‹. In
Nordindien ist es der Bori Baba oder ›Vater Sack‹. Im Libanon ist es Abu Kees ,
das heißt wörtlich ›der Mann mit einer Tasche‹. Im Vietnam ist es der Herr Drei
Taschen. In Haiti ist es ›der Jutesackmann‹.«
    Luther sieht sich die Bilder an: Trolle und Oger und verkrüppelte
Märchenwesen, knochige, adlernasige alte Männer, die heulende Kinder wegtragen.
    Er steht auf. Seine Beine lassen ihn nicht still sitzen. Er geht im
Zimmer auf und ab. Er sagt: »Ich glaube, das ist gut. Ich glaube, das hat etwas
zu bedeuten. Benny, ich möchte, dass ihr beide die Strafregister durchforstet,
nach einer Verbindung zu irgendeiner dieser Figuren sucht. Schwarzer Peter. Der
Jutesackmann. Vater Sack, wer auch immer. Wenn ihr auf irgendwas stoßt,
irgendwas, gebt mir sofort Bescheid.«
    Um 16.07 Uhr nehmen Cornish und Teller an der zweiten
eilig einberufenen Pressekonferenz des Tages teil.
    DCI Luther ist nicht anwesend.
    Cornish verliest folgendes Statement:
    »Wie Sie wissen, untersucht der Metropolitan Police Service momentan
eine schwerwiegende Straftat und hat bezüglich irgendwelcher Drohungen durch
den Mann, der sich Pete Black nennt, keinen Kommentar abzugeben.
    Ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass wer immer
diese Ungeheuerlichkeiten an Mr und Mrs Lambert und ihrem Kind begangen hat,
von niemandem dazu gezwungen wurde. Er oder sie hat diese Gräueltaten aus
freien Stücken verübt. Wenn der Täter dieser Verbrechen tatsächlich der Mann
ist, der sich Pete Black nennt, dann spricht der Metropolitan Police Service
ihm gegenüber noch einmal den aufrichtigen Wunsch aus, er möge sich den
zuständigen Behörden stellen. Er sei versichert, dass er in völliger
Übereinstimmung mit

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