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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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Fantasie
beschreibt, sie will ihn bitten, zu bleiben, wo er ist, und zu warten, während
sie die 999 wählt und er verbunden wird, um seinetwillen.
    Sie schaut sich um, blickt zu den anderen Schreibtischen, all den
gesenkten Köpfen.
    »Ich hasse ihn«, sagt der Anrufer. »Ich hasse ihn. Ich weiß nicht,
was ich tun soll.«
    »Was glauben Sie denn, was Sie tun werden?«
    »Was er sagt. Sie zerstückeln.«
    »Sie werden sie zerstückeln?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil ich muss.«
    »Warum müssen Sie?«
    »Weil er mein Dad ist.«
    Caitlin blickt über ihre Schulter. Ihr Schichtleiter Matt ist da.
Ein kleiner Mann mit dünnem Haar und einem auffälligen Leberfleck im Gesicht.
    Er zieht einen Stuhl heran und setzt sich einfach neben sie. Bietet
seine Unterstützung an, indem er einfach da ist. Plötzlich spürt Caitlin, dass
sie der Sache bei Weitem nicht gewachsen ist.
    »Ich will das nicht machen«, sagt der Anrufer. »Ich weiß nicht, was
ich tun soll.«
    Mach
es nicht!, sagt sie, aber nur in ihrem Kopf.
    Sie blickt in Matts ruhige Augen.
    »Ich muss los«, sagt der Mann in der Leitung. »Ich bin in der Garage
bei den Hunden. Er kommt. Wir fahren jetzt los.«
    Bevor Caitlin noch etwas sagen kann, hat er aufgelegt.
    Es bleibt eine gewisse Atmosphäre in der toten Leitung zurück. Das
kommt manchmal vor, wenn etwas richtig Schlimmes passiert ist. Sie breitet sich
aus wie eine Wolke.
    Matt nimmt Caitlin mit nach oben in ein kleines Büro. Sie umklammert
mit beiden Händen eine Tasse, pustet auf ihren Tee.
    Sie fragt: »Wie können wir das machen? Wie können wir es nicht
jemandem sagen?«
    »Weil uns das nicht zusteht. Unser Versprechen an unsere Anrufer
lautet, dass alles, was sie sagen, vertraulich ist.«
    »Aber was, wenn er die Wahrheit sagt? Was, wenn da draußen heute
Nacht eine Familie ist, die Daltons oder sonst wer? Und er sie zerstückeln
wird?«
    »Cate, ich verstehe, wie du dich fühlst.«
    »Bei allem Respekt, Matt, aber da bin ich mir nicht sicher.«
    Matt erzählt ihr, wie er einmal einen Anruf von einer Frau bekam,
die eine Überdosis genommen hatte. Sie wollte, dass jemand am Telefon bei ihr
blieb, während sie starb. Matt musste das respektieren. Also saß er da und
hörte zu, während sie hinüberglitt.
    Noch Jahre später sucht dieser Selbstmord ihn im Schlaf heim. In
seinen Träumen sieht er sie ganz deutlich, obwohl er sie in Wirklichkeit nie zu
Gesicht bekommen hat. Er sieht sie so deutlich, dass er manchmal glaubt, sie
ist tatsächlich ein Geist. In den Träumen fragt er nach ihrem Namen. Jedes Mal
sagt sie ihm einen anderen.
    »Wenn du das Vertrauen einer Person brichst, brichst du das
Vertrauen aller«, sagt er. »Und dann bedeutet es nichts mehr, ein Samariter zu
sein.«
    Caitlin nickt.
    Dann fragt Matt: »Möchtest du mit jemandem sprechen?«
    Sie lacht, denn – na ja, denn das wäre absurd.
    Sie sagt nein, es gehe ihr gut. Und inzwischen ist ihre Schicht zu
Ende gegangen, also zieht sie ihren Mantel an und verabschiedet sich von allen.
    Sie geht kurz aufs Klo und fummelt an ihrem Make-up. Dann zieht sie
los, um sich zu betrinken.

17
    Die Hallissey-Siedlung wurde 1964 erbaut. Das Design war
von Le Corbusier beeinflusst, der Ozeandampfer bewunderte und sie für das
ideale Modell einer Wohnsiedlung hielt.
    Die Siedlung wurde schnell und nicht gut gebaut. Schäbige
Betonfestungen werden über nasskalte Gänge, dunkle Treppenhäuser und
Betongalerien erreicht. Ergraute Gardinen hängen in verrotteten Fensterrahmen.
    Steve Bixby wohnt im fünften Stock des Milton Tower. Er ist ein
schlaksiger Mann mit Hawaiihemd und Army-Hose. Kleine Augen mit dicken Tränensäcken
und schütteres Haar in einer struppigen Igelfrisur.
    Er bleibt in der Tür stehen, stottert leicht, als er fragt, weshalb
Howie und Luther hereinkommen wollen.
    Es ist 17.51 Uhr.
    Howie sagt, dass sie ihm lediglich ein paar Fragen stellen wollen.
    Sie schaut nach unten. An Bixbys Knöchel lauert ein hellbraun-weißer
Pitbull Terrier. Er blickt sie mit eng stehenden, stumpfsinnigen Augen an.
    Bixby bemerkt ihr Misstrauen. »Machen Sie sich keine Sorgen wegen
Lou«, sagt er. »Er ist ein ganz Lieber, nicht wahr, alter Junge? Nicht wahr?«
    »Darf ich?«, fragt Luther.
    Bixby hat nichts dagegen. Also lässt Luther sich auf ein Knie nieder
und ruft den Hund zu sich, indem er mit der Zunge schnalzt und mit dem Daumen
über seine Finger reibt. Lou trottet argwöhnisch auf ihn zu. Luther tätschelt
ihm den knochigen, muskulösen Kopf,

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