Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Jason nicht vernichtet? Schließlich wäre auch das eine Möglichkeit gewesen!“ Traurig und zornig schaute Ayleen bei diesen Worten zu ihrem Vater auf.
„Du ahnst nicht, wie oft ich auch diesen Gedanken hegte. Letztes Jahr hat er mir sogar einen guten Vorwand dafür geliefert. Aber ich konnte es nicht. Ich bin auch mit ihm verbunden, nicht nur über das Blut“, seufzte er.
Eine kleine Weile schwiegen Vater und Tochter.
Nein, er soll Jason nichts antun. Ich will Jason für mich, dachte sie dabei, als sie ihr wahres Motiv erkannte und schämte sich gleichzeitig für diesen Gedanken. War das der geringe sterbliche Anteil in ihr? Rasch lenkte sie das Gespräch auf ein anderes Thema und schlug einen gemeinsamen Ausritt über die Weinfelder vor. Diese gemeinsamen Ausflüge waren fast ein alltägliches Ritual für sie beide geworden.
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Stuart hatte wortlos zugehört, als Jason ihm erzählte, was er in seinen Gedanken gesehen hatte. Er selbst konnte sich nur noch undeutlich an seine Zeit vor dem Unfall erinnern. Aber er wusste, dass er auf dieser Welt keinen Menschen mehr hatte. Er wusste auch, dass seine neue Existenz eine ganz andere war, eine verfluchte, aber auch eine verflucht mächtige. „Warum haben dich diese Typen damals verfolgt? Nur, weil du nicht so ein Rowdy warst wie sie?“, fragte Jason ihn jetzt. Seine tiefbraunen Augen forschten in dem Gesicht des hübschen jungen Mannes vor ihm.
Stuart besaß wunderschöne moosgrüne Augen, umrahmt von dunklen Wimpern und fast schwarze Haare, eine seltene Kombination. Seine zarte Anziehungskraft war durch seine Wandlung zum Vampir noch verstärkt worden.
„Ich war immer schon ein bisschen anders. Vor einigen Jahren hatte ich mich diesem Motorradclub angeschlossen. Na ja, ich wollte irgendwie so sein wie die anderen Jungs, die immer die harten Kerle spielen. Aber das war nicht meine Natur. Als ich dann eine Ausbildung zum Floristen machte, war ich bei denen unten durch. Sie begannen, mich zu hänseln und wollten nichts mehr mit mir zu tun haben“, gab Stuart jetzt zu und blickte verlegen zu Boden.
Jason war irgendwie berührt durch diese Schüchternheit, ein Überbleibsel seines menschlichen Daseins. Stuart erschien so zerbrechlich in diesem Augenblick, dass eine Art Beschützerinstinkt in dem jungen Fürsten wachgerufen wurde.
„Du brauchst es mir nicht zu sagen. Zunächst werde ich dir besser einige Dinge über deine neue Welt erklären, die du wissen musst“, begann Jason jetzt.
Und dann fuhr er fort, von seinem eigenen Dasein als Vampir zu erzählen, von Leander und den Hybriden. Stuart hörte fasziniert zu und stellte nur ab und zu eine Frage. Was ihm der andere junge Mann da berichtete, war aufregender als jeder Actionfilm, den er bislang im Kino gesehen hatte. Eine Welt, die parallel zu der der Sterblichen existierte seit dem Anbeginn der Zeit! Es klang unglaublich und doch … Stuart erschienen viele Dinge plötzlich so logisch und klar. Immer öfter traf sein Blick dabei diese tiefgründigen braunen Augen seines Gegenübers, die auch ihn in einen Bann schlugen.
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Zur gleichen Zeit beschrieb die Krankenschwester aus der Intensivstation dem Polizeizeichner das Aussehen des jungen Mannes, der den verschwundenen schwerverletzten Patienten zuletzt besucht hatte und, der ebenfalls verschwunden war. Aus den Kleidungsstücken, die er hatte liegen lassen, ermittelte man seine ungefähre Größe. Er würde ein wichtiger Zeuge sein. Diese Zeichnung wollte Commissioner McKenzie an alle Zeitungen des Landes verteilen lassen.
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Auch der gemeinsame Ausritt lenkte Ayleen nicht von ihren Gedanken an Jason und den Fragen nach ihrer eigenen Existenz ab. Sie war sich sicher, dass ihr Vater längst nicht alles gesagt hatte. Wenn sie mehr erfahren wollte, dann musste sie andere Wege gehen. Im Tresor hatte neben der Waffe, die ihr Leander gezeigt hatte noch etwas anderes gelegen: ein großer Schlüssel, der bestimmt nicht zum Weingut gehörte. Vielleicht würde dieser ihr etwas mehr verraten? Morgen war Zahltag für die Arbeiter des Gutes, dann würde ihr Vater den Tresor wieder öffnen und sie würde ihm helfen, die Abrechnungen zu verteilen.
In einem unbeobachteten Augenblick war Ayleen allein im Arbeitszimmer und der Safe stand offen. Die Versuchung war einfach zu groß. Die junge Frau nahm den übergroßen Bronzeschlüssel heraus und ihr Blick fiel auf eine alte Pergamentrolle, die ebenfalls ihre Neugierde weckte. Vorsichtig
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