Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
löste sie das Band und entrollte das feste, bräunlich-gelbe Papier. Unzählige Namen und Daten standen darauf in verschiedenen Schriften. Auch der Name ihrer Mutter! Sie faltete das Papier wieder zusammen und legte es zurück. Den Schlüssel steckte sie schnell in ihre Hosentasche, als ihr Vater unten ihren Namen rief.
Am Abend war das schöne Mischlingswesen ganz für sich allein in ihrem Zimmer. Mit einer Bürste fuhr sie durch die langen, silberblonden Haare. Wieder betrachtete sie den Schlüssel, der vor ihr auf dem Frisiertisch lag.
Wo gehörst du nur hin?, fragte sie ihn Gedanken und nahm ihn hoch. Die Antwort gab sie sich selbst, beziehungsweise der Engel in ihr: In Sekundenschnelle war sie von gleißendem Licht umhüllt, das sie wie in einem Sog mit sich fortriss. Als es wieder erlosch, zeigte sich ihr der Ort, wo dieser Schlüssel passte: das Portal in den Katakomben des Vatikans. Unerschrocken blickte sie sich um, doch in der Vorhalle gab es nichts zu sehen. Sie steckte also den Schlüssel in das Schloss und schob die Flügeltüren auseinander. Vor ihr erstreckte sich die riesige Urnenkammer. Vorsichtig betrat sie das Gewölbe. Ihre leichten Schritte schienen ihr Kommen zu verraten, denn die Wände warfen sie als leises Echo zurück.
Was ist das nur für eine seltsame Grabkammer?
Die staubige Luft kitzelte in ihrer Nase. Wie ein neugieriges Kind ging sie immer weiter hinein, betrachtete die ihr unbekannten Namen und Jahreszahlen auf den mehr oder weniger wertvollen Gefäßen in den Nischen. Dann fiel ihr die seltsame Pergamentrolle im Tresor ihres Vaters wieder ein. Dort fanden sich einige der Namen wieder. Vampire! Ganze Clans von Vampiren mussten hier begraben worden sein! War ihre Mutter darunter? Obwohl es angesichts der Menge an Grabgefäßen fast aussichtslos schien, begann Ayleen, intensiv nach dem Namen Lydia Alderley zu suchen. Vergebens. Dabei fiel ihr eine Urne auf, worauf nur eine Jahreszahl, jedoch kein Name eingraviert war: 2008. Vorsichtig nahm sie das Gefäß heraus. Wessen Asche war darin?
Noch bevor sie den Deckel lüften konnte, hörte sie die strenge Stimme ihres Vaters hinter sich: „Stell diese Urne sofort wieder zurück. Und dann sag mir, wie du hierher gekommen bist!“
Ayleen wäre die glatte Urne fast aus der Hand gerutscht, so sehr war sie zusammengezuckt. Sie stellte den Behälter wieder zurück und wandte sich um. In Leanders dunklen Augen tanzten goldene Pünktchen. Ein Zeichen, dass er sehr zornig war.
„Vater, du schuldest mir noch einige Erklärungen. Ich gebe zu, dass es nicht recht war, den Schlüssel zu stehlen. Aber … es blieb mir keine andere Möglichkeit“, erwiderte sie entschuldigend, aber dennoch trotzig.
Der Atlanter überlegte kurz. Im Grunde hatte seine Tochter recht. Dennoch … in ihrem Blut schlummerte ein unbekannter Faktor. Zuviel Wissen in diesem Wesen konnte ihm und den Vampiren schaden.
„Also schön. Was willst du wissen?“
Ayleen atmete erleichtert auf.
„Wo sind wir hier?“
„In den Katakomben der Seelenlosen in Rom. Wir befinden uns mitten unter dem Vatikan.“
„Wow!“, entfuhr es der jungen Frau bei dieser Antwort.
„Was wolltest du mit der Urne?“, fragte jetzt Leander und trat näher.
„Oh, ich … ich hatte mich nur gewundert, dass dort kein Name drauf stand.“
Bei diesem Satz kam dem Halbengel eine rettende Idee. Er wusste, dass Ayleen Jason schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Das hat seinen guten Grund.“
Ayleen blickte ihren Vater fragend an.
„Es ist das Pfand, dass der Erzbischof verlangte, damit er uns in Frieden lässt – Jasons Asche.“
„Aber … aber das ist unmöglich“, rief Ayleen entsetzt aus. Das konnte nicht sein! Tränen stiegen in ihre schönen veilchenblauen Augen.
Am liebsten hätte Leander seine Tochter in die Arme genommen. Doch er musste stark bleiben. Also nickte er nur. „Doch, es ist wahr.“
„Aber wir haben doch beide die Geburt seines neuen Vampirs gespürt und …“
„Wie schon gesagt. Es ist gut möglich, dass uns einer der neu gewandelten Fürsten entkommen ist oder wir nichts von seiner Existenz wussten. Nein, ich wollte dir die Hoffnung nicht nehmen. Aber nun, da du die Urne selbst gesehen hast … Einer der modernen Fürsten war schneller, nachdem Jason die Kräfte der Lamia für seinen Alleingang verbraucht hatte.“
Fast schämte Leander sich, seiner Tochter ein solches Märchen aufzutischen, andererseits wäre ihm jedes Mittel recht, um dieser
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