Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Klosterklinik säumten. Ein paar Festungsmauern, ein halbverfallener Wehrturm und das bogenförmige Portal waren noch zu erkennen. Die inneren Räume waren alle zerstört, so dass sich freie, von Quadersteinen gesäumte Parzellen gebildet hatten, die mittlerweile von Gras und niedrigen Sträuchern überwuchert wurden. Hierhin verirrte sich höchstens mal eine Schafherde mit ihrem Hirten.
Der Platz war ideal für Lejlas Plan, den sie im Namen von Lady Alderley ausführte, und für den Tod von Kardinal Pryce, welcher eine notwendige Voraussetzung für das Gelingen war. Die Fürstin hatte damals in Kanada die jungen Hybridin sorgsam auf diese Stunde vorbereitet. Lejla hatte ihre Vorbereitungen völlig emotionslos bereits einen Tag vorher getroffen. Sogar einen einfachen Sarg hatte sie besorgt und eine Schaufel. Darin lag bereits die Tüte mit der Asche der alten Fürstin. Später könnte man diesen für den toten Kardinal brauchen. Dieser war aber jetzt noch recht lebendig und folgte der Vampirin wie eine willenlose Puppe in das Innere der Ruine.
Der Nebel war auch ein perfektes Versteck für den Schatten, der die beiden beobachtete. Auch Shane hatte sich vorbereitet. Er hatte sich die Einhornwaffe besorgt und vorsichtshalber die Taschenflasche mit Leanders Blut eingesteckt, das tödlich auf Vampire wirkte. Wenn es sein musste, war er bereit, Lejla zu töten. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass Jason sein eigenmächtiges Handeln nicht gutheißen würde. Doch der Fürst der Neuzeitvampire war gerade beschäftigt – mit der schönen Evelyn.
Als der graue Vorhang sich langsam auflöste und dem Mondlicht Platz machte, erblickte Shane eine seltsame Szene, die sich im Inneren der alten Burg abspielte. Ein geöffneter Sarg, auf dessen silberweißem Satin eine schmutziggraue Substanz lag. Ein ohnmächtiger Kardinal, der neben diesem Sarg lag und in dessen rechter Armvene eine Kanüle steckte, aus der ein dünner Schlauch in den Totenschrein führte. Lejla hatte das Blut angesaugt, und Tropfen für Tropfen floss in die Asche von Lady Alderley. Die Hybridin hatte nun das Buch Azraels in der Hand und murmelte seltsame Worte in einer Sprache, die Shane nicht verstand. Er wunderte sich, dass Lejla diese scheinbar problemlos beherrschte. Jemand musste sie ihr beigebracht haben. Langsam ergab das hier alles einen Sinn für ihn. Er musste handeln, noch bevor die alte Fürstin wieder zum Leben erweckt wurde und die gerade geschaffene Ordnung zwischen Vampiren und Menschen in Gefahr brachte!
Ohne zu zögern glitt sein Schatten näher heran. Lejla bemerkte ihn nicht, zu sehr war sie auf die komplizierten Worte konzentriert, die sie sorgsam wiederholen musste. Gleichzeitig musste sie den ohnmächtigen Kardinal weiter unter ihrem Bann halten, was sie beides erschöpfte. Je mehr Blut in die Asche tropfte, desto stärker wurde der Duft von Rosen in der Luft. Teerosen waren Lady Alderleys Lieblingsblumen gewesen! War es bereits zu spät? Shane manifestierte jetzt seinen Körper aus den Schatten, die die steinernen Mauern warfen. Lejla fuhr mit einem Aufschrei herum, aber da war es bereits zu spät. Shane kannte jetzt keine Kollegialität und kein Mitleid mehr. Er rammte ihr ohne zu zögern das Horn des Einhorns in den Leib, eine Waffe, die jeden Unsterblichen tötete. Sie brach zusammen, als er es wieder herauszog. Sekunden später war auch Lejla nur noch ein Häufchen Staub. Dann riss Shane rücksichtslos die Kanüle aus dem Arm des Kardinals, um die Opferung zu unterbrechen. Dabei war es ihm völlig egal, ob dieser Mensch noch lebte oder nicht.
Er warf einen Blick in das Innere des Sarges. Es gärte darin: Eine gallertartige schwarzrote Masse war dabei, menschliche Umrisse anzunehmen. Offenbar hatte Lejla gerade noch das Ritual zu Ende bringen können. Shane blickte aufgeregt zum Himmel. „Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt hier tue“, begann er eine Art Gebet, „ aber wenn da oben einer für uns zuständig ist, dann könnte ich jetzt dessen Unterstützung gebrauchen.“ Dabei zog er den silbernen Flachmann aus seiner Hosentasche. Er schraubte ihn vorsichtig auf und hielt das Fläschchen weit von sich, um dessen Inhalt in die gärende Masse zu schütten. Das Blut des Atlanters ergoss sich auf die wieder erwachende Vampirin. Shane atmete tief durch. „Das dürftest nicht einmal du überleben, Lady“, meinte er dann zufrieden, steckte die Flasche wieder ein, hob das Buch auf und verließ den Ort des Geschehens, ohne den
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