Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
stehe, ist eine Modernisierung der Kirche.
Ich weiß, nur Sie können derlei Veränderungen innerhalb der Kirche
bewirken. Dabei benötigen Sie sicher jede Unterstützung, die Sie
erhalten können.«
Sechs der spirituellen Berater des Papstes waren tot. Ob Leo es nun
zugeben wollte oder nicht, er brauchte Catherines Gabe, ihre mentale
Energie, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Zumindest solange, bis sich Ersatz für die ermordeten Spiritualen gefunden hatte. Nun denn,
Catherine konnte ihre Bücher genauso gut in Rom schreiben.
Der Papst starrte sie an, als sähe er sie zum ersten Mal. Dann sagte er
sichtlich gerührt: »Kardinal Benellis Plan reicht noch viel weiter, als ich es je für möglich gehalten hätte. Aber ja, Schwester. Ich nehme Ihre
Unterstützung gerne an.«
Die Tür zur Bibliothek wurde geöffnet, und Kardinal Ciban trat ein. Als
er niemanden im Erdgeschoss sah, blickte er hinauf zur Galerie. Der
Papst signalisierte ihm, dass Catherine und er hinunterkommen würden.
»Wie ich feststelle, Schwester, hat Seine Heiligkeit Sie bereits in das
Geheimnis der Villa eingeweiht.« Ciban rückte Catherines Stuhl zurecht
und nahm dann selbst an der festlich gedeckten Tafel Platz. Er wirkte
müde, jedoch nicht erschöpft. Wie es aussah, hatte er in der Nacht doch
noch ein paar Stunden Schlaf auf der Klappliege in seinem Büro
gefunden. »Sie wissen, dass Kardinal Benelli sich in den letzten Jahren
hier niedergelassen hat. Ich glaube, am Ende kannte er die Villa besser
als ich.«
Sie aßen von den köstlichen Speisen und tranken von dem ausgewählten
Wein, sprachen über Gott und die Welt, bis Leo schließlich mit einer
Frage zu den Geschehnissen der letzten Tage zurückkehrte.
»Was ich noch immer nicht recht begriffen habe: Wie ist Kardinal Monti
nun eigentlich an die Namen gelangt?«
»Schwester Catherine hatte Recht, Heiligkeit«, erklärte Ciban. »Keiner
der Apostel war ein Verräter. Dafür hat Seine Eminenz Kardinal Monti
seine Freundschaft zu Papst Innozenz ausgenutzt.«
»Innozenz hat ihm die Namen genannt?«
Der Kardinal nickte. »Vermutlich hat er die Namen an Innozenz’
Sterbebett erfahren. Schließlich sind beide davon ausgegangen, dass
Monti der nächste Papst werden würde …«
»Was Benelli und Sie jedoch zum Leidwesen Montis zu verhindern
wussten.« Der Papst warf Ciban einen Blick zu.
Der Präfekt stieß einen gespielten Seufzer aus, bevor er Catherine ansah.
»Womit Sie nun auch in dieses Geheimnis eingeweiht wären, Schwester.
Als Monti die Wahl zum Papst verlor, sah er im Wissen um den
Apostelmythos und die Namen seine letzte Chance zur Machtergreifung,
denn für die Teilnahme an einer nächsten Papstwahl wäre er bereits zu
alt.« Ciban hob sein Glas in ihre Richtung. »Dann kamen Sie und haben
Monti mit Ihrer Gabe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Alle
seine Mordaufträge waren mit einem Mal umsonst.«
Catherine runzelte die Stirn. »Aber hätte er nicht einfach die restlichen Apostel ermorden lassen können?«
Ciban schüttelte den Kopf und setzte das Weinglas ab. »Seit Sie auf der
Bildfläche erschienen sind, standen und fielen Montis Pläne mit Ihrer
Gegenwart. Wir haben eine Namensliste in seinem Appartement
gefunden. Tatsächlich hatte er nur sechs der zwölf Namen, daher meine
Vermutung, dass er sie Papst Innozenz noch auf dem Sterbebett entlockt
hat. Innozenz ist jedoch gestorben, bevor er ihm alle Beteiligten nennen konnte. Gott sei es gedankt, Kardinal Benellis Name stand nicht auf
dieser Liste.«
»Er hätte die Kirche mit seiner Machtgier ruiniert«, sagte der Papst
einfach.
»In jedem Fall wollte er das Gleichgewicht der Kräfte zu seinen Gunsten
verändern, Heiligkeit«, erklärte Ciban. »Zum einen, um Papst Innozenz’
politischen Kurs fortzusetzen, zum anderen, um Ihre Zukunftspläne zu
vereiteln. Es tut mir leid, Heiligkeit, aber Ihr Weg, die Kirche in das
einundzwanzigste Jahrhundert zu führen, wird damit noch schwerer zu
bewältigen sein.«
»Darf ich fragen, wie diese Pläne für die nahe Zukunft aussehen?«,
fragte Catherine behutsam.
Der Papst bedachte sie mit einem vielsagenden Zwinkern. »Lassen Sie
sich überraschen, Catherine. Aber so viel vorweg: Ihr Wirken innerhalb
der Kirche wird ein maßgebender Bestandteil dieses Wandels sein.«
Catherine kam nicht umhin, Ciban mit einem fragenden Blick zu
bedenken. Wie dachte der Präfekt über all das? Konnte der Papst in
seiner Gegenwart wirklich
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