Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
ist nicht nur einfach eine Einladung, Nicola.
Das ist auch nicht nur einfach ein Empfang. Da steckt mehr dahinter.
Glauben Sie mir.«
»Wissen Sie, wer sonst noch eingeladen ist?«
»Die üblichen Verdächtigen aus der Kurie. Unter anderem Massini.
Außerdem ein paar mit Benelli befreundete Ordensleute, darunter
Schwester Thea …«
»Schwester Thea? Die hat uns gerade noch gefehlt.«
Der Meister atmete tief durch. »Sie sagen es.« Wenn er etwas nie wieder
tun würde, und damit meinte er wirklich nie wieder , dann war es, die Leiterin des vatikanischen Internetbüros zu unterschätzen. »Doch bevor
wir uns um den Empfang und seine Gäste kümmern, haben wir noch
etwas anderes zu besprechen, damit unsere Mission weiterhin erfolgreich
ist.« Er machte auf einem kleinen Skizzenblock eine kurze Notiz, riss die obersten zwei Blätter ab, damit kein Durchschlag zurückblieb, und gab
diese an sein Gegenüber, damit er sich den Namen und die Adresse
einprägen konnte.
DeRossi hob eine Braue. »Kalkutta, die Hauptstadt von Westbengalen?«
Der Meister nickte. »Schwester Silvia ist eine Art Mutter Teresa. Sie
verfügt über eine immense Gottesfurcht und Menschenliebe, leider aber
auch über eine immense mediale Energie. Leo wird den Verlust ihres
Beistandes sofort spüren.«
»Wann soll ich aufbrechen?«, fragte der Monsignore routiniert. Sicher
würde er in Kalkutta auf einige interessante Nachtschwärmer stoßen.
»Übermorgen. Es ist bereits alles arrangiert.«
»Gut.« DeRossi nahm die Zigarette, zog noch einmal kräftig daran und
steckte die Notizzettel mit der Glut in Brand.
Asche zu Asche.
Staub zu Staub.
VERRÄTER
14.
Die schwarze Limousine mit vatikanischem Kennzeichen passierte eine
alte Steinmauer mit schmiedeeisernem Tor, die die Zuflucht Kardinal
Benellis von der Außenwelt trennte. Catherine fiel auf, dass am Tor
weder ein Briefkasten noch eine Tafel angebracht war, der oder die
darauf hätte hindeuten können, dass hier ein Fürst der Kirche lebte.
Scheu warf sie einen Blick auf den verschlungenen Weg, der vor ihnen
lag.
Die Villa lag nordöstlich von Rom, etwas mehr als eine halbe Stunde
Autofahrt vom Vatikan entfernt, wenn man nicht gerade die
Hauptverkehrszeit in Rom erwischte. Die Limousine fuhr durch ein
Waldgebiet und über eine Meile den Hügel hinauf. Die Villa im
Renaissance-Stil, die sich schließlich von den Schatten der Bäume
abhob, war mit das Schönste, was Catherine je in ihrem Leben gesehen
hatte. Benellis Refugium war eine perfekte Symbiose aus Kunst und
Natur, aus Pflanzen und Licht und strahlte unverhohlene Lebensfreude
und Weltoffenheit aus.
»Seine ganze Pracht entfaltet der Park mit den Springbrunnen leider erst im Sommer«, erklärte Ben.
Er hatte Catherine mitgenommen, weil Schwester Thea durch ihre Arbeit
länger im Vatikan festgehalten worden war. Sie hatten den Nachmittag
im Di Marzio verbracht, einem Café mit Blick auf die Piazza der
Basilika Santa Maria in Trastevere, wo einst Fellini seine Filmszenen
gedreht hatte. Catherine hatte gespürt, dass ihren alten Freund
irgendetwas bedrückte, doch ebenso hatte sie gespürt, dass er darüber
nicht reden konnte oder wollte, daher hatte sie es sich verkniffen, ihn
darauf anzusprechen.
Im Anschluss waren sie in den nahen Vatikan zurückgekehrt und vom
Gebäude der Glaubenskongregation aus mit dem Wagen gestartet. Sie
hatten Rom über die Via Flamini Nuova nach Norden verlassen. Die
Landschaft um Monterotondo lag umgeben von dichten Kastanien-,
Buchen- und Eichenwäldern, die sich mit Feldern, Weinbergen und
Olivenhainen abwechselten. Bekannt war der wenige tausend Einwohner
zählende Ort vor allem für die außergewöhnliche Heilkraft seines
Quellwassers.
»Kardinal Benelli hat die Villa Kardinal Ciban abgekauft«, sagte Ben.
Als Catherine ihn nur verdutzt ansah, erklärte er weiter: »Benelli stammt aus einer wohlhabenden Handelsfamilie, musst du wissen, und die
Cibans, na ja, ihr Stammbaum lässt sich bis ins zwölfte Jahrhundert
zurückverfolgen. Sie sind geradezu unanständig reich. Zum Ausgleich
steckt der Clan hinter mehr Wohltätigkeitsorganisationen, als ein
gesunder Mensch Haare auf dem Kopf hat. Vielleicht auch zum
Ausgleich dafür, dass ihr Blut in all den Jahrhunderten nicht nur Tugend und Aufrichtigkeit hervorgebracht hat.«
»Woher weißt du das alles?« Noch im selben Augenblick, in dem
Catherine die Frage gestellt hatte, schüttelte sie den Kopf. »Oh,
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