Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
dankbar annahm.
Bens Handy klingelte. »Ja?« Es war Bear. »Nein, keine Probleme. Es ist
nichts passiert. Die Feuerwehr und der Abschleppdienst sind informiert.
Wir nehmen eine andere Route.«
Theas Wagen wendete, die beiden verabschiedeten sich mit einem
kurzen Hupen und fuhren in Richtung Benelli-Villa zurück.
Ciban sagte: »Bringen Sie Schwester Catherine nach Hause, Ben. Ich
werde auf den Abschleppdienst warten.«
Der junge Mann widersprach. »Bei allem Respekt, Eminenz, ich werde
Sie hier draußen, nach allem, was passiert ist, auf gar keinen Fall alleine lassen. Sie bringen Schwester Catherine zurück, und ich warte.«
»Das war keine Bitte, Ben.«
»Himmel«, sagte Catherine. »Wollen sich die Herren etwa darüber
streiten, wer mich nach Hause fährt?« Sie atmete tief durch. »Jetzt
einmal Klartext. Ohne den heftigen Regen wären Sie so sicher wie das
Amen in der Kirche hinter dieser Kurve einfach in den Baum
hineingerast, Eminenz.«
Ben konnte über den Rückspiegel beobachten, wie es in Cibans Augen
funkelte und der Kardinal ohne mit der Wimper zu zucken antwortete:
»Nicht hinter jedem umgestürzten Baum steckt die Absicht eines
Verbrechens, Schwester.«
»Nach allem, was heute geschehen ist, soll das ein Zufall sein?«
Catherine deutete auf die vom Scheinwerferlicht angestrahlte Eiche,
dann drehte sie sich zu Ciban um und musterte ihn kühl. »Das ist kein
Zufall, und das wissen Sie genau!«
»Wie dem auch sei«, entgegnete der Kardinal streng. »Es ist nicht nötig, dass Sie und Monsignore Hawlett hier mit mir auf den Abschleppdienst
warten.« Mit seiner schlanken, kräftigen Hand packte er den Türgriff,
doch noch bevor er aussteigen konnte, schrie Catherine gegen den Regen
und den Sturm an: »Kardinal Benelli hat mich um Hilfe gebeten!«
»Was?«, entfuhr es Ben.
Ciban ließ sich in den Sitz zurückfallen und schlug die Tür so heftig zu, als wollte er eindringende Dämonen abwehren. Noch bevor Catherine
auch nur einen einzigen weiteren Satz herausbringen konnte, sagte er:
»Hören Sie mir gut zu, Schwester, denn ich werde es nur einmal sagen.
Lassen Sie sich nicht auf Kardinal Benellis Spiel ein. Er hat nicht nur
über ein unerschöpfliches Repertoire an exotisch vatikanischen
Anekdoten verfügt, er war auch ein Meister der Täuschung und
Verwirrung.« Der Kardinal hielt kurz inne, als würde ihn das, was er als Nächstes aussprach, große Überwindung kosten. Nichtsdestotrotz, er
sagte es, eindringlich, aufrichtig, fast wie ein Gebet. »Ich weiß, Sie sind ein guter Mensch, Catherine, und Sie wollen für die Kirche nur das
Beste, aber glauben Sie mir, Sie sind diesem Spiel in keiner Weise
gewachsen!«
Für einige ewiglange Sekunden herrschte Stille. Selbst der peitschende
Regen, der unablässig auf den Wagen trommelte, schien wie abgerissen.
Catherine bemühte sich, ihre Betroffenheit unter Kontrolle zu halten.
Ben starrte wie hypnotisiert in den Rückspiegel. Dann klingelte Cibans
Handy, und das Geräusch ließ Ben zusammenzucken.
»Ciban.« Der Kardinal wechselte das Telefon zum linken Ohr, bevor es
entgleiten konnte. Erst jetzt bemerkte Catherine, dass er sich die rechte Hand verletzt haben musste. »Nein, Rinaldo. Es ist nichts passiert.«
Kurze Stille. »Schwester Thea hat Sie informiert, ah ja … Nein, wir sind alle wohlauf.« Längeres Zuhören. Dann steckte Ciban das Handy wieder
ein. Catherine und Ben blickten ihn an. Als könne der Kardinal es selbst noch kaum fassen, erklärte er: »Seine Heiligkeit hat einen
Zusammenbruch erlitten. Dr. Lionello ist bei ihm.«
19.
Es hatte Leo getroffen wie ein Hammerschlag. In der einen Sekunde
hatte er noch am Fenster seines Arbeitszimmers über einem Dossier des
Kardinalstaatssekretärs gebrütet, in der nächsten musste er bereits
bewusstlos auf dem Boden gelegen haben. Jetzt döste er im Halbdunkel
in seinem Bett, ohne auch nur einen Schimmer davon zu haben, wie er
dort hingelangt war. Es grenzte an ein Wunder, dass er sich bei dem
Sturz nicht auch noch verletzt hatte.
Es gab keinen Zweifel, der Mörder hatte erneut zugeschlagen. Ein
weiteres Mitglied von Leos Kongregation war tot. Da nur er selbst und
die Kongregation um die Identitäten ihrer Mitglieder wussten, musste der Mörder, oder zumindest der Verräter, ihr tatsächlich angehören. Leo
hatte keine Ahnung, wer diesmal ermordet worden war, aber so makaber
es auch klang, Isabella, Sylvester und Darius schieden inzwischen
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