Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
Fehler zu verleiten. Ich denke, ich werde diesen Teufeln im Priestergewand in nächster Zeit eine ziemlich große Überraschung
bescheren.«
»Indem Sie diese Nacht nicht überleben?«, bemerke Ben trocken.
»Indem Sie uns hier alle präsentieren wie auf einem Silbertablett?«
Benelli, der plötzlich merkwürdig blass aussah, deutete unauffällig zu
dem weit entfernten gegenüberliegenden Ende des Empfangssaals, zur
Runde um Kardinal Monti. Ihr gehörten im Augenblick auch der
Chicagoer Kardinal Bear, Massini, der Privatsekretär des Papstes,
Kardinal Orlando und Kardinal Gasperetti an. »Prägen Sie sich die
Christen auf dem anderen Tablett gut ein, meine Freunde.«
»Fühlen Sie sich nicht wohl?« Catherine ergriff Benelli am Arm und
erhaschte einen unerwarteten Blick auf seine Aura. Für eine Sekunde
fühlte sie sich wie gelähmt.
Der Kardinal griff sich an die Brust und rang nach Atem. »Die hohe
Dosis«, krächzte er. »Bei Gott, sie wirkt weit schneller … als ich dachte.
Marc …« Ciban sprang vor, um Benelli zu stützen, doch der alte Mann
sank schon auf die Knie. »Marc, passen Sie auf Catherine auf … und
sprechen Sie … sprechen Sie mit …«
Keine drei Sekunden später war Alberto Kardinal Benelli tot.
17.
Catherine sah zu, wie Benellis Körper im Ambulanzwagen verschwand.
Der letzte Satz des Kardinals, dass Ciban auf sie aufpassen solle, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Und mit wem sollte Ciban denn sprechen?
Etwa mit dem Papst?
Der Notarzt hatte nur noch den Tod, vermutlich durch Herzversagen,
feststellen können. Wie Catherine erfuhr, hatte Benelli seit Jahren an
einer Schwäche des kardiovaskulären Systems gelitten und war dadurch
zu regelmäßigen Krankenhausaufenthalten in der Gemelli-Klinik in Rom
gezwungen gewesen. Genau genommen war sein Tod nur eine Frage der
Zeit gewesen, denn eine Transplantation hatte der Kardinal strikt
abgelehnt. Catherine seufzte. Was immer Benelli mit seinem vorzeitigen
Tod auch hatte bezwecken wollen, sie würde es nicht mehr erfahren.
Auch bezweifelte sie, dass es eine Autopsie geben würde, zumindest eine
offizielle. Suizid war eine Todsünde in der katholischen Kirche, und ein Kardinal, der, warum auch immer, Suizid beging, war schlicht und
ergreifend ein Skandal.
Die junge Frau sah die Schlagzeilen in der morgigen Presse schon vor
sich: ›Kardinal erleidet Herztod auf eigenem Empfang‹ oder ›Hat
Kardinal Benelli zu viel gefeiert?‹
Die meisten Gäste – zutiefst berührt oder ehrlich schockiert – hatten die Villa bereits verlassen. Kardinal Monti und Pater deRossi hatten als
einige der wenigen bis zum Schluss ausgeharrt. Vielleicht wollte der
greise Kardinal ganz sicher sein, dass Benelli nicht mehr von den Toten
auferstand. Andererseits hatte Catherine so etwas wie betroffene
Verwunderung in Montis Gesicht entdeckt. Monti hatte sogar, soweit es
seine Kräfte zuließen, mitgeholfen, das Ende der Party zu organisieren,
während Ciban, von Ben unterstützt, bis zum Eintreffen der Ambulanz
versucht hatte, den toten Benelli wiederzubeleben. Kein einziger Arzt
war auf dem Empfang zugegen gewesen. Benelli hatte wirklich an alles
gedacht.
Auch Gasperetti, der Vorsitzende des Kardinalskollegiums, hatte das
Fest nicht verlassen. Ebenso wenig wie Monsignore Massini, der
Privatsekretär Seiner Heiligkeit, dem das blanke Entsetzen ins Gesicht
geschrieben stand. Sie beide hatten gemeinsam mit Ben, Schwester Thea
und Kardinal Bear ebenfalls dafür gesorgt, dass das Ende der Festivität
ohne Aufruhr vonstattenging. Jetzt stand Massini neben Gasperetti wie
ein kleiner Junge, der gerade Zeuge eines blutigen Attentats geworden
war.
Als die Hecktüren der Ambulanz zufielen und der Wagen, gefolgt von
Montis Limousine, losfuhr, sagte Ben leise: »Mit diesem Akt hat
Kardinal Benelli der dunklen Seite offiziell den Krieg erklärt. Die Geste mit dem Ring war mehr als deutlich.«
Der Ring! Catherine bemerkte, dass es Ben bei diesem Wort ebenfalls
durchzuckte. Als sie sich umdrehen wollte, um die Freitreppe zum
Empfangssaal hinaufzueilen und nach dem Schmuckstück auf dem
Buffet zu sehen, hielt Ciban sie mit einer Geste zurück. »In Sicherheit.«
Der Kardinal legte eine Hand diskret auf seine Brust, dorthin, wo sich
die obere Innentasche seiner Soutane befand.
Kardinal Gasperetti kam mit Pater deRossi über die Freitreppe auf sie zu.
»Kein schönes Ende. Für niemanden«, sagte er und blickte die Auffahrt
zur
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