Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
entfernt, und Ben hatte sie ihm praktisch ins Haus geholt.
»Mir reicht ein Glas Wasser«, sagte Ben. Catherine schloss sich dem
Wunsch an.
Ciban holte drei Gläser und schenkte frisches Wasser ein. Am Etikett
erkannte Catherine, dass es Heilwasser aus Monterotondo war, einem
wenige tausend Einwohner zählenden Ort, der zwischen Rom und der
Villa Benellis lag.
Der Präfekt wandte sich zunächst an Ben: »Mit Ihnen habe ich nach dem
Telefonat mit Monsignore Rinaldo am allerwenigsten gerechnet. Wie
fühlen Sie sich?«
»Etwas benommen, aber es geht. Sicher hat Monsignore Rinaldo Sie auf
die Dringlichkeit unseres – Anliegens hingewiesen.«
Ciban stellte die Wasserflasche auf den Tisch und verteilte die Gläser.
»Ich kenne zwar keine Einzelheiten, aber wie es aussieht, scheint es mir vor allem«, damit wandte er sich mit seinen hellen, unergründlichen
Augen Catherine zu, »das Anliegen Ihrer Begleiterin zu sein. Womit
kann ich Ihnen behilflich sein, Schwester?«
Catherine zögerte. Mit einem Mal erschien ihr das, was sie zu sagen
hatte, völlig absurd. Erst recht in Gegenwart dieses Mannes. Überdies
würde sie dem Präfekten der Glaubenskongregation mit ihrer
Offenbarung noch mehr Munition für das gegen sie laufende Verfahren
liefern. Sie spürte, wie Ben neben ihr leicht unruhig wurde. Ciban nahm
einen Schluck Wasser und wartete. Er schien die Geduld in Person.
Schließlich reichte er ihnen ihre Wassergläser. »Trinken Sie. Wenn es
mir hilft, dann hilft es Ihnen vielleicht auch. Außerdem möchte ich Ihnen versichern, dass das, was Sie mir jetzt sagen werden, absolut vertraulich behandelt wird.«
Catherine setzte das Glas an die Lippen, und tatsächlich fühlte sie sich kurz darauf ein wenig besser. Sie atmete tief durch. Dann ließ sie die
Katze aus dem Sack. »Es geht um einen Traum, Eminenz.«
Ciban verzog keine Miene, sondern blieb bewegungslos sitzen und sah
sie an. »Und?«, fragte er schließlich, als Catherine weiterhin stumm
blieb.
»Und um Seine Eminenz Kardinal Benelli«, fuhr sie langsam fort. Dabei
kam sie sich total idiotisch vor. Wie erklärte man einem
Außenstehenden, dass man praktisch eine Art Mittler zwischen Diesseits
und Jenseits war? Spätestens wenn sie von der »Mission« zu sprechen
anfing, die Benelli ihr aufgetragen hatte, würde der Präfekt sie
schnappen und in hohem Bogen aus dem Palast der Inquisition werfen.
Ciban verharrte reglos.
Catherine holte tief Luft und trank noch einen Schluck Quellwasser.
»Kardinal Benelli ist mir letzte Nacht in einem sehr lebendigen Traum
erschienen. Er hat mir erklärt, wie wir Seine Heiligkeit vor den Folgen
weiterer Anschläge bewahren können.«
Eine Weile blieb es absolut still. Ben schien überhaupt nicht mehr zu
atmen, und Ciban saß da wie eine römische Statue.
»Erzählen Sie mir von Ihrem Traum«, ermutigte der Präfekt sie sanft, als sie weiterhin schwieg. »Jede Einzelheit. Was genau hat Kardinal Benelli
Ihnen in dem Traum gesagt?«
»Sie halten mich nicht für – verrückt?«, fragte Catherine überrascht und vorsichtig.
»Ich muss zugeben, dass ich ein wenig irritiert bin, aber ich weiß auch, dass Pater Darius Ihnen absolutes Vertrauen entgegengebracht hat.
Erzählen Sie mir also ruhig mehr.«
Wieder war es eine Weile völlig ruhig.
»Nur Mut«, sagte Ben.
Catherine gab sich einen inneren Ruck, fing an zu erzählen und wurde
die Bürde wenigstens bis zu einem gewissen Grad los, da sie diese nun
mit jemandem teilen konnte.
Ciban lehnte sich in seinem Sessel zurück, schloss die Augen und schien
jede einzelne Silbe, die sie von sich gab, in sich aufzunehmen. Er
unterbrach sie kein einziges Mal. Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Präfekt sie während der gegen sie laufenden Verhandlungen zwar hart
rangekommen, ihr jedoch nie das Wort abgeschnitten hatte. Im Grunde
hatte er vor allem dagesessen, zugehört und die Argumente und
Gegendarstellungen Catherines und der Mitglieder des Gerichtshofes auf
sich wirken lassen. Selbst als er sich geäußert hatte, hatte er sich kein einziges Mal für oder gegen sie ausgesprochen. Nichtsdestotrotz war er
bekannt für seinen Dogmatismus.
Erst als Catherine geendet hatte – den Teil über Golgatha hatte sie
vorsichtshalber weggelassen –, öffnete er wieder die Augen, saß eine
Weile stumm da, starrte auf die Wasserflasche und dachte nach.
Kurz ging Catherine der Gedanke durch den Kopf, dass ihr vorher nie
aufgefallen war, wie attraktiv
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