Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
wandte sich Catherine zu und sagte mit leiser
Ironie: »Wir können Sie aufgrund des gegen Sie laufenden Verfahrens
schlecht als die Biografin Seiner Heiligkeit einführen.«
Die junge Frau überlegte einen Moment, dann sagte sie: »Ich habe an der
Chicagoer Universität in meiner Freizeit Theater gespielt. Wie wäre es
mit einer Stelle im päpstlichen Privathaushalt? Ich könnte mich in der
Küche nützlich machen und dabei die Augen offen halten. Eine Tracht,
eine Brille, etwas Theaterschminke und man wird mich nicht so schnell
wiedererkennen.«
»Theater?« Ciban hob eine Braue. Er war ehrlich verblüfft.
»Virginia Woolf.«
Der Präfekt blinzelte. Dann sagte er trocken. » Das könnte
funktionieren. – Aber noch eine andere Frage, Schwester: Benötigen Sie
noch etwas aus Ihrem Hotelzimmer?«
Ihr Hotelzimmer! Himmel! Das hatte sie vollkommen vergessen.
Monsignore Rinaldo passte ja auf Ben auf und konnte sie gar nicht mehr
zurückfahren. Jedenfalls nicht sofort. Sie würde zu Fuß zum Hotel laufen oder ein Taxi nehmen müssen. Andererseits sollte sie den Vatikan in den
nächsten Tagen möglichst nicht verlassen.
»Es wäre gut, wenn mich einer Ihrer Gardisten zu meinem Hotel
begleiten würde, damit ich das Wichtigste zusammenpacken kann.« Vor
allem dachte sie dabei an ihren Laptop.
Ciban schüttelte den Kopf. »Das muss ich leider ablehnen, Schwester. Je
weniger Mitwisser wir haben, desto besser.«
Catherine schluckte. »Und das bedeutet?«
»Ich ziehe mich rasch um, und dann fahre ich Sie in einem unserer
neutralen Wagen sicher in Ihr Hotel. Sie packen ein, was Sie brauchen,
und dann kehren wir sofort hierher zurück. Morgen bekommen Sie dann
Ihre Theaterschminke.«
36.
Inzwischen war Ben sich ziemlich sicher, dass Rinaldo ihn nicht nur
wegen seiner Verletzungen betreute, sondern ihn auch überwachte. Er
hätte dem jungen Pater gerne mehr Unmut entgegengebracht, doch
dummerweise gehörte dieser ausgerechnet zu jenen Menschen, die nicht
nur aufrichtig, sondern auch noch richtig sympathisch waren, und davon
gab es nicht allzu viele auf der Welt. Rinaldo hatte die Ereignisse der
letzten Stunde mit einer solchen Gelassenheit hingenommen, dass es Ben
nur noch verblüfft hatte. Selbst als Ciban und Catherine das Büro des
Präfekten so überstürzt verlassen hatten, hatte er kaum mit der Wimper
gezuckt.
Catherine … Inzwischen war sie gewiss längst bei Seiner Heiligkeit und
berichtete ihm von den Geschehnissen in der Benelli-Villa und ihrem
Traum.
»Brauchen Sie noch etwas, Ben?«, fragte Rinaldo.
»Danke nein. Ich werde noch ein wenig lesen und dann schlafen, so gut
ich kann.«
Der Pater grinste. »Gut. Dann mache ich es mir auf Ihrer Couch drüben
gemütlich, so gut ich kann.«
»Tut mir leid. Ein blöder Job für Sie, ich weiß.«
»Es muss Ihnen nicht leidtun. Hauptsache Sie werden wieder gesund.«
»Damit Seine Eminenz mich anschließend auseinandernehmen kann?«
Rinaldo lachte. »Keine Sorge. Es wird selten so heiß gegessen wie
gekocht. Er wird Sie hinterher wieder Stück für Stück zusammensetzen.
Glauben Sie mir.«
»Sehr beruhigend.«
»Gerne geschehen.« Damit verschwand der junge Pater auch schon mit
einer Decke ins Wohnzimmer und schloss die Tür.
Rinaldo hatte das Zimmer kaum verlassen, als Ben sich auch schon
vorsichtig zu seinem Computer hinüberquälte. Er hatte sich in seinem
Schlafzimmer eine kleine Arbeitsecke eingerichtet. Nicht viel, ein
Schreibtisch, ein einfacher, aber bequemer Stuhl, ein Regal und ein
hochmoderner Rechner. Es reichte, um die eine oder andere Arbeit, die
er manchmal mit nach Hause brachte, auch von hier aus erledigen zu
können. Darüber hinaus verband ihn der private Computer mit einigen
wenigen guten Freunden, die über die gesamte Welt verstreut lebten und
ihren Jobs nachgingen. Nun konnte er zumindest noch ein wenig über die
drei Morde recherchieren.
Wie er inzwischen dank Catherine wusste, war Darius überhaupt nicht
das zentrale Ziel des Mörders gewesen, genauso wenig wie die beiden
vorangegangenen Mordopfer, Schwester Isabella und Pater Sylvester.
Ben schloss für einen Moment vor Müdigkeit die Augen, atmete tief
durch und öffnete sie dann wieder.
Was hatte Kardinal Benelli noch einmal zu Catherine gesagt? Die
Mordanschläge hätten eigentlich dem Papst gegolten! Und jetzt, so
schoss es Ben durch den Sinn, ist Catherine bei Seiner Heiligkeit, um
das, was diese Anschläge angerichtet haben,
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