Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
mit Benellis Hilfe wieder
auszugleichen. Drei Ordensleute waren ermordet worden, mit Benellis
Selbstmord gab es sogar vier Tote, und der Papst war geschwächt … Das
waren die neuen Fakten, die Ben zur Verfügung hatte, jene Fakten, die
Ciban ihm verschwiegen hatte.
Er wählte sich ins Internet ein und fütterte die Suchmaschine mit den
Namen der beiden ersten Mordopfer und einigen entsprechenden
Suchbegriffen. Schließlich verunglückten nicht jeden Tag Ordensleute in
Frankreich oder in der Schweiz. Vielleicht stieß er ja diesmal auf eine
kurze Nachricht oder einen Zeitungsbericht. Eine Todesanzeige auf den
Websites der Orden war alles, was er aufspürte. Wie es aussah, schien
der Tod von Isabella und Sylvester nicht einmal der regionalen Presse
eine Randnotiz wert gewesen zu sein. Aber Ben hatte auch nicht
ernsthaft damit gerechnet, dort etwas zu finden. Andererseits konnte ein Versuch nicht schaden. Er recherchierte weiter, surfte von einem Link
zum nächsten. Vergebens. Schließlich tippte er noch einmal die Namen
des Mönchs und der Nonne in Verbindung mit dem Begriff »LUKAS«
ein. Wie zu erwarten, ergab auch das nichts.
Er dachte an Abel. Sicher brauchte es hier einfach nur einen findigen
Computerfreak, jemanden, dem es leichtfiel, in die Datenbanken der
Presse direkt einzudringen oder einen tieferen Blick in das
Rechnersystem der beiden Orden zu werfen. Ben bezweifelte jedoch,
dass er Abel innerhalb so kurzer Zeit erneut dazu würde überreden
können, unerlaubt in das Rechnersystem des Lux Domini einzudringen.
Er aktivierte den Internet Relay Chat, von dem Abel einmal gesagt hatte, dass er zum Chatten wesentlich sicherer sei als ICQ, wo sich ständig eine Vielzahl an Nutzern herumdrückte. Ben seufzte. Abel war über IRC
nicht erreichbar. Zur Sicherheit griff er noch mal zum Handy, wählte
über die Zifferntastatur Abels Nummer – er hatte sie bewusst nicht
gespeichert – und wartete. Nach mehrmaligem Klingeln sprang lediglich
die Mailbox des Anschlusses an. Entweder war Abel nicht zu Hause,
oder er wollte nicht gestört werden. Vermutlich war Letzteres der Fall.
Ben seufzte, legte das Handy neben die Tastatur und starrte auf den
leuchtenden Schirm. Mist. Was konnte er jetzt noch tun?
Er öffnete das Textverarbeitungsprogramm und schrieb noch einmal die
Gedanken auf, die er sich bereits zum Profil des Täters und zu den
Profilen von Darius und Benelli gemacht hatte. Vielleicht half ihm dies, seine Gedanken zu ordnen. Einige Daten hatte er ja bereits gesammelt,
und er hatte das Überwachungsvideo gesehen. Also fing er gleich mit
dem Täter an.
Täterprofil
Täter: Unbekannt
Aufenthaltsort des Täters: Unbekannt (zuletzt gesehen in München)
Alter: 35 bis 45 Jahre
Körpergröße: über 1,86 Meter
Gewicht: ca. 90 Kilogramm
Augenfarbe: Unbekannt
Haarfarbe: Braun
Beschreibung: Kräftiger, sportlicher Körperbau, intelligent
Verhalten:
Gewinnendes Wesen bei hohem IQ,
Kalter Lügner,
Jegliches Fehlen von Reue und Mitgefühl,
Persönliche und affektive Kälte,
Rationales Verhalten sowie zielgerichtetes Handeln,
Kriminelles Agieren als Mittel zum Zweck
(doch was ist der Zweck?),
Kein Anfänger, mordet äußerst routiniert,
Keinerlei Interaktion mit der Leiche,
(kein persönliches Mordmotiv?)
Keinerlei Interaktion mit den Ermittlungsbehörden.
Motivationsfaktor:
Nicht sexuell motiviert
Mögliche Motivation:
Rache, Hass, Neid,
Persönlicher Vorteil durch Darius’ Tod
(Anmerkung: Darius hat keinerlei Vermögen hinterlassen, auch hat er
die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit stets geteilt. Als führender
Mitarbeiter des Lux ist er vor einigen Jahren ausgeschieden.),
Hat Darius über ein Wissen verfügt, das dem Lux gefährlich werden
konnte?,
Organisation, die dem Lux – und damit Darius – feindlich gesonnen ist (wenn ja, welche Organisation?),
Materielle Vorteile wie Geld (Auftragsmord?).
Ben fragte sich erneut, ob es sein konnte, dass ein Teil des
Forschungsbereichs, für den Darius gearbeitet hatte, in kriminelle
Machenschaften verstrickt war. Behinderte Ciban deshalb seine
Ermittlungen? Tatsächlich hatte Ben keine Ahnung, woran Darius in den
letzten Jahren so intensiv gearbeitet hatte. Nicht einmal Abel wusste
davon, obwohl dieser einer der letzten Schüler des Paters gewesen war.
Ob LUKAS Darius’ letztes Forschungsprojekt gewesen war? Die
Wahrscheinlichkeit war sehr hoch. Und wenn ja, wie passte dann Seine
Eminenz Kardinal
Weitere Kostenlose Bücher