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Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini

Titel: Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thomas
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sehen mehr als zwei.«

49.

    Den restlichen Mittag hatte Catherine auf ihrem Zimmer verbracht, in
    dem Versuch, einen kühlen Kopf zu wahren und so konzentriert wie
    möglich an ihrem Buch zu arbeiten. Dummerweise war ihr dabei jedoch
    die Begegnung mit Kardinal Ciban im Dachgarten nicht aus dem Sinn
    gegangen. Sie war beim besten Willen nicht in der Lage gewesen, sich
    von dieser Erinnerung zu distanzieren, geschweige denn die ganze
    Angelegenheit beiseitezuschieben. Als er ihre Hand gehalten hatte … in
    ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie so etwas gespürt!
    Sie war gerade zu dem Schluss gekommen, dass sie sich gefälligst
    zusammenreißen müsse, da sie schließlich kein Teenager mehr war, als
    ein weiterer visionärer Tagtraum sie überrascht hatte.
    Auf einmal hatte sie sich am Fuße des Ölbergs nahe Jerusalem befunden,
    im Garten Getsemani, im Kreise männlicher und weiblicher Apostel, von
    denen die meisten schliefen, während der Gesalbte einsam unter den
    Olivenbäumen betete. Einige der weiblichen Apostel hielten nahe einem
    Feuer Wache.
    Nach einer Weile, es war bereits mitten in der Nacht, traf ein mit
    Schwertern und Knüppeln bewaffneter Soldatentrupp ein, den die
    führenden Priester und Ratsältesten geschickt hatten. An der Spitze des
    Trupps erkannte Catherine Judas Ischariot. Die männlichen Apostel, die
    von dem lauten Trupp wach geworden waren, sprangen auf, und Petrus
    stellte sich den Mannen mutig entgegen. Er entriss einem der jüngeren
    Soldaten das Schwert und wollte damit auf die anderen Kämpfer
    losgehen, da hörte er die Stimme des Gesalbten, der an ihr aller
    Schicksal und an ihren Eid erinnerte, und ließ davon ab.
    Der Gesalbte wandte sich den Soldaten und Judas zu. »Es ist so weit. Die Finsternis hat nicht länger die Macht, auch wenn dies unsere finsterste
    Stunde ist. Wir haben aus dem Kelch des neuen Bundes getrunken, und
    so werden wir tun, was getan werden muss. Da ist er schon, der mich
    verrät.«
    Catherine hatte mit einem Male das Gefühl, dass ihr Körper, ja die
    gesamte Region um Getsemani pulsierte, dass etwas Tieferes, Zeitloseres
    den Ort durchdrang, eine unsichtbare Kraft, die ihre unendliche Macht
    jedoch nicht ausübte. Sie spürte, wie diese Kraft ihr Bewusstsein
    berührte. Es war wie einer jener Momente, in denen man glaubt, die
    Ordnung der Dinge zu erfassen, das Papier, auf dem die gesamte
    Geschichte der Welt niedergeschrieben stand.
    Der Gesalbte schritt ruhig auf den Soldatentrupp zu und blieb vor dem
    Hauptmann und Judas Ischariot stehen. Judas trat vor und küsste den
    Gesalbten brüderlich. Catherine konnte den Blickwechsel zwischen
    Judas und Jesus sehen, ebenso das Elend in Judas’ Augen. Die gerade
    noch gesprochenen Worte des Gesalbten vermochten den Verräter nicht
    zu heilen.
    »Bist du Jesus, der Nazarener?«, fragte der Hauptmann schließlich.
    »Ja, der bin ich«, antwortete der Gesalbte fest.

50.

    Ben und Schwester Bernadette stiegen vorsichtig die Treppe hinunter.
    Ein kalter, feuchter Windhauch schlug ihnen entgegen, und es roch wie
    in einer Gruft. Am Fuß der Treppe erreichten sie einen überraschend
    großen Raum mit einer Gewölbedecke, hinter dem der Gang weiterlief.
    Alte Kisten und Krüge standen an den Wänden und lagen überall auf
    dem staubigen Boden herum. Der ihnen anhaftenden Patina nach
    mussten sie schon etliche Jahre hier unten lagern und ebenso viele
    Monsunregen überstanden haben. Irgendwann waren die Gegenstände
    wohl in völlige Vergessenheit geraten.
    Vorsichtig schwenkte Ben die Kerze und ließ den Blick über den Boden
    wandern. In der rechten Hälfte des Raums, vor einigen Kisten, entdeckte
    er mehrere Fußspuren, jedoch ohne Schuhprofil, und vier kleine, runde
    Abdrücke, für die er auf die Schnelle keine Erklärung fand. Der Größe
    nach zu urteilen stammten die Spuren höchstwahrscheinlich nicht von
    einem Inder. Hatte sich Darius’ Mörder etwa hier unten herumgetrieben?
    »Schauen Sie hier, Pater«, sagte Schwester Bernadette von der anderen
    Seite des Raumes her und holte hinter den Kisten einen alten,
    umgefallenen Holzstuhl mit angeknackster Rückenlehne hervor.
    Ben trat vorsichtig näher, um unter den schlechten Lichtverhältnissen
    besser sehen zu können. Die Oberfläche des vergammelten Stuhls war
    sauber gewischt worden, und auch über Lehne und Beine hatte jemand
    grob drüber geputzt. Der Stuhl war anscheinend erst vor kurzem benutzt
    worden.
    »Darf ich?« Er packte den Stuhl, kehrte zu

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