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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der Hand hielt, während er ihn mit Blicken durchbohrte.
    »Im Dezember bei Münsterberg haben wir dir gegenüber eine Empfehlung ausgesprochen, ich möchte dich daran erinnern.« Bożyczko
     legte das Messer weg. »Wir haben dir geraten, zu den Waisen zurückzukehren und dort auf weitere Befehle zu warten. Wenn wir
     dir diverse Aktivitäten, wie etwas zu untersuchen, nach etwas zu forschen oder etwas zu suchen und Spuren zu verfolgen, nicht
     ausdrücklich untersagt haben, dann deshalb, weil wir dich für einen vernünftigen Menschen hielten. Ein vernünftiger Mensch
     hätte begriffen, dass derartige Aktivitäten keinen Sinn machen und wenig Aussicht auf Erfolg haben und die ganze Sucherei
     auch nicht das geringste Ergebnis zeitigt. Denn wenn es unser Wunsch ist, dass etwas verborgen bleibt, dann bleibt es auch
     verborgen.
In saecula saeculorum.
«
    Reynevan wischte sich mit dem Handtuch, das ihm gereicht wurde, das brennende Gesicht und die feuchte Stirn ab. Er atmete
     tief durch und nahm all seinen Mut zusammen.
    »Welche Sicherheit habe ich denn dafür«, knurrte er, »dass Jutta überhaupt noch am Leben ist? Dass ihr sie nicht bis in alle
     Ewigkeit auf dem Grund einer Grube verborgen haltet? Ich möchte auch an etwas erinnern: Im Dezember, bei Münsterberg, bin
     ich auf nichts eingegangen, habe ich euch nichts versprochen. Ich habe nicht versprochen, dass ich Jutta nicht suchen werde,
     und das aus einem einfachen Grund: Ich werde sie suchen. In eine Zusammenarbeit mit euch habe ich auch nicht eingewilligt.
     Aus einem ebenso einfachen Grund: Weil ich es nicht tun werde.«
    Łukasz Bożyczko betrachtete ihn eine Weile.
    »Sie haben dich mit dem Bann belegt«, sagte er schließlich mit gleichgültiger Stimme. »Sie haben ein
significavit
ausgestellt und eine Belohnung auf dich ausgesetzt, lebendig oder tot. Wenn du weiterhin in Schlesien herumstreifst und dem
     Wind auf dem Felde hinterherrennst, wird dich der Erstbeste, der dich erkennt, umbringen. Und mit Sicherheit wird dich Birkhart
     Grellenort, der Zauberer, erwischen und erledigen, der dir immer noch auf der Spur ist. Und selbst wenn du deinen Kopf retten
     könntest, denk doch mal nach, bist du für uns als Hussit interessant, als einer, der den Anführern der Waisen und Tábors nahesteht.
     Als Privatmann, der auf eigene Faust Nachforschungen anstellt, bist du für uns von gar keinem Wert. Dadurch verlierst du deine
     Anziehungskraft. Und wir streichen dich ganz einfach von unserer Liste. Und dann wirst du deine Jutta nie wiedersehen. Du
     hast die Qual der Wahl: Entweder du arbeitest mit uns zusammen oder du kannst dein Mädchen vergessen.«
    »Dann werdet ihr sie töten?«
    »Nein.« Bożyczko ließ ihn nicht aus den Augen. »Wir werden sie nicht töten. Wir geben sie den Eltern zurück, wie wir es ihnen
     versprochen haben. Dem Vertrag gemäß, wonach wir das Fräulein für eine gewisse Zeit isoliert halten. Sobald sich die Unruhe
     um die ganze Affäre gelegt hat und das Interesse einschläft, geben wir sie den Eltern zurück und gestatten ihnen, das mit
     ihr zu tun, was sie für richtig halten. Und die sind dann in der Zwickmühle, sie müssen abwägen. Die Tochter, von einem mit
     dem Kirchenbann belegten Häretiker verführt, besessen und heftig verliebt, noch dazu in das Treiben der ketzerischen Sekte
     der Schwestern vom Freien Geiste verwickelt
. . .
Herr und Frau Mundschenk de Apolda haben also die Wahl, die vom Weg abgekommene Tochter entweder unter die Haube zu bringen
     oder in ein Kloster zu sperren, wobei sie sich jetzt schon einig darüber sind, dass das Kloster sehr weit entfernt sein oder
     ein eventuell infrage kommender Ehemannvon sehr weit her kommen sollte. Für dich, Reynevan, ist es im Grunde einerlei, wofür sie sich entscheiden. In beiden Fällen
     ist die Chance, dass du deine Jutta je zu Gesicht bekommst, gering. Und Aussicht, mit ihr zusammenzukommen, hast du so gut
     wie keine.«
    »Und wenn ich euch gehorche, was ist dann? Gebt ihr sie mir, euch nicht an das Versprechen haltend, das ihr den Eltern gegeben
     habt, zurück?«
    »So ist es. Als ob du’s erraten hättest.«
    »Gut. Was soll ich also tun?«
    »Hallelujah!« Bożyczko hob die Arme.
» Laetentur coeli
, Himmel und Erde sollen sich freuen. Wahrlich, die Wege des Herrn sind gerade, die Gerechten schreiten auf ihnen kühn und
     rasch ans Ziel. Sei gegrüßt auf dem geraden Weg, Reinmar.«
    »Was soll ich tun?«
    Łukasz Bożyczko wurde wieder ernst. Er

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