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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Verbänden.
     
    Das war am dreißigsten März Anno Domini 1429.

Elftes Kapitel
    in dem wir nach Mähren zurückkehren, in die Stadt und die Burg Odrau, wo die polnische Gesandtschaft vorschlägt, die Hindernisse
     für die Vertiefung der brüderlichen Beziehungen zu den Böhmen zu beseitigen, und Reynevan so einiges über Politik erfährt.
    Es war der fünfte April. Der Tag, an dem sie nach Odrau kamen.
    Die Begegnung mit dem entflohenen Schilling hatte zur Folge gehabt, dass sie sich um Horns Wohlergehen sorgten, und sie hatten
     deshalb noch unterwegs beschlossen, später zum Eulenberg zu reiten. Aber das war gar nicht nötig. Der erste Mensch, den sie
     auf dem Burghof antrafen, war nämlich Urban Horn.
    Als er sie sah, verdüsterte sich sein Gesicht und seine Augen funkelten. Er begrüßte sie jedoch nicht, sondern stand schweigend
     und ohne sich zu bewegen da.
    Vielleicht auch, weil sein mit einer dicken Bandage umwickelter Hals und sein von einer Schlinge gehaltener linker Arm seine
     Bewegungsfreiheit stark einschränkten. Und weil er allein war und sie zu dritt.
    »Sei gegrüßt«, sagte Reynevan ganz einfach. »Wie geht es dir?«
    »So wie ich aussehe.«
    »Oje.«
    »Wir haben dich aber in einem besseren Zustand zurückgelassen.« Scharley zwinkerte Reynevan und Samson unmerklich zu. »Wer
     hat dich denn so zugerichtet?«
    Horn fluchte, spuckte aus und sah sie von unten herauf an.»Schilling«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Der Lump hat mich überrascht. Er ist vom Eulenberg geflohen.« »Geflohen,
     eieiei!« Scharley schlug herausfordernd die Hände zusammen. »Hörst du, Reinmar? Samson? Schilling ist geflohen! Das ist nicht
     gut, das ist überhaupt nicht gut. Aber andererseits ist es auch wieder nicht schlecht.«
    »Was?«, knurrte Horn. »Was ist nicht schlecht?«
    »Dass er nicht weit gekommen ist«, stieß Reynevan hervor. »Wir sind ihm begegnet. Und unser Scharley hier, der jetzt so grinst,
     hat ihn mit seinem Säbel in Stücke gehauen wie einen Hecht. Die Welt ist schöner geworden, denn es gibt einen Lumpen weniger
     auf ihr. Na, Horn, nichts für ungut, vergessen wir unseren Streit. Ich schlage vor, du machst wieder ein fröhliches Gesicht
     und gibst uns deine Hand. Was?«
    Urban Horn schüttelte heftig den Kopf.
    »Ihr seid wohl mit dem Teufel im Bunde, euer ganzes verdammtes Dreigestirn. Ihr habt den Teufel im Leib, jeder von euch. Die
     Pest auch, es ist besser, auf eurer Seite zu sein als gegen euch. Nichts für ungut. Aber habt vielen Dank für Schilling, diesen
     Lumpen. Gib mir die Hand, Scharley. Reinmar
. . .
Aauu, Samson! Nicht drücken, verdammt noch mal, nicht so fest drücken. Sonst gehen mir die Nähte wieder auf!«
     
    Prokop der Kahle empfing Reynevan im Stehen. Er setzte sich nicht und bot ihm auch keinen Platz an.
    »Mir scheint«, polterte er los, »du erwartest etwas? Was denn? Den Ausdruck meiner Dankbarkeit für deinen unschätzbaren Beitrag
     zur Mission in Schlesien? Die sei dir hiermit ausgedrückt, und ich versichere dir, dass deine Verdienste nicht in Vergessenheit
     geraten werden. Genügt dir das? Vielleicht erwartest du von mir aber auch Reue, weil ich deine Treue erprobt und deine Loyalität
     überprüft habe? Darauf kannst du lange warten. Euer Mütchen habt ihr, wie ich höre, bereits an Bedřich gekühlt, ich staune
     allerdings, dass er euch das hat durchgehen lassen. Habe ich etwas vergessen? Dannsag es mir rasch, ich habe nämlich keine Zeit, die polnischen Gesandten warten.«
    »Meine Freunde wollen Odrau verlassen, sie möchten Angehörige aufsuchen. Können sie das tun, ohne dass man sie daran hindert?«
    »Scharley und der Dummling? Die können machen, was sie wollen. Das konnten sie schon immer.«
    »Und ich?«
    Prokop wandte den Blick. Lange Zeit betrachtete er die Wolken, die durch das Fenster zu sehen waren.
    »Du auch.«
    »Danke, Hetman. Hier, bitte, ist dein
decoctum.
Ich habe einen ganzen Flakon voll davon hergestellt, als Reserve
. . .
Wenn deine Schmerzen wiederkommen sollten
. . .
«
    »Danke, Reynevan. Reite, such dein Mädchen. Aber bevor wir uns verabschieden, noch eins. Noch eine Frage. Ich möchte, dass
     du mir eine ehrliche Antwort darauf gibst.«
    »Frag mich.«
    Prokop der Kahle wandte ihm sein Gesicht wieder zu. Seine Blicke stachen wie Dolche.
    »Hast du Domarask in Oppeln verraten? Ist er ihnen deinetwegen ins Netz gegangen? Hast du ihn verraten?«
    »Ich habe niemanden verraten. Vor allem nicht diesen Domarask.

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