Lux perpetua
Szafraniec dem Unterkanzler mit der Antwort zuvor. »Ihr habt alles erwähnt, Hetman. Vor allem
Luck und jene unglückselige Idee von der Krone für Witold.«
»Eine Idee«, fiel ihm Mikołaj Siestrzeniec ins Wort, »die sich für euch Böhmen als günstig erweisen könnte. Denn Jagiełło
hört nicht auf den Papst und wird sich keinem Kreuzzug gegen Böhmen anschließen. Auch er denkt an ein Abkommen mit euch. Luck
hat ihn erzürnt, es drängt ihn, den Luxemburger zu ärgern und es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Er hat vor, ich weiß
das, zusammen mit euch Hussiten gegen den Deutschen Orden zu ziehen. Ha, ha, bei meiner Seel! Lech und Tschech, die beiden
slawischen Brüder, vereint durch ein Bündnis, Schulter an Schulter im Kampf gegen die Völker der Teutonen. Würdet Ihr nicht
gern mit Euren Kampfwagen nach Pommern ziehen Hetman? Zur Ostsee? Nach Danzig?«
»Am besten heute noch.« Dobko Puchała lachte, und Jan Pardus rieb sich die Hände und grinste. Prokop brachte sie mit einem
Blick zum Schweigen.
»Die Ostsee ist weit«, erklärte er trocken. »Da würden wir mit den Wagen lange fahren müssen. Und durch feindliches Land hindurch,
das von Pfaffen regiert wird. Wer wird uns in Polen ernähren, uns ein Stück Brot reichen, den Pferden Wasser und Futter geben?
Wenn man dafür die Exkommunikation riskiert, Ehrlosigkeit und den Scheiterhaufen? Ich danke Euch, Burggraf, dass Ihr mir die
Gedanken des polnischen Königs übermittelt. Aber ich frage mich: Reicht Jagiełłos Kraft noch aus, um den Pfaffen zum Trotz
jene Gedanken auch in die Tat umzusetzen? Wird er noch genügend Zeit dafür haben? Bevor Gott ihn zu sich ruft? Lasst die Ostsee
und Danzig in Ruhe, meine Herren Polen. Reden wir von Landstrichen, die uns näher sind.«
»Gut.« Piotr Szafraniec nickte. »Was würdet Ihr über einen sehr nahe liegenden sagen? Quasi jenseits des Feldrains gelegen?
Es ist wahr, dass die Union mit Litauen gefährdet ist. Wenn Jagiełło nicht ausharrt, kann dies das Ende der Union bedeuten.
Vielleicht sollte man, solange noch Zeit dazu ist, an eine neue Union denken? Schließlich sind wir alle Slawen, aus einem
Stamm hervorgegangen.«
»Habe ich richtig gehört? Ihr schlagt eine Union vor? Polen und Böhmen?«
»Warum wundert Euch das so? Ihr selbst habt doch Jagiełło die böhmische Krone angeboten. Mehrmals sogar.«
»Und jedes Mal hat er abgelehnt. Die Gründe haben wir natürlich verstanden. Aber die Böhmen akzeptieren keinen König, der
nicht auf die Vier Prager Artikel schwört und ihnen keine Religionsfreiheit gewährt.«
Szafraniec richtete sich auf.
»Die Union des Königreiches Polen und des Großfürstentums Litauen«, erklärte er stolz, »ist eine Macht, die von der Ostsee
bis zur Krim reicht. Sie verfügt über eine Kraft, die bei Grunwald den aufmüpfigen Deutschen Orden besiegt hat. Eine Kraft,
mit welcher diese wilden Tamerlans, Mehmeds und andere Söhne Belials in Schach gehalten werden. Und eine gewaltigeKraft ergibt sich auch durch die Union zweier Kirchen, der lateinischen und der griechischen; innerhalb dieser gewaltigen
Kraft gibt es jedoch unterschiedliche religiöse Dogmen: das
filioque
, die Wesensverwandlung des Brotes bei der Eucharistie, die Sakramente, das Gebot der Ehelosigkeit von Priestern und viele
andere Unstimmigkeiten. Die polnische Krone steht treu zum römischen Glauben, aber Litauen und Ruthenien steht das Recht zu,
sich zu ihrem Glauben zu bekennen, es existiert die absolute Gleichheit beider Religionen. Dieses Recht gilt in allen Länder
des Königreiches, es gibt keinen Unterschied zwischen dem russischen und dem polnischen Adel
. . .
«
»Wem wollt Ihr eigentlich die Augen zukleistern, Herr Piotr?« Prokop hob den Kopf und zwirbelte seinen Schnurrbart. »Mir oder
Euch selbst? Ihr mögt vielleicht wünschen, dass es so wäre, es ist aber nicht so. Die erhabenen Worte über Gleichheit und
Toleranz klingen hervorragend in den Hörsälen der Universität von Krakau, wo Eure Gelehrten sie vortragen. Aber nach draußen
dringen solche Reden nicht, die Wände der Akademie ersticken sie. In den Mauern der Universität endet die Theorie, draußen
beginnt die Praxis. Die Praxis Polens, also die der römischen Kirche. Wer sind denn für die römische Kirche die Orthodoxen?
Eine heidnische Sekte, Schismatiker und Häretiker, die den wahren Stall für die Lämmchen verlassen haben, befleckt mit schändlichen
Fehlern und
Weitere Kostenlose Bücher