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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Freveln. Leute vom Range Eures Oleśnicki reden offen darüber, dass das Königreich Polen anstrebt, sich Litauen
     und Russland einzuverleiben, notfalls auch mit Gewalt, wegen der Unterlegenheit der Ruthenen und ihres Glaubens. So eine Union
     soll das sein? Wo man sich etwas mit Gewalt einverleibt?«
    »Wer garantiert uns, dass ihr Polen uns Böhmen, die wir die Kommunion aus dem Kelch empfangen, im Falle einer Union nicht
     genauso behandelt? Dass ihr uns nicht mit Gewalt bekehren, taufen und durch Erpressung und Gewalt wieder inden Schoß der katholischen Kirche zurückholen werdet? Wer garantiert, dass ihr die Böhmen nicht nach russischem Vorbild in
     böse Schismatiker und gute Unierte einteilen werdet? In Gläubige, denen Achtung, Ämter und Privilegien zukommen, und in Abtrünnige,
     denen Verachtung, Diskriminierung, Unterdrückung und Verfolgung zustehen? Wie steht es damit? Herr Unterkämmerer? Antwortet!«
    »Nicht alles bei uns ist ideal.« Dem schweigenden Szafraniec eilte Spytek mit der Antwort zu Hilfe, »da habt Ihr recht, Herr
     Prokop. Wir wissen das auch. Und wir denken an Veränderungen. Ich garantiere Euch, wir denken daran.«
    »Klar, denkt ihr daran.« Prokops Schnurrbart zuckte. »Jetzt, wo Švitrigaila Ansprüche erhoben hat und ihn neben dem Deutschen
     Orden auch die orthodoxen Russen unterstützen. Und so wird das orthodoxe Ruthenien vielleicht ein paar Privilegien erhalten,
     damit es Švitrigaila nicht weiterhin unterstützt. Solange es nötig ist, kleistert man ihm mit Toleranz die Augen zu. Und anschließend
     macht man das, was Rom befiehlt.«
    » Roma est caput et magistra
aller Christen, die an Gott glauben«, meinte Władysław Oporowski. »Der Heilige Vater ist Statthalter Petri. Ob das nun jemandem
     gefällt, oder nicht. Man kann keinen offenen Konflikt wagen
. . .
«
    »Man kann«, unterbrach ihn Prokop, »und wie man kann! Hört auf damit, Ihr Herren. Wenn ich mir das wirklich anhören wollte,
     würde ich nach Krakau fahren. Dort würdet Ihr mich bekehren, und Oleśnicki würde währenddessen in der Stadt die Gottesdienste
     verbieten und alle mit einem Interdikt erschrecken. Aber wir sind nicht in Krakau, wir sind in Odrau. Das bedeutet, ich bin
     zu Hause, und Ihr seid hier mit einer Botschaft. Die ich immer noch nicht vernommen habe, obwohl wir schon viel Zeit haben
     verstreichen lassen.«
    Eine Zeit lang herrschte Stille. Piotr Szafraniec beendete sie, nachdem er zunächst ein paar Mal gehüstelt hatte.
    »Wir werden Eure Zeit nicht vergeuden, Herr Prokop. Wir sind nicht hierhergekommen, um Euch zu bekehren. Oderum Böhmen zu einer Union mit Polen zu bewegen, denn obwohl mir eine solche Union als eine gute Sache erscheint, ist es vielleicht
     noch zu früh, um darüber zu reden. Denn Polen kann sich einen Konflikt mit Rom nicht erlauben, weil uns der Deutsche Orden
     gleich wieder als Heiden bezeichnen würde. Als Polen und treue Untertanen von König Władysław Jagiełło und zum Wohle Polens
     müssen wir dies berücksichtigen.«
    »Kommt zur Sache.«
    »Eine Vertiefung der Beziehungen zum slawischen Böhmen ist für Polen eine gute Sache. Gibt es dabei Hindernisse? Was erschwert
     die Verständigung, was steht ihr im Wege, was trennt unsere beiden Länder wie ein eiserner Keil? Oberschlesien. Lasst uns
     diese Hindernisse beseitigen, Hetman Prokop. Lasst sie uns ein für alle Mal beseitigen.«
     
    »Siehst du, Reinmar?« Mit seinem Finger, den er zuvor ins Bier getaucht hatte, zeichnete Urban Horn rasch auf der Tischplatte
     eine schematische Karte Oberschlesiens. »Hier Oberschlesien, verbunden mit Kleinpolen, das ist das Königreich Polen, das sich
     mit Böhmen verbündet. Oberschlesien in den Händen von Tábor und Polen, von den Hussiten besetzt, unter formeller Herrschaft
     von Korybut, Bolko Wołoszek und all den anderen Herzögen, die Polen zuneigen. Teschen, Pleß, Rybnik, Zator, Auschwitz, Gleiwitz,
     Beuthen, Siewierz, Oppeln, Kreuzburg, Pitschen, Konstadt, Namslau. Mit dem Königreich Polen eine gemeinsame Grenze von mehr
     als sechzig Meilen. Die hussitischen Stützpunkte sind nicht mal vierzig Meilen von den Gebieten des Deutschen Ordens entfernt,
     für Tábor mit seinen Kampfwagen sind das knapp sechs Tage Marsch, und Tábor und die Waisen brennen geradezu darauf, den Deutschen
     Orden anzugreifen. Und wer wird sich dieser Annexion widersetzen, wer wird protestieren? Der Luxemburger? Oberschlesien ist
     rechtlich böhmisches Gebiet, und die Böhmen

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