Lux perpetua
ihnen befiehlt, friedliche Bürger zu morden. Sag mir doch mal, Inquisitor, wie ist das? Kann man einen Angriff
auf einen solchen Ort überhaupt als Aktion gegen die Kirche werten? Abervielleicht ist es ja in Wirklichkeit so, wie man sagt, nämlich, dass Rom denkt, der Zweck heilige die Mittel und man könne
im Kampf gegen Freidenkerei, Häresie und Reformationsbewegungen alles heranziehen und einsetzen, selbst schwarze Magie?«
Nun war Gregor Hejncze an der Reihe, lange zu schweigen. Parzival, der nur ab und an etwas verstand, beobachtete ihn genau.
Er sah, wie die Kaumuskeln des Inquisitors spielten, wie seine Augen blitzten und der Mund sich öffnete, um zu antworten.
»Ich weiß, wo sich die Burg Sensenberg befindet.« Horn kam ihm zuvor. »Und wie man dorthin gelangt.«
»Die schwarzen Reiter«, ließ sich de Kassel vernehmen, »haben Albrecht Bart von Karzen ermordet, er war mein Freund. Was mich
betrifft, so bin ich bereit
. . .
«
»Misch dich da nicht ein, Egbert«, bat ihn der Inquisitor eindringlich. »Bitte.«
Der Herr auf Seifershau räusperte sich und rieb sich nervös die Hände. Gregor Hejncze nickte schweigend, zum Zeichen, dass
Horn fortfahren solle.
»Das ist eine einmalige Gelegenheit«, sagte Horn.
Hejncze schwieg und legte die Hand an die Stirn, so dass sie seine Augen verdeckte.
»Grellenort«, fuhr der hussitische Spion leise fort, »befindet sich nicht auf Sensenberg. Er ist mit dem größten Teil seiner
Schergen zur Lausitzer Grenze aufgebrochen, um Jagd auf unseren gemeinsamen Freund, den Medicus Reinmar von Bielau, zu machen.
Denn er hat erfahren, dass Reynevan
. . .
«
Der Inquisitor nahm die Hand von der Stirn. Horn verstummte unter seinem Blick.
»Ja«, er räusperte sich, »ich gebe es zu. Durch mich hat Grellenort von Reynevan erfahren. Ich habe das getan
. . .
«
»Wir wissen, was du getan hast«, unterbrach ihn Hejncze.
»Reynevan wird sich da schon wieder herauswinden
. . .
Der windet sich immer heraus
. . .
«
»Zur Sache, Horn.«
»Auf dem Sensenberg sind nur einige wenige Leute zurückgeblieben. Wenn wir mit vereinten Kräften zuschlagen, werden wir mit
denen im Nu fertig. Und dann brennen wir dieses Schlangennest nieder, diesen Hort des Bösen. Wir berauben Grellenort seines
Schlupfwinkels, seiner Terrorzentrale, seiner alchemistischen Hexenküche, seiner Bezugsquelle für Haschisch und anderer Narkotika.
Wir verbreiten Zweifel und Angst unter seinen Reitern. Und beschleunigen so seinen Untergang.«
»Ha!« Egbert de Kassel rieb sich die Hände, blickte zum Inquisitor hinüber und verstummte.
»Ich bin letzthin mit der Auffassung konfrontiert worden«, sagte Gregor Hejncze langsam, »dass Terrorismus etwas Böses ist
und zu nichts führt. Daran besteht wohl kein Zweifel. Es gibt aber etwas, was noch schlimmer ist als der Terrorismus selbst:
die Methoden, die bei seiner Bekämpfung eingesetzt werden.«
Lange Zeit herrschte Stille.
»Ja nun«, ließ sich der Inquisitor endlich vernehmen.
» Ad maiorem Dei gloriam,
der Zweck heiligt die Mittel
. . .
Dann also auf nach Sensenberg.
Viribus unitis . . .
Halt, halt, langsam, wohin willst du denn, Horn? Ich war doch noch gar nicht fertig. Wir werden einen Waffenstillstand schließen,
wir werden gemeinsam zuschlagen. Aber nur unter bestimmten Bedingungen.«
»Ich höre.«
»Ich möchte unseren Waffenstillstand nicht angreifbar nennen, sondern ich nenne ihn vorläufig. Du bist noch nicht frei, nach
der Aktion gegen Sensenberg muss ich noch mit dir reden. Einen Informationsaustausch vornehmen. Und den Bereich
. . .
gegenseitiger Dienste
. . .
umreißen. Für die Zukunft.«
»Worum geht es dir?«
»Du weißt sehr gut, worum es mir geht. Du gibst etwas, ich gebe etwas. Und damit wir besser und ungestörter reden können,werde ich allein mit dir sprechen. Nicht im Gefängnis. In einem Kloster.«
»Wenn schon«, Urban Horn grinste, »dann bitte in einem Frauenkloster. Zum Beispiel in dem, in dem du Reynevans Verlobte gefangen
hältst.«
»Wovon, zum Teufel, sprichst du?«, brauste Hejncze auf. »Was denn für eine Verlobte? Schon wieder wird mir dieser Unsinn erzählt.
Ich sollte
. . .
Das Heilige Officium hätte ein Mädchen entführt und eingesperrt? Das ist doch vollkommen absurd!«
»Willst du damit etwa behaupten, dass nicht die Inquisition Jutta de Apolda gefangen genommen hat?«
»Genau das will ich sagen. Schluss jetzt mit diesem Unsinn, Horn. Vor uns liegt ein
sanctum et
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