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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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lächelte dümmlich, fiepte wie ein Kretin und sabberte aus den Mundwinkeln. Zum Schluss
     ließ er eine Blase aus der Nase steigen. Als sie zerplatzte, schickte er eine zweite hinterher.
    »Ha!«, rief Rixa mit unverhohlenem Entzücken. »Prima, prima! Ich kann eine illusorische Pest vortäuschen. Ich spucke Blut
     und rotze
. . .
«
    »Euch soll doch gleich
. . .
« Scharley wandte sich voller Abscheu ab. »Komm, Reinmar. Überlassen wir sie ihren Spielchen.«
    »Scharley?«
    »Ja?«
    »Dieser kurze Selbstzünder, mit dem du bei der Mühle geschossen hast. Was ist das für eine Waffe?«
    »Das?« Der Demerit zeigte ihm die Waffe, die er einem Futteral am Sattel entnommen hatte. »Das, mein Freund, ist eine Prager
     Büchse, man nennt sie im Volksmund ›Verräterbüchse‹. Sie ist in Prag jetzt absolut in Mode, alle haben eine. Sie ist, wie
     du siehst, so kurz, dass man sie unter dem Mantel verbergen und plötzlich, um Verrat zu begehen, benutzen kann, daher der
     Name. Die Lunte steckt in einem Messinghahn, sieh mal, sie kann die ganze Zeit glimmen. Wenn man den Abzug betätigt, und das
     kann ich mit einer Hand machen, wie du siehst, erreicht die Lunte den Zünder,und bummm! Gut, was? Der Fortschritt, mein Junge, schreitet ständig voran.«
    »Dem kann ich nicht widersprechen. Hörst du?«
    »Ich höre nichts.«
    »Eben. Die Bombarden schweigen schon seit längerer Zeit.«
     
    Sie ritten aus den Wäldern heraus. Von einer Anhöhe aus konnten sie das Panorama bewundern. Die malerische Schleife des Bober.
     Und die Stadt an seinem linken Ufer.
    »Vor uns liegt Bunzlau, dort das Obere Tor.« Brus von Klinštejn deutete darauf. »Es sieht so aus, als kämen wir gerade rechtzeitig.
     Die Stadt hat sich ergeben.«
    Das Obere Tor war aufgebrochen worden, die in den Angeln hängenden Reste des Balkens, der als Türriegel gedient hatte, waren
     verkohlt, die Mauer und die Torbastei schwarz von Ruß und vom Feuer gesprengt. Die Taboriten hatten hier zweifellos ihre bewährte
     Methode, ein Stadttor aufzusprengen, angewandt, sie hatten es einfach angezündet. Vor dem Tor hatte man Holzbalken aufgetürmt,
     dann einige Fässchen Teer hinzugefügt, das Ganze angezündet und auf die Wirkung gewartet. Meist bedeutete das zugleich die
     Kapitulation. Wie auch hier und jetzt.
    »Wir reiten in die Stadt. Rixa, und du?«
    »Ich warte hier.«
    »Auf wen? Warum?«
    Sie antwortete nicht und drehte den Kopf zur Seite. Scharley lachte, dann warf er Reynevan einen vieldeutigen Blick zu. Als
     er sah, dass Reynevan nicht reagierte, trieb er sein Pferd an und folgte seiner Abteilung.
    In der Stadt war es ruhig, obwohl die zum Marktplatz führenden Gassen mit schwerbewaffneten Hussiten bevölkert waren. Eine
     Abteilung von Tábor stand auch auf dem Marktplatz und umstellte das Rathaus. An die Mauern ihrer Häuser gedrückt, betrachteten
     die Einwohner die Angreifer in furchtsamem Schweigen.
    »Entweder hat Bunzlau schon verhandelt«, meinte Scharley, der versuchte, die Lage einzuschätzen, »oder es wird gleich verhandeln.
     Das ist normal. Sie setzen das Lösegeld fest und die Kontribution zur Versorgung und Verköstigung des Heeres. Sie werden zu
     einer Einigung kommen. Sonst würde hier schon längst alles in Flammen stehen.«
    In der Nähe des Rathauses stand ein gutes Dutzend Kampfwagen, in Angriffsstellung gebracht, zwischen ihnen ragten die Läufe
     der Haubitzen hervor. Auch der Stabswagen des Hetmans stand da, leicht zu erkennen an den erbeuteten Priestergewändern, mit
     denen man seine Seiten und sein Inneres ausgeschlagen hatte. Neben dem Wagen stand der Hetman der Feldtruppen von Tábor höchstpersönlich,
     Jakub Kroměšínz Březovice, der einen mit Goldfäden durchzogenen Kaftan und hohe Stiefel aus rotem Leder trug. Otíka z Lozy,
     Mikuláš Sokol z Lamberka und Václav Carda, der Anführer der Prager Abteilung, leisteten ihm Gesellschaft. Ebenso der schmalgesichtige
     Prediger Smolik, den Reynevan noch vom Kriegszug im letzten Jahr kannte.
    Die Leibwache ließ sie passieren. Sie traten näher. Reynevan räusperte sich.
    »Hetman
. . .
«
    »Nicht jetzt!« Kroměšín hatte ihn erkannt und war auch sichtlich erstaunt, aber er winkte ab. »Nicht jetzt, Medicus!«
    Aus dem Rathaus trat eine Gesandtschaft der Stadt. Ratsherren und Bürger, angeführt von einem feisten Priester in einer Kasel
     und einem hochgewachsenen Bärtigen in einem weiten, wie eine Toga drapierten und an den Rändern mit Biberpelz abgesetzten
    

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