Lux perpetua
ersten Fastensonntag nach Rogau gefahren und immer noch
dort ist. Herr von Grellenort war auch im Haus ›Zum Goldpokal‹ und hat Herrn Eisenreichs Leute befragt
. . .
Dessen verwundeten Stiefsohn hat Reinmar von Bielau angeblich gerettet
. . .
«
»Das weiß ich. Erzähl mir das, was ich nicht weiß.«
»Am nächsten Tag hat Herr von Grellenort den hochverehrten Herrn Eisenreich aufgesucht. Sie haben lange miteinander gesprochen
. . .
Worüber, weiß ich nicht, es gab keine Möglichkeit, nah heranzukommen. Aber ich habe gehört, dass sie sich ziemlich laut angeschrien
haben.«
»Ha«, lachte der Bischof, »wenn du das gehört hast, dann hast du dich auch ziemlich nah herangeschlichen. Nimm dich in Acht.
Birkhart ist nicht dumm, er kann sich denken, dass ich den Befehl gegeben habe, ihn nicht aus den Augen zu lassen. Du weißt,
dass er ein Nekromant ist. Wenn er dir draufkommt, kannst du dich von deinem irdischen Dasein verabschieden. Dann helfen dir
auch die Vierzehn Nothelfer nicht.«
»Ich bin schließlich nicht der Erstbeste.« Der Spion richtete seine elende Gestalt zu voller Größe auf, um zu zeigen, dass
er in seiner Berufsehre getroffen war. »Ich führe nicht erst seit gestern Beschattungen durch, und Magie anwenden, das kann
ich auch. Euer Gnaden wissen sehr gut
. . .
«
»Ich weiß.« Der Bischof maß den Spion mit einem Blick. »Und ob ich das weiß. Ich wollte dich wegen deiner Zauberei sogar verbrennen,
aber ich habe Barmherzigkeit geübt. In der Stadt aber sei vorsichtig mit deiner Magie, wenn sie dich beim Zaubern erwischen,
verbrennen oder ertränken sie dich. Dann kann ich nicht für dich eintreten, denn wie soll ich so einen retten? Zauberei bedeutet
die Gesetze Gottes und der Menschen zu brechen. Und du bist nicht einmal ein menschliches Wesen.«
»Ich bin ein Mensch, Euer Gnaden. Ein halber. Meine Mutter
. . .
«
»Von deiner Mutter will ich nichts hören. Und noch weniger von deinem Vater, diesem Inkubus oder Hexenmeister. Erzähl mir,
was du ausspioniert hast. Was hat Birkhart nach dem Besuch bei Eisenreich getan?«
»Der gnädige Herr Bartholomäus Eisenreich hatte, wie ich Euer Gnaden schon berichtet habe, für Reinmar von Bielau eine bedeutende
Summe beim Handelshaus der Fugger deponiert,zur Belohnung für die Rettung des Stiefsohnes. Er hat dies wohl Herrn von Grellenort gestehen müssen, denn Herr von Grellenort
ist sogleich zur Niederlassung der Fugger gerannt
. . .
Und das Kontor war von außen stark durch Magie gesichert
. . .
Worüber dort gesprochen wurde, weiß ich nicht
. . .
«
»Aber ich weiß es, stell dir vor, ganz ohne deine Schnüffelei und ohne deine Zauberkünste.« Der Bischof schob seinen Becher
dem sich dienstfertig verbeugenden Knappen mit dem Krug hin. »Denn ich kenne das Handelshaus der Fugger. Daher weiß ich auch,
wie dieses Gespräch verlaufen ist.«
Der mit Steinreliefs geschmückte Kamin erfüllte die Stube mit Wärme. Die mit Schnitzereien versehene Eichentruhe und der Ahornschrank
stammten zweifellos aus Danzig, das erlesene Glas aus Prag und die Teppiche und Gobelins aus Arras. Die Handelsgesellschaft
der Fugger legte Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Sie konnte es sich leisten.
»Es tut mir leid, Herr von Grellenort«, wiederholte der Faktor, »es tut mir wirklich sehr leid, aber wir können Euch nicht
helfen. Unser Handelshaus verfügt nicht über die Informationen, nach denen Ihr Euch erkundigt habt.«
»Es verfügt sehr wohl darüber«, entgegnete der Mauerläufer und blickte auf das helle Viereck an der Wand, ein deutlicher Hinweis
darauf, dass früher dort eine Landkarte hing. »Ich weiß sehr wohl, dass es darüber verfügt. Nur will es sie nicht hergeben.
Weil es die Bewahrung von Geschäftsgeheimnissen zum Prinzip erhoben hat.«
»Aber ist das nicht das Gleiche?« Diesmal lächelte der Faktor.
»Man darf sich nicht auf Geschäftsgeheimnisse herausreden, wenn es um ein Verbrechen geht. Um das Wohl des Landes und das
Wohl des Glaubens. Reinmar von Bielau wurde gesehen, als er im Februar das Kontor der Handelsgesellschaft verlassen hat, er
ist ein nichtswürdiger Verbrecher.«
»Reinmar von Bielau? Wer ist das? Ich habe den Namen nie gehört.«
»Reinmar von Bielau ist ein mit dem Kirchenbann belegter Häretiker.« Der Mauerläufer stellte jetzt ein Muster an Geduld und
Ruhe dar. »Das wurde in allen Kirchen unterm Geläut der Glocken verkündet. Hat man davon nichts vernommen,
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