Lux perpetua
Hofes, ein rappelndes Echo hallte von den Mauern des bischöflichen
Palastes wider. Douce von Pack neigte sich im Sattel vor und nahm die Zügel seitwärts, wendete ihr Reitpferd tänzerisch und
zwang es zu ganz kleinen Schritten. Dabei ließ sie den Mauerläufer, der eilig in Richtung Tor schritt, nicht aus ihren neugierigen
Augen. Der Mauerläufer hatte sie bemerkt, erwiderte ihren Blick aber nicht. Er war wütend.
»Er ist wütend.« Ulrich von Pack, der Herr auf Kleppen, nickte. »Er ist verdammt wütend, geradezu verdrossen, wie man sieht.«
»Verdrossen«, bestätigte Kutscher von Hunt. »Und wie verdrossen!«
»Ihr habt ihm aber auch alles gesagt«, stellte Hayn von Czirne, der Anführer der Breslauer Söldner, mit finsterer Miene fest.
»Kaum hat er gefragt, habt Ihr ihm auch schon alles erzählt. Von der Verfolgung dieses Bielau, von den Denunziationen
. . .
Von der ganzen Untersuchung habt Ihr ihm berichtet. Und dabei mögt Ihr ihn angeblich nicht.«
»Na ja, das stimmt schon.« Kutscher spuckte auf die Steinschwelle und verrieb die Spucke mit seinem Schuh. »Ich kann diesen
Hurensohn nicht ausstehen. Aber der Bischof hat es mir befohlen. Und ich möchte Grellenort nicht zum Feind haben. Ihr würdet
das auch nicht wollen, glaubt mir.«
»Das glaube ich.« Ulrich von Pack schüttelte sich leicht. »Bei meiner Ehre, das glaube ich.«
»Dieser Bielau ist weder mein Bruder, noch ist er verwandt mit mir«, sagte Kutscher mit einer Stimme, als wollte er sich rechtfertigen.
»Sie haben den Bann über ihn verhängt; das bedeutet, dass es schon aus ist mit ihm, seine Tage sind gezählt. Aber mit meiner
Aussage wird Grellenort nicht viel anfangen können, und deshalb kann er auch nicht mehr tun als wir. Vor zwei Sonntagen sind
wir ganz zufällig auf Bielaus Spur gestoßen, genauso wie die vom Rathaus auch. Durch puren Zufall. Man weiß nicht, was er
in Breslau gesucht oder angerichtet hat, wo er sich versteckt hielt, wie viele Komplizen er hatte
. . .
«
»Grellenort ist ein Zauberer«, stellte Hayn von Czirne betrübt fest, »er betreibt schwarze Magie, was Ihr nicht getan habt.«
Auf dem Hof klapperten erneut die Pferdehufe, Douce von Pack ließ ihr Pferd in einem wilden Galopp dahinjagen. Ein Franziskanermönch,
der eben über den Hof ging, drückte sich an die Wand, ein Page in den Farben des Bischofs sprang hinter einen Pfeiler, ein
Schreiber wich erst in letzter Minute zurück und ließ dabei eine Handvoll Dokumente fallen. Czirne und Hunt sahen schweigend
zu. Sie wussten so einiges über das Mädchen, sie wussten, was Ulrich von Pack nach Breslau geführt hatte. Douce, das süße
Mädchen mit den blaugrünen Augen und dem Engelsmündchen, hatte in Kleppen zwei Landstreicher und den Dorftrottel mit ihrem
Speer niedergestreckt, ohne besonderen Anlass, und damit den gerechten Zorn des Pfarrers von Kleppen hervorgerufen. Ritter
Ulrich von Packwar daraufhin zum Bischof gekommen mit der Bitte, dieser möge den Geistlichen beschwichtigen, der von der Kanzel gegen die
ganze Familie von Pack wetterte.
Hayn von Czirne räusperte sich.
»Eure Tochter geht ganz schön zur Sache, Herr Ulrich«, sagte er. »Im Sattel, meine ich.«
»Gott hat mir keinen Sohn geschenkt«, erwiderte Ulrich von Pack, als wollte er sich rechtfertigen. »Manchmal denke ich, dass
das vielleicht ganz gut so ist. Die Natur, sagt man, sorgt immer für Ausgleich. Wenn ich einen Sohn hätte, würde der womöglich
lieber häkeln.«
»Zuerst«, berichtete der Spion, seine Mütze in den Händen drehend, »hat der gnädige Herr von Grellenort den gnädigen Herrn
Kutscher von Hunt befragt. Dabei hat er Magie verwendet, sogar doppelt. Einmal, um den Wahrheitsgehalt seiner Aussage zu prüfen,
zum Zweiten, um ihn zu erschrecken. Aber Herr Kutscher von Hunt hat sich nicht erschrecken lassen. Was er Herrn von Grellenort
zu sagen hatte, das hat er gesagt, aber man konnte sehen, dass Herr von Grellenort nicht erfreut darüber war und böse wurde.«
»Der ist immer böse.« Bischof Konrad verzog das Gesicht und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Becher. »Fahr fort, Grajcarek.«
»Dann ist Herr von Grellenort zum Rathaus gelaufen«, der Spion leckte sich die Lippen, »und hat die Stadtwache ausgefragt.
Dann ist er auf die Dominsel zurückgekehrt, zur Heilig-Kreuz-Kirche, und hat dort die Kleriker nach Hochwürden Otto Beess
ausgefragt, hat jedoch nicht mehr erfahren, als dass der Kanonikus am
Weitere Kostenlose Bücher