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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der Umgebung, in denen Johann für gewöhnlich seine
     nicht immer freiwilligen Auserwählten untergebracht hat
. . .
«
    »Du sagst, du wolltest das Mädchen haben«, unterbrach ihn Kundrie. »Was ist, wenn sie noch ein anderer haben wollte? Und sie
     vor dir gefunden hat?«
    Der Mauerläufer schwieg. Er sah ihr zu, wie sie den Kelch leerte. Wie sie ihn hinstellte, wie ihre Augen wie Bernstein funkelten.
    »Sei bloß nicht zu selbstgefällig, Söhnchen. Du darfst deine Gegner nie unterschätzen. Glaub nicht, dass sie dümmer sind.
     Und mach dir keine Illusionen darüber, dass sie dir nicht zuvorkommen, dich nicht überlisten könnten. Damals, in Schaffhausen,
     in der Angelegenheit mit dem Juden Haddad, hat dich ein ähnlicher Fehler fast das Leben gekostet. Jemand, den du unterschätzt
     hast, hat dich ausgetrickst und ist dir zuvorgekommen. Wer errät, wer das Mädchen hat, der hat auch Reynevan
. . .
Und etwas, womit er Reynevan erpressen kann
. . .
«
    »Ich habe verstanden«, unterbrach der Mauerläufer sie und stand auf. »Jetzt habe ich endlich verstanden, wie die Dinge liegen.
     Ich hatte schon so etwas vermutet, aber du hast mich auf die richtige Spur gebracht. Jetzt verstehe ich, warum Breslau
. . .
Leb wohl, Mutter. Ich muss gehen, ich habe etwas zu erledigen. Ich schaue bald wieder rein.«
    Die Neuphra wies wortlos mit dem Blick auf den Kelch mit dem lavendelblauen Tropfen auf dem Grunde.
    »Klar. Ich bringe dir noch mehr.«
     
    Er fand Pater Felician hinten im Hof des Bischofspalasts, in der Küche, wo er auf einem Fässchen saß und gierig etwas aus
     einer tönernen Schüssel löffelte. Als er den Mauerläufer sah, verschluckte er sich und musste husten. Der Mauerläufer dachte
     nicht daran, Zeit zu verlieren. Mit einem Fausthieb schlug er dem Pater die Schüssel aus der Hand, packte ihn oberhalb der
     Brust an seinem Gewand, riss ihn hoch, schüttelte ihn und stieß ihn derart schwungvoll gegen die Wand, dass die Kupfergefäße
     mit Getöse herunterfielen und sich auf dem Boden verteilten. Pater Felician traten die Augen hervor, er röchelte, dann hustete
     er und spie die Reste seiner mit Pilzen gefüllten Piroggen geradewegs auf das Wams des Mauerläufers. Der Mauerläufer holte
     aus und ohrfeigte ihn mit aller Kraft. Das wiederholte er noch einmal und zerrte dann den Brüllenden auf den mit Federn und
     Fischschuppen bedeckten kleinen Küchenhof. Pater Felician warf sich ihm zu Füßen, umfasste seineKnie, aber ein Faustschlag streckte ihn zu Boden, wo er versuchte, auf allen vieren zu entfliehen; aber der Mauerläufer sprang
     hinzu und trat ihm mit Verve in den Hintern. Der Pater fiel mit der Nase in Kohlblätter und Gemüsereste. Der Mauerläufer entriss
     dem sprachlosen Küchenjungen den Feuerhaken und schlug damit ein- oder zweimal gezielt auf Pater Felician ein. Dann begann
     er ihn zu verdreschen, schlug, wohin er gerade traf. Der Pater heulte, schrie und weinte. Küchenmägde und Köche rannten in
     panischem Schrecken davon und ließen Töpfe, Pfannen und Kessel fallen.
    »Das hatte ich schon lange vor.« Der Mauerläufer warf den Feuerhaken weg und beugte sich über den Pater. »Schon seit langem
     wollte ich dir das Fell gerben, du Ratte, du Kanaille in der Kutte, du verlogener Pfaffe. Aber ich hatte keine Zeit dazu,
     bis heute. Nimm das als Dreingabe. Zu dem, was dir vom Bischof droht. Wenn er endlich erfährt, dass du ihn im Auftrag von
     Inquisitor Hejncze bespitzelst.«
    Pater Felician stieß laute Flüche aus.
    »Von mir wird der Bischof nichts erfahren, falls dich das beruhigt«, fuhr der Mauerläufer fort und zupfte seine Kleider zurecht.
     »Das ist nicht meine Aufgabe. Ich verfolge ganz andere Interessen
. . .
He du, Brüderchen? Wieso stinkst du denn förmlich nach Angst? Hast du vielleicht noch etwas zu verbergen?«
    »Ich sage alles!«, schluchzte Pater Felician. »Ich bekenne alles, wie in der Beichte! Ich hab’ das doch nicht freiwillig getan!
     Die haben mich dazu gezwungen! Die haben mich überfallen
. . .
Mich geschlagen! Mir gedroht, befohlen
. . .
Wenn ich was verrate, dann muss ich sterben
. . .
Ich kann nicht darüber sprechen
. . .
«
    Der Mauerläufer knirschte mit den Zähnen. Er packte den Geistlichen am Kragen, riss ihn hoch und presste ihn gegen den Bottich
     mit Fischen. Mit dem Knie drückte er ihm die Luft ab.
    »Du kannst nicht?«, zischte er. »Dann werden wir auch dafür sorgen, dass du nicht mehr kannst.«
    Er packte den Pater am Handgelenk und

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