Lux perpetua
stieß einen Zauberspruchhervor. Es zischte, rauchte, Pater Felician krümmte sich, sein Gesicht färbte sich schwarz, und ein wilder Schrei hallte im
Hof wider. Der Mauerläufer ließ erst los, als es nach verbranntem Fleisch roch. Als er endlich freikam, fiel der Pater auf
die Knie, schluchzte laut und presste seine verbrannte Hand an den Bauch.
»Deine Pfote reibst du mit Salbe ein, und nach ein paar Wochen ist sie wieder wie neu.« Der Mauerläufer richtete sich auf.
»Aber unten zwischen den Beinen, oh, zwischen den Beinen, da heilen Wunden wirklich sehr schwer. Rede, du Hundesohn, bevor
ich dir die Eier versenge. Sind sie dir was wert? Willst du sie behalten? Magst du sie? Wenn ja, dann wirst du mir jetzt alles
sagen. Nichts verschweigen. Mit keinem auch noch so kleinen Wörtchen lügen.«
Und Pater Felician erzählte unter Schluchzen, Geheule und Gerotze alles. Er verschwieg nichts und log auch nicht.
»Das war
. . .
«, schloss er mit zitternder Stimme, »Reinmar von Bielau
. . .
Dieser verdammte Häretiker
. . .
Er hatte sich unter einem Zauber verborgen, aber ich habe ihn an seiner Stimme erkannt
. . .
Er hat mich geschlagen, gequält
. . .
Mir mit dem Tod gedroht
. . .
«
»Also der Inquisitor Gregor Hejncze«, rekapitulierte der Mauerläufer, »der, dem du alles zuträgst, hat das Fräulein Jutta
de Apolda geraubt und hält sie an einem geheimen Ort gefangen. Reynevan von Bielau hat dir befohlen, herauszufinden, wo sie
gefangen gehalten wird. Wie wird er sich mit dir in Verbindung setzen? Wer waren seine Komplizen?«
Pater Felician schluchzte krampfhaft. So verzweifelt, dass der Mauerläufer ihm seine Unwissenheit abnahm.
»Was hast du bisher herausgefunden?«
»Nichts, gar nichts
. . .
«, heulte der Altardiener. »Wie denn auch? Ich bin doch nur ein kleiner Wicht
. . .
Was habe ich denn mit den Geheimnissen der Inquisition zu schaffen?«
»Du bist der Spitzel des Inquisitors. Das bedeutet, Hejncze rechnet gewissermaßen mit dir.«
»Ich bin nur ein elender Wicht
. . .
«
»Das bist du, das bist du zweifellos.« Der Mauerläufer musterte ihn mit Abscheu. »Jetzt hör zu, du Wicht. Spionier weiter.
Und wenn du das Versteck von Apoldas Tochter herausgefunden hast, dann meldest du es mir. Wenn Bielau oder einer seiner Komplizen
mit dir Kontakt aufnimmt, sagst du es ihm auch. Wenn du dich bewährst, werde ich dein Wichtelsalär großzügig aufbessern und
nicht mit Groschen sparen. Aber wenn du mich enttäuschst oder verrätst
. . .
Dann, du Wicht, wird es nicht mit einer einzigen kleinen Verbrennung abgehen. Dann werde ich dir kein Stückchen heile Haut
mehr am Körper lassen. Also los jetzt, ans Werk, spionier weiter. Mach, dass du fortkommst, los!«
Pater Felician schlich zusammengekrümmt davon, die Hand gegen die Brust gepresst. Er drehte sich kein einziges Mal mehr um.
Der Mauerläufer sah ihm nach. Dann wandte er sich um, weil er jemandes Blick im Nacken spürte.
Auf der Steintreppe stand ein Mädchen. Ungefähr sechzehn Jahre alt. In einem wattierten Männerwams und mit einem verwegenen
federgeschmückten Barett. Ihre aufmüpfig aufwärtsstrebende Nase passte nicht ganz zum Blond ihrer Locken, dem rosigen Gesicht
und dem Puppenmündchen. Sie passte nicht hinein. Aber sie verunstaltete es auch nicht.
Sie hat es gehört, dachte der Mauerläufer und griff unwillkürlich nach dem in seinem Ärmel verborgenen Messer. Sie hat alles
gesehen und gehört. Sie ist nicht davongelaufen, weil sie vor Angst wie gelähmt war. Und nun ist sie Zeugin geworden. Eine
völlig überflüssige Zeugin.
Das Mädchen kam langsam näher, die Augen immer noch auf ihn geheftet. Augen, die von einem halben Zoll langen Wimpern umrahmt
wurden und die Farbe von Bergseen hatten. In diesen Augen, bemerkte der Mauerläufer schließlich, stand nicht die Angst, sondern
das Entzücken über das Vorgefallene. Entzücken und eine wilde, verrückte, Pheromoneaussendende Faszination. Darüber selbst verwundert, spürte er, wie sich diese Faszination auch ihm mitzuteilen begann.
»Eine verwandte kleine Seele«, presste er schließlich zwischen den Zähnen hervor.
Douce von Pack kam noch näher. Sie klimperte mit ihren langen Wimpern.
Er stürzte sich wie ein Falke auf sie, drehte sie um, stieß sie gegen das Fass, packte sie am Nacken und drückte heftig ihren
Oberkörper nach unten. Das Barett rutschte Douce über die Augen. Der Mauerläufer tauchte seine Finger in das Blond ihrer Locken,
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