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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Gegenwart weitere Niederlagen gegen seinen Körper erlitt, ließ er mich lieber alleine.
    Anschließend sah ich ihn durch das offene Fenster draußen neben der Weide umherstromern, ein bläuliches Schimmern in der Schwärze der Nacht. Doch er war nicht der Einzige, der in diesen Stunden Niederlagen akzeptieren musste. Auch Mama und Papa pupsten friedlich im halbstündigen Wechsel vor sich hin. Die Flammkuchen waren dick von Zwiebeln bedeckt gewesen, das konnte nicht folgenlos bleiben. Es sei denn, man mochte wie ich keine Zwiebeln und hatte sie heruntergekratzt. Leander aber hatte seinen halben Flammkuchen, den ich ihm nach dem Essen auf die Weide schmuggelte, so gierig hinuntergeschlungen, dass mich sein Bauchgrimmen nicht verwunderte.
    Irgendwann wurde ich es leid, das blaue Flackern zu beobachten, drehte mich wieder zur Wand und schlief endlich tief und fest ein.
    Wir brachen schon früh am nächsten Morgen auf, um die Bauernfamilie der dritten Station nicht auf uns warten zu lassen. Denn wir mussten damit rechnen, dass Chantal ungeplant Pausen einlegte. Außerdem hatten ihre Besitzer uns zu einer mindestens zweistündigen Mittagsrast verpflichtet, in der Chantal Müsli, Möhren und Wasser bekam. Doch es nutzte alles nichts. Mama las die Karte nicht richtig, und als es dämmrig wurde, befanden wir uns noch einige Kilometer von dem Bauernhof entfernt, auf dessen Grundstück wir unser Lager aufschlagen sollten.
    Papa parkte Chantal samt Wagen kurzerhand auf einer kleinen Lichtung am Rande eines Weizenfeldes, das von Bäumen und Wald umschlossen war, und rief bei den Veranstaltern an, dass wir hier übernachten würden. Wir alle konnten das Wort »Allez!« nicht mehr hören, unsere Zungen wollten nicht mehr schnalzen und auch Leander schaffte es kaum mehr, Chantal zum Laufen zu bewegen. Außerdem würden wir uns ohne Straßenbeleuchtung nicht zurechtfinden. Hier gab es keine Städte, in denen man auch nach Einbruch der Dunkelheit Menschen finden und nach dem Weg fragen konnte. Es gab nicht einmal Supermärkte. In den meisten Dörfern gab es gar nichts.
    Doch das Bauernpaar vom Vorabend hatte uns großzügig mit Proviant versorgt: Käse und Baguette, Rotwein für meine Eltern und Cidre für mich. Dazu gab es noch einen halben Apfelkuchen, Tomaten, Salami und drei trockene Schokocroissants, die wir uns fürs Frühstück aufbewahren wollten. Als wir zu essen anfingen, war es bereits so dunkel geworden, dass ich Leander mit einem dezenten Winken erlaubte, zu uns an den kleinen Tisch zu kommen und sich neben meine Füße zu setzen. Wir hatten keine Kerzen dabei und Papa wollte die Batterien unserer Taschenlampe schonen. Also aßen wir im Finstern. So konnte ich Leander ab und zu einen Happen zukommen lassen, denn er hatte wieder den ganzen Tag kaum etwas zu sich nehmen können.
    Wir redeten nicht viel. Wie schon am Abend zuvor waren wir viel zu müde für eine vernünftige Unterhaltung, doch ich war dankbar dafür, denn so konnte Mama mich in keine weiteren Bettkantengespräche verwickeln – und es konnte keinen Streit geben. Wir hörten kauend den Grillen zu, die tausendfach in den Feldern und Wiesen zirpten, und bestaunten die Glühwürmchen, wie sie in Schwärmen aus den Büschen schwebten und sich manchmal sogar mutig auf unseren Tisch setzten, wo wir blinzelnd und gähnend ihre leuchtenden Hinterteile begutachteten.
    Tiere, die leuchten, dachte ich schläfrig und schaute zu Leander hinüber, der ausgestreckt im Gras lag und mit weit offenen Augen in den Himmel blickte. Selbst in der Dunkelheit konnte ich sein eines Auge grün und das andere schneeblau schimmern sehen. Auch seine Haut schimmerte, heller und intensiver als in all den Wochen zuvor. Lag es am Sternenlicht und dem aufgehenden Mond? Es sah sonderbar aus, als wäre Leander aus dem All auf die Erde gefallen, ein fremdes, unbekanntes Wesen, auf das sich bald jeder Wissenschaftler stürzen würde, um es zu untersuchen und Experimente mit ihm zu machen. Ein blaues Wesen auf dem blauen Planeten … aber nein … niemand konnte Experimente mit ihm machen … es sah ihn doch niemand …
    Mein Kopf sank auf den wackeligen Campingtisch und Mama beschloss, dass ich ins Bett gehörte. Und zwar dalli, dalli. Als ich mich torkelnd erhob, um in den Wagen zu gehen und mich schlafen zu legen, folgte Leander mir auf leisen Sohlen. Dieses Mal protestierte ich nicht. Der Wagen stand tatsächlich wieder schief und mein Steiß schmerzte immer noch. Leander würde

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