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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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wahrscheinlich sowieso nach einer halben Stunde verschwinden. Oder spätestens dann, wenn er seinen Freiflug machen wollte.
    Doch jetzt, am dritten Morgen unserer Reise, war ich wach und er lag neben mir, sein Knie auf meines gebettet, und sein gleichmäßiger Atem verriet mir, dass er noch schlief. Er war tatsächlich hiergeblieben, bei mir.
    Ich schlug die Augen auf. Ja, das war Leander und irgendwie freute ich mich, ihn zu sehen. Seine Hand ruhte entspannt neben seinem Gesicht. Er schien zu träumen, denn seine Finger zuckten, als wolle er nach etwas greifen. Vor dem Schlafengehen hatte er sein gemustertes Tuch abgenommen und um den Unterarm gewickelt. Es zeichnete sich als heller Streifen auf seiner Stirn ab. Ich unterdrückte ein Kichern. Seine Haut war noch brauner geworden, als sie sowieso schon war. Leander sah immer aus, als habe er gerade drei Wochen Surfurlaub auf Hawaii hinter sich. Auf meinen Schultern hingegen prangte seit gestern ein fieser Sonnenbrand, weil ich auf dem Wagendach eingedämmert war.
    »Luzie! Luzie, wo bist du!?«
    Mamas Gebrüll überraschte mich so sehr, dass ich zusammenzuckte und Leander versehentlich meinen Ellenbogen in die Seite rempelte. Knurrend runzelte er die Brauen und lallte etwas auf Französisch. Ich rückte von ihm ab, um mich rücklings gegen die Wand zu pressen. Er sollte bloß nicht denken, ich fände es toll, dass er Anschnallgurt spielte.
    »Hier, Mama! Im Wagen!«, rief ich und fasste mir im gleichen Augenblick an die Schläfen. Was war denn das? Meine Stimme klang merkwürdig voluminös in meinem Kopf. Als hätte sie ein Echo. Ein äußerst unangenehmes Echo. Vielleicht hätte ich gestern Abend doch keinen Cidre trinken sollen. Aber es war nur ein winziges Glas gewesen, mehr nicht. Wir hatten nun mal nichts anderes für mich dagehabt. Mama und Papa hatten mich sogar dazu ermuntert.
    Leander hob den Kopf und sah mich irritiert an. Hatte er ebenfalls Kopfschmerzen? Dabei waren es gar keine echten Kopfschmerzen, sondern eher ein unterschwelliges Sirren. So ähnlich, wie ich es manchmal vernahm, nachdem ich stundenlang laute Musik gehört hatte. Zu laute Musik.
    »Luuuzie! Luzie, antworte doch mal, wo bist du? Luzie!?«
    »Hieeeeer! Im Waaagen!«, schmetterte ich und erneut jagte das Sirren durch meine Ohren und mitten in meinen Kopf. Abrupt setzte Leander sich auf. Mit den Fingerspitzen berührte er meine Wange. Sie hinterließen ein leichtes Prickeln. Ich schlug seine Hand weg, denn Mama rief schon wieder und dieses Mal klang sie verängstigt. Ihre Stimme bebte. Sie war kurz davor zu weinen.
    »Luzie!!«
    »Hier, Mama! Ich liege noch im Bett! Komm doch rein!«
    Warum hörte sie mich nicht? Lauter konnte ich nicht brüllen. Und ich hatte weiß Gott kein leises Stimmchen. Doch dann rumpelte es auf dem Kutschbock, die Achsen quietschten und Mamas dicker Wuschelkopf schob sich ins Wageninnere. Ihre Wangen waren gerötet, aber ihre Nase sah blass aus. Wahrscheinlich hatte sie gestern zu tief ins Rotweinglas geguckt. Meine Eltern hatten zusammen fast eine ganze Flasche weggeputzt. Suchend blickte sie sich um, richtete sich auf und schritt auf unser Bett zu. Ich lächelte sie an, verschlafen, wie ich war, doch sie schaute nur hohl durch mich hindurch.
    »Sie ist nicht hier, Heribert!«, rief sie klagend.
    Nein, das konnte kein normaler Kater sein. Sie musste noch eine Menge Restalkohol im Blut haben. Oder war das, was sie hier veranstaltete, ein Spiel, mit dem sie mich necken wollte? Ich fand, dass ich zu alt für solche Spiele war.
    »Natürlich bin ich hier!«, widersprach ich und wollte über die Bettkante greifen, um an einer ihrer Locken zu ziehen, doch Leander riss mich brutal von ihr fort und ans Fußende der Koje. Die Decke bewegte sich nicht, obwohl sie eigentlich hätte durch die Luft wirbeln müssen. Ich starrte ungläubig auf meine Beine. Auch Leander löste seine Augen nicht von mir.
    »Merde«, flüsterte er. »Merde …«
    Merde bedeutete »Scheiße«, so viel wusste ich inzwischen, aber Leander hatte es noch nie in diesem Tonfall gesagt und noch nie mit diesem verstörten, fassungslosen Ausdruck in seinem Gesicht. Schlagartig bekam ich Angst. Hier war etwas Schreckliches passiert, das stand fest, doch ich hatte nicht die geringste Vorstellung, was das sein könnte. Vielleicht hatte es mit Leander zu tun? Mit seinen Wächterfähigkeiten?
    Ich selbst fühlte mich bis auf die Sache mit meiner Stimme eigentlich ganz normal. Nur Mama benahm sich, als habe sie

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