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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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keinen Arzt aufsuchen, wenn du verletzt bist. Wenn du einen Unfall hast oder …«, Leander stockte und sah mich ernst an, »… oder stirbst, wird dich niemals jemand finden und auch deine ehemaligen Wächter werden dich nicht finden, um dich auf die andere Seite zu begleiten, da du für uns nicht mehr als Mensch zu erkennen bist. Sobald ich weiter als hundert Meter von dir wegfliege, kann ich dich nicht mehr orten. Du bist mutterseelenallein.«
    Wieder wurde mir so schwummrig, dass ich das Gefühl hatte, der weiche Waldboden würde unter mir wegdriften.
    »Du bist verschollen. Im Moment bist du verschollen. Aber …« Leander holte tief Luft. »Wenn ich jetzt gehorche und zurückgehe, weit weg von dir, und verspreche, dich niemals wiederzusehen und dir nie mehr zu nahe zu kommen, kann ich rehabilitiert werden. Ich denke, es wird ein bis zwei Tage dauern, vielleicht auch drei, bis du für Menschen wieder sichtbar und hörbar bist. Bis dahin versteckst du dich hier, d’accord?«
    Er griff unter seine Weste und drückte mir ein Schokocroissant und eine Flasche Wasser in die Hand. Richtig, die hatte er bei unserer Flucht aus dem Zigeunerwagen mitgenommen. Auch etwas, was ich nicht verstanden hatte. Wie so vieles.
    »Ich soll hier im Wald sitzen bleiben und warten? Zwei bis drei Tage?«
    »Es geht nicht anders. Und, Luzie, versprich mir eines: Fass deine Eltern nicht an. Bitte, chérie. Wenn du deine Mutter anfasst und sie deinem Vater oder jemand anderem sagt, dass sie dich gespürt hat … ich meine, deine Mutter ist sowieso schon, ähm, anders …«
    Ich wusste, was er meinte. Am Rande des Wahnsinns sozusagen. Papa hatte das oft liebevoll über sie gesagt. Rosa am Rande des Wahnsinns. Mama war ganz und gar nicht wahnsinnig, aber manchmal wirkte sie so.
    »Wenn sie dich spüren und es jemandem erzählen, werden sie ruck, zuck von den Männern in Weiß abgeholt und dann hast du keine Anlaufstelle mehr. Die anderen werden glauben, sie sind über den Verlust ihres Kindes nicht hinweggekommen … und so weiter und so fort …«
    »Oh Gott …« Ich rieb mir mit den Fäusten die Nässe aus den Augen. Ich musste nachdenken, und um denken zu können, sollte ich aufhören zu heulen. »Du – du gehst weg? Für immer? Du lässt mich allein?«
    Leander wandte seinen Blick von mir ab, bevor er antwortete. »Je eher ich verschwinde, desto schneller wirst du wieder sichtbar. Es geht nicht anders, chérie. Sky Patrol hat gewonnen.«
    »Nein. Nein! Verdammt noch mal, Leander, es muss einen anderen Weg geben! Lass mich nicht hier allein, das ist nicht fair!«
    Aber Leander war schon aufgestanden.
    »Es ist so einiges nicht fair in dieser Welt, Luzie. Das müssen wir wohl akzeptieren.«
    »Bah, jetzt sei nicht so erwachsen! Das ist doch Mist! Du kannst mich nicht immer grad mal allein lassen, wenn Sky Patrol dazwischenfunkt – Leander! Bleib hier!«
    Ich setzte ihm hinterher, schnell war ich schließlich, und bei unserem Turnhallen-Parkour-Training hatte ich ordentlich Kondition aufgebaut. Bäume waren außerdem meine Spezialität. Er würde mir nicht abhauen, dieses Mal nicht.
    Beim nächsten Baum sprang ich ab, ergriff mit beiden Händen einen tief hängenden Ast, holte Schwung und schnellte nach vorne, um Leander mit meinen Füßen zu Fall zu bringen. Gemeinsam rollten wir eine Böschung hinunter, doch er war ebenso schnell wieder auf den Beinen wie ich. Verbissen jagte ich ihm nach – da, ein quer liegender Baumstamm und wenige Meter darüber ein weiterer Ast. Der Baumstamm war wie ein Trampolin und der elastische Ast vervielfachte meinen Schwung sofort. Ein zweites Mal schleuderten meine Füße Leander aus der Balance, aber auch er hatte trainiert. Geschmeidig kugelte er sich zur Seite weg, sprang auf, schlug einen Haken und bog in den schmalen Pfad ein, der aus dem Wald hinaus zur Wiese führte, wo Chantal in der Morgensonne stand und döste.
    »Nein, das machst du nicht! Das wirst du nicht tun!«, schrie ich erbost.
    Leander drehte sich nicht mehr um. Ich erwischte noch den Zipfel seines gemusterten Tuchs und hielt ihn fest. Mit einem Ratschen zerteilte es sich in zwei Hälften. Ich musste machtlos dabei zusehen, wie Leander auf den Rücken des Pferdes sprang, ihm die Fersen in die Flanken hieb und davongaloppierte.
    »Feigling!«, brüllte ich ihm hinterher, doch er hob nur grüßend die rechte Hand.
    Er war wieder einmal weg.
    Und dieses Mal würde es für immer sein.

Mindestens Guadeloupe
    Das erste Bild schob sich mit

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