Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
mir damals den Ausbildungsplatz verweigerten«, schloss Nathan mit einem wütenden Paukenschlag.
    »Er wird es nicht schaffen, Nathan. Das weißt du. Er ist viel zu faul …« Clarissas hohe Akkorde tönten nun beinahe sanft.
    »Dann hat er bei Sky Patrol sowieso nichts verloren. Er kann sich glücklich schätzen, dass wir uns überhaupt eine Strafe für ihn ausdenken! Kein Zweifeln und Zögern, Clarissa. Zweifeln und Zögern sind menschliche Eigenschaften!«, wetterte Nathan streng. »Bei Sky Patrol gibt es kein Zweifeln!«
    Nun platzte mir der Kragen. Ich konnte mir das alles keine Minute länger anhören. Außerdem hatte ich sowieso nichts zu verlieren. Ich sprang auf und begann, laut zu schreien.
    »Ihr seid doch ein Haufen gehirnamputierter Idioten! Ihr schickt euren eigenen Sohn in den Tod – das ist total krank! Warum lasst ihr ihn nicht sein, wie er ist? Er tut euch doch nichts!«
    Clarissa und Nathan regten sich nicht, blickten aber interessiert zu den Baumwipfeln über ihren Köpfen. Zu den Baumwipfeln?
    »Hallo, ich bin hier! Das Menschenkind von Leander! Ihr kennt mich doch … Oder bin ich jetzt auch unter eurer Würde? Ich sag euch jetzt mal was: Ich kann Leander sehen und hören. Euch übrigens auch. Ich weiß von euch! Ich weiß alles!« Ich musste aufhören zu schreien, weil mir meine eigene Stimme so sehr in den Ohren dröhnte, dass mir schwindelig wurde.
    »Ist da irgendetwas, Nathan?«
    Nathan schaute erneut nach oben.
    »Ich meine, ich hätte eine sehr schwache Frequenz empfangen. Aber sie hörte sich missgebildet an.«
    Oh, besten Dank. Schwach und missgebildet. »Nein, keine Frequenz, sondern ich! Hier drüben! Ein Mensch! Sagt bloß, ihr könnt keine Menschen mehr hören …«
    Doch ich ahnte schon, was eben geschehen war. Nicht nur meine Eltern konnten mich nicht mehr sehen und hören. Ich war auch für Sky Patrol unsichtbar geworden. Ich war gar nichts mehr, weder Mensch noch Wächter. Ich war nichts. Nichts! Doch ich spürte mich und ich konnte mich deutlich sehen. Ich hatte Kopfschmerzen und kalte Füße und meine Augen brannten vom vielen Weinen. Verzweifelt fuhr ich mit beiden Händen über meine Arme und Beine, um mir zu beweisen, dass ich existierte.
    »Lass uns zurück zu unseren Klienten switchen, Nathan«, schlug Clarissa vor, nun wieder so schrill, dass es wehtat. »Vielleicht ist es das Echo eines Wächters, der auf die andere Seite gerissen wurde. Womöglich ist der Meister der Zeit in der Nähe. Das sollten wir nicht riskieren.«
    Bereits beim nächsten Wimpernschlag hatten sie sich aufgelöst und waren verschwunden. Ich begann so heftig zu schlottern, dass meine Cargohose wie ein Segel im Wind raschelte. Ich strahlte die Frequenz eines Wächters aus, der auf die andere Seite gerissen worden war? Ich war weder Mensch noch Wächter? Niemand sah mich? Nicht einmal Sky Patrol?
    Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich vor dem Erscheinen der Cherubims geschlafen hatte, aber wer wusste schon, was in dieser Zeitspanne geschehen war? Vielleicht war ich ja tatsächlich vom Meister der Zeit geholt worden. Fühlte sich das so an, tot zu sein? War ich gestorben? Oder hatte mich jemand umgebracht? Doch wer sollte das getan haben – man sah mich ja nicht! Trotzdem fasste ich mir probehalber an die Kehle, um zu prüfen, ob sie möglicherweise durchgeschnitten war und ich nur nichts davon merkte. Am Ende lief ich umher wie der kopflose Nick in Harry Potter, von dem Leander mir begeistert erzählt hatte. Aber mein Hals saß fest auf meinen Schultern und ich konnte nicht einmal einen Kratzer ertasten.
    Und ansonsten? Ich hatte weder Hunger noch Durst noch musste ich aufs Klo. Allerdings hatte ich in den vergangenen Stunden auch nichts gegessen und getrunken.
    Dennoch kam ich mir merkwürdig leicht und zerbrechlich vor. Und obwohl meine Kehle so trocken war, dass sie brannte, konnte ich mich nicht dazu überwinden, einen Schluck Wasser zu trinken. Irgendwie hatte ich Angst, es könne einfach so wieder aus meinem Mund laufen. Tote brauchten schließlich nicht zu schlucken. Durchsichtige Tote erst recht nicht.
    Gelähmt vor Angst legte ich mich in meine Kuhle, presste meine Augen fest zu, schlang die Arme um meinen Leib, um mich zu spüren, und tat das Einzige, was ich in dieser Situation tun konnte. Warten. Warten und hoffen.

Anfassen verboten!
    »So, Luzie. Genug gewartet. Jetzt wird nachgedacht«, befahl ich mir und setzte mich auf. Es war Abend geworden, aber immer noch so warm, dass selbst das

Weitere Kostenlose Bücher