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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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ausleihen? Angst?« Das Mädchen stemmte die Arme in die Seite und nahm mich mit zusammengezogenen Brauen unter die Lupe. »Hey, ich hab dich schon mal gesehen …«
    »Kann nicht sein«, erwiderte ich schnell. »Okay, wir verschwinden dann …« Der erhobene Hammer stoppte mich, bevor ich zur Türklinke greifen konnte. »Gut, dann bleiben wir noch. Klar. Wir bleiben noch.«
    »Ich bin Suni«, sagte das Mädchen, gab mir aber nicht die Hand. »Und das ist mein Zuhause. Ich möchte wissen, was ihr in meinem Zuhause macht.«
    »Wir wollten telefonieren. Hab ich doch schon gesagt. Das ist alles. Danach wollten wir wieder verschwinden.«
    »Und warum habt ihr nichts an und seid klatschnass?« Sunis singender Akzent begann mir zu gefallen. Obwohl er sehr außergewöhnlich war, verstand ich sie immer besser.
    »Das ist eine lange Geschichte«, seufzte ich.
    »Erzähl sie mir. Ich mag lange Geschichten«, forderte Suni mich auf. Serdan stöhnte genervt. »Und wir haben eine lange Reise vor uns.«
    »Wir …?«, hakte ich zögernd nach.
    »Ich bin vielleicht eine Sinti, aber ich bin nicht dumm. Ich weiß, wo ich euch gesehen habe. Im Fernsehen. Die suchen euch. Seit Tagen schon. Sie glauben, ihr seid durchgebrannt. Oder entführt worden.«
    »Sind wir nicht«, berichtigte ich würdevoll. »Keins von beiden. Serdan ist nur ein Freund von mir. Ein Kumpel. Und er hilft mir bei dem, was ich vorhabe, aber wir kommen gerade nicht weiter und haben unsere Kleider verloren und – kompliziert. Deshalb hab ich beschlossen aufzugeben, meine Eltern anzurufen und …«
    »Aufgeben bei was?«, hakte Suni nach. Serdan stöhnte erneut.
    Ich drehte mich aufgebracht zu ihm um. »Hör auf damit, Serdan, es nervt!«
    Ich wandte mich wieder Suni zu, die – nach wie vor mit dem Hammer in der erhobenen Hand und ohne mich aus den Augen zu lassen – eine schmale Schranktür öffnete und ein paar Klamotten herauszerrte.
    »Ich muss jemandem helfen, indem ich ihm etwas Wichtiges sage – etwas, was er nicht wissen kann, aber wissen muss, um zu überleben. Er wohnt in Le Plan-dela-Tour. Aber jetzt haben wir – na ja, wir haben Schwierigkeiten.« Sollte ich davon berichten? Oder erst ihr Vertrauen gewinnen? Vertrauen, entschied ich. »Meine Urgroßmutter war übrigens eine Roma. Ich weiß auch ein bisschen was über die Sinti und Roma …«
    »Wir sind Sinti«, unterbrach Suni mich stolz. »Manouches, um genau zu sein.«
    »Klingt – interessant«, sagte ich mit trockenem Mund. »Ich heiße Luzie. Und das ist Serdan. Wir müssen morgen in Le Plan-de-la-Tour sein. Und wir würden gerne telefonieren.«
    Ich konnte Serdan nicht sehen, ahnte aber, dass er die Augen zur Wagendecke verdrehte. Ich trat rückwärts gegen sein Schienbein.
    »Um zu überleben?« Suni warf Serdan eine Trainingshose zu und drückte mir einen langen, fließenden Rock in die Hand. Igitt. Ein Rock. Doch ich kam mir immer noch albern vor, in einer nassen Unterhose in einem fremden Wohnwagen herumzustehen, und schlüpfte umständlich hinein.
    »Ja, um zu überleben. Hast du keine Hose?«, fragte ich dennoch.
    Suni schüttelte den Kopf. »Du bist zu alt, um eine Hose zu tragen. Mädchen in unserem Alter dürfen keine Hosen mehr tragen. Und eigentlich darf ich keine Jungs in Unterhosen sehen.«
    Deshalb hatte sie sich also den Arm vor die Augen gehalten. Auch sie trug einen Rock, doch in Kombination mit ihrem weit ausgeschnittenen schwarzen Top und den dünnen Goldketten um ihren Hals sah er ganz und gar nicht züchtig und prüde aus. Sondern eher verführerisch.
    »Suni«, brüllte eine Männerstimme von draußen, gefolgt von einem Wortschwall in einer Sprache, die ich noch nie gehört hatte. Suni antwortete rufend, dann kehrte Ruhe ein. Sie ließ den Hammer sinken und sah uns eindringlich an.
    »Okay, bleibt hier und verhaltet euch ruhig!«, wisperte Suni. »Wir müssen weg, wir hatten gestern eine Razzia und die Bullen haben uns das Wasser und den Strom abgestellt. Wir wollten sowieso heute in den Süden reisen, aber ich hab keine Lust, dass sie noch einmal herkommen, weil ihr euch hier rumtreibt. Denn dann denken sie, wir haben euch gekidnappt, wetten? Das machen Zigeuner doch, Kinder stehlen, oder?« Sie lachte laut auf, als sie unsere Blicke sah.
    Ich senkte betreten meine Lider. Papas Mutter hatte das früher tatsächlich manchmal gesagt, wenn die fahrenden Leute in der Stadt waren. Und dann hatte es schrecklichen Ärger gegeben, weil Mama hitzköpfig wie immer ihre Vorfahren

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