Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch
verteidigte und nicht eher Ruhe gab, bis ihre Schwiegermutter sich entschuldigt hatte. Und das war niemals ohne Tränenbäche vor sich gegangen.
»Also, bitte kein Wort über uns zu euren Eltern, verstanden?«
»SUNI!!!« Wow. Der konnte ja lauter brüllen als Mama.
Suni griff neben sich, angelte das Handy aus seinem Versteck, entriegelte die Tastatur und reichte es mir. Dann hüpfte sie leichtfüßig die Stufen ins Freie hinunter und verschloss von außen die Tür.
»Ist ja toll«, motzte Serdan. »Eingesperrt bei den Zigeunern.«
»Hast du nicht gehört, was sie gesagt hat? Sie fahren in den Süden!«
»Mann, Luzie, die ist genauso verrückt wie du. Die will den Bullen eins auswischen, das ist alles. Wahrscheinlich ist ihr langweilig.«
»Ja, von mir aus«, gab ich gelassen zurück. »Aber ich mag sie. Sie ist doch lustig. Findest du sie nicht …?«
Serdan schaute demonstrativ zur Seite, aber ich hatte das Glitzern in seinen schwarzen Augen gesehen. Oh. Er mochte sie also auch. Noch besser, dachte ich, obwohl ich einen fast unmerklichen Stich im Herzen verspürte. Logisch, dass er sie mochte. Sie hatte lange Haare, einen Busen und schöne schräge Mandelaugen. Wahrscheinlich würden auch die anderen beiden zu geifern anfangen, wenn sie sie sehen würden – Seppo und Billy. Sie würden auf ihrem Geifer ausrutschen.
»Bitte. Dann ruf zu Hause an und heul dich bei Mama aus. Ich bleibe jedenfalls hier.«
Serdan nahm das Handy, wählte und fing nach einem ausführlichen Räuspern an, sehr leise, kleinlaut und abgehackt zu reden, natürlich auf Türkisch, sodass ich mal wieder kein Wort verstand und sich das Ziehen in meinem Magen verstärkte, bis mir regelrecht schlecht war. Wenn ich nur wüsste, was er seinen Eltern sagte. Ich lauschte angestrengt, ob mein Name fiel, doch ich konnte ihn nicht heraussortieren. Oder Serdan sprach überhaupt nicht über mich.
Nach einigen Minuten sagte er gar nichts mehr, hörte nur noch zu und legte schließlich mitten in einem Wortschwall, der wütend aus dem Handy plärrte, auf.
Die Tür klapperte. Suni streckte ihren Kopf in den Wagen.
»Wir brechen jetzt auf«, flüsterte sie. »Eigentlich wollte Shima dich noch prüfen, aber drüben am anderen Ufer sind Polizeiautos aufgetaucht und wir sollten schon beim Morgengrauen verschwunden sein.« Sie hob die Schultern und ließ sie wieder fallen, als wolle sie sagen, dass das ständig passierte. »Wir machen in einer Stunde Rast. Dort wird Shima dich prüfen und entscheiden, ob wir euch mitnehmen können.«
»Prüfen? Und wer ist Shima?«, fragte ich unbehaglich.
»Meine Urgroßmutter und die Älteste. Sie will wissen, ob du die Wahrheit sagst.« Suni verzog ihre Mundwinkel. »Sie ist ziemlich sauer. Hab ihr aber gesagt, dass du eine von uns bist. Wenigstens ein bisschen.«
Sie zerrte ein bunt gemustertes Tuch aus ihrem Rockbund, in das hauchdünne Goldfäden eingewebt waren, und schlang es mir um den Kopf. Die Fransen des Saums fielen mir wie ein Pony locker über die Stirn. Im Nacken band sie das Tuch mit einem dicken Knoten fest, sodass meine roten Haare komplett verdeckt waren.
»Sicher ist sicher«, sagte sie zufrieden, nachdem sie mich begutachtet hatte. »Du bist nicht wiederzuerkennen. Ich geh jetzt zu meinem Vater ins Auto. Schaut auf keinen Fall aus dem Fenster; beim Fahren darf niemand im Wagen sitzen. Ihr könnt fernsehen, wenn ihr wollt. Bis später!«
»Haste ja toll hingekriegt«, murrte Serdan, nachdem Suni wendig wie eine Gazelle aus dem Wagen verschwunden war. »Wir stehen also spätestens in einer Stunde wieder auf der Straße.«
»Warum denn das?«
»Weil diese Shima bestimmt merkt, dass du lügst!« Serdan nahm die Fernbedienung und zappte fahrig durch die Kanäle. »Sie wird merken, dass du Scheiße erzählst, und dann …«
»Verdammt, ich erzähle keine Scheiße, Serdan«, sagte ich scharf.
»Oh Luzie, jetzt hör doch mal auf, ständig zu lügen. Ich weiß, dass du Johnny Depp treffen willst, weil du wahrscheinlich unsterblich in ihn verliebt bist. Es ist dir nur peinlich und deshalb hast du diese Geschichte erfunden und behauptest, dass du jemandem helfen musst. Und ich, der blöde Serdan, bin gut genug, dir auch noch hinterherzufahren und damit …«
»Ich habe nichts erfunden! Es wäre mir auch nicht peinlich, wenn ich in Johnny verliebt wäre. Oder glaubst du im Ernst, mir ist so was peinlich? Mir ist fast nie etwas peinlich …«
»Doch, der Johnny-Depp-Aufsatz, den Herr Rübsam
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