Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)
begrüßte sie Sanders fröhlich. "Komisch, ich überlege gerade: Tee oder Kaffee. Da erscheinen Sie wie eine Fee aus dem Märchenland. Das war direkt eine Gedankenübertragung. Dann trinke ich auch Tee. Haben Sie gut geschlafen?"
"Ich schlafe immer gut und fest."
Sanders und Elisabeth tranken ihren Tee und fuhren dann zurück in die Stadt.
"Ich möchte bald meinen Urlaub beenden und mit Ihnen nach München fahren", sagte Elisabeth. "Sie meinen Eltern vorstellen."
Natürlich war Sanders darüber sehr erfreut. Und so besprachen sie eilig die Reisetour. Sie wollten keine Unterbrechung und keinen Aufenthalt. Nur schnell nach Hause.
Am Abend stand der Mann mit der Narbe schon wartend auf der Treppe in Elisabeths Hotel. Demonstrativ hielt er den großen Schlüssel mit der Nummer 36 in der Hand und sprach, wie immer, kein Wort. Den Blick hatte er wieder in die Ferne gerichtet, in der er etwas zu suchen schien, was er nie finden würde.
Bei diesem Anblick liefen Sanders, wie jedes Mal, die Gruselschauer den Rücken hinab. Und wieder hinunter, bis sie seinen ganzen Körper erfasst hatten und wild in seinem Kopf kreiselten.
Schnell verabschiedete er sich mit einem hektischen Handkuss von Elisabeth. Sie sollte um nichts in der Welt merken, wie sehr ihn dieser verflixte Unmensch, wie er ihn in seinen Gedanken betitelte, immer wieder von Neuem erschreckte. Doch dann blieb er gegen seine Gewohnheit, einer plötzlichen Eingebung folgend, stehen und beobachtete die beiden.
Elisabeth verschwand mit dem seltsamen Portier in der oberen Etage.
Als sie an den bunt verglasten Fenstern vorbeigingen, war ihm, als schwebten sie. Ja. Sie schwebten davon. Er konnte ihre Füße nicht mehr auf dem Boden erblicken. Sie schwebten hinein in einen luftleeren Raum. Was sollte das nun schon wieder.
Es dauerte eine Weile, bevor er sich aus seiner Starre lösen und die wenigen Schritte zu seinem Hotel gehen konnte. Nachdenklich verlangte er an der Rezeption die Rechnung. Doch da teilte ihm der Portier mit, dass Herr Sadik sie schon beglichen habe.
‚Auch gut‘ , dachte er und wunderte sich, warum er sich nicht wunderte. Also war ihm sogar schon das Wundern vergangen.
‚Wenn das so weiter geht, weiß ich wohl zu guter Letzt nicht mehr, ob ich lebe oder schon tot bin.‘
Bei diesem Gedanken wurde ihm noch unheimlicher zumute, doch zauberte er auch ein amüsiertes Lächeln auf sein Gesicht. Unangebracht fröhlich, brachte er sein Gepäck in die Garage, damit sie morgen pünktlich abfahren könnten, und ging wieder zurück ins Hotel.
In der Nacht schlief er schlecht. Die Freude, Elisabeth neben sich zu haben, aber auch der Gedanke an den seltsamen Portier und die lange Fahrt, ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder schreckte er aus unruhigem Schlaf. Um fünf Uhr stand er dann auf, obwohl er erst um sieben Uhr mit Elisabeth verabredet war, und lief nervös im Zimmer umher. Punkt sieben Uhr saß er dann am Frühstückstisch und starrte erwartungsvoll zur Tür. Doch Elisabeth war diesmal nicht pünktlich. Sie kam auch in den nächsten drei Stunden nicht.
Die Kellner räumten die Tische ab. Es waren keine Gäste mehr da.
Nur Sanders saß einsam auf seinem Stuhl. Vor ihm auf dem Tisch stand ein Glas Wasser. Er hatte es nicht angerührt; er starrte noch immer wie hypnotisiert zur Tür. Es musste es passiert sein. Etwas Schreckliches. Nur so konnte er sich Elisabeths Nichterscheinen erklären.
"Fragen Sie doch mal in dem Hotel der jungen Dame nach“, riet ihm ein Kellner mitleidig. "Vielleicht ist ihre Begleiterin ja schon abgereist."
"Danke. Gute Idee."
Sanders erhob sich schwerfällig und schleppte sich regelrecht zu Elisabeths Hotel.
"Eine Frau Röhrig ist hier nicht gemeldet", sagte der Portier hinter dem Tresen. "Ein Zimmer 36 haben wir auch nicht. Wir sind nur ein kleines Hotel mit vierzehn Zimmern."
Diese Auskunft verschlug ihm fast die Sprache. Er war nahe daran, an seinem gesunden Menschenverstand zu zweifeln.
"Wann kommt denn der Nachtportier?", fragte er nach mehrmaligem Schlucken. "Er wird bestimmt alles aufklären."
"Der Nachtportier?"
"Ja."
"Den gibt es hier nicht. Nur ich bin bis vierzehn Uhr da."
"Haben Sie vielleicht auch keinen Gast mit einer Narbe über dem ganzen Gesicht.“
Der Portier schaute Sanders zweifelnd an.
"Einen Gast mit Narbe? Nein. So einen haben wir niemals gehabt."
Sanders war fassungslos. In seinem Kopf begann sich wieder alles zu drehen. Er konnte das Ganze doch unmöglich
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