Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)
Grundbuch des Hauses zu nehmen und er fand bestätigt, was er ohnehin schon wusste.
Des Weiteren las er, dass im Jahre achtzehnhundertdreiundvierzig ein Alois Röhrig das Grundstück gekauft und eine Gaststätte mit zwei Stockwerken darauf errichtet hatte. Der Enkel erbte das Haus, fiel aber im ersten Weltkrieg; seine Frau Dorothea und die Tochter Elisabeth starben bei einem Bombenangriff, bei dem das Haus völlig zerstört wurde.
So war er also im Falle Röhrig keiner Halluzination erlegen. Es war eine Begegnung mit der Vergangenheit. Ausgelöst durch die einseitig gebratenen Eier. Aber kurios war es doch. Sehnsuchtsvoll dachte er an das seltsame Mädchen Elisabeth. Und gleich darauf an Maren Lars. Wo war sie? Nein, er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Der Horrortrip schien kein Ende nehmen zu wollen.
Zu allem Unglück war auch noch Herr Pichler seit zwei Tagen verschwunden. Niemand hatte ihn gesehen noch gehört. Verzweifelt suchte er nach ihm. Lief immer wieder sein Grundstück, die weiten Wiesen und den nahe gelegenen Wald ab. Nichts. Er rief seinen Namen in den Wind. Nichts. Jedes Mal schlich er entmutigter zurück ins Haus.
Als er diesmal das Wohnzimmer betrat, sah er, dass das Telefon blinkte. Schnell hörte er den Anrufbeantworter ab.
"Hier ist Hauser", vernahm er eine aufgeregte Frauenstimme. "Bitte rufen Sie mich zurück. Es handelt sich um Herrn Pichler. Ich habe ihn gestern am frühen Morgen an der Stadtbahnstation gesehen. Ich glaube mit einer fremden Frau. Ich habe mir aber weiter keine Gedanken gemacht. Doch heute habe ich erfahren, dass Sie, Herr Falken, den Herrn Pichler vermissen. Also, rufen Sie mich bitte zurück."
Umgehend rief Falken diese Frau Hauser an.
"Er stand auf dem Bahnsteig", sagte sie, "hat den Zug abgewartet und ist hinein gesprungen. Dann ist er von einem Wagen in den anderen gelaufen. Der Zug fuhr dann in Richtung Innenstadt. Mehr weiß ich auch nicht."
"Danke", sagte Falken. "Sie haben mir sehr geholfen. Bestimmt kommt er bald zurück. "
Und tatsächlich. Am Morgen des dritten Tages war Herr Pichler wieder da. Ganz ruhig lag er in seiner Hütte, die Schnauze in der Erde, wie ein Trüffelschwein. Als er Falken auf sich zukommen sah, wendete er den Kopf auf die andere Seite und legte beleidigt die Pfoten über die Augen.
"Bestimmt nimmst du mir übel, dass ich dich nicht informiert habe, was eine Bahnfahrt ist." Falken hockte sich zu dem Hund. "Tut ein braver Hund so etwas? Ha? Schwarzfahren. Mit der S-Bahn."
Herr Pichler sah Falken verächtlich an; bestimmt fühlte er sich verraten, denn er begann jämmerlich zu winseln.
Als er genug gewinselt hatte, stand er langsam auf, drehte sich zum Häuschen, mit dem Kopf zur Rückwand und warf sich mit voller Wucht auf den Boden. Der Schwanz mit dem Hinterteil ragte drohend aus der Hütte.
"Das nützt jetzt auch nichts", sagte Falken, nun auch beleidigt, "das hättest du dir früher überlegen sollen."
Herr Pichler peitschte einmal heftig mit dem Schwanz auf den Boden und winselte weiter.
„Na, dann schmolle weiter“, sagte Falken und ging ins Haus.
Am nächsten Vormittag lockerte er die Erde hinter dem Haus um die Heckenrosen. Plötzlich hob Herr Pichler die Schnauze in die Höhe und lief auf geradem Weg nach vorn, der Ausfahrt zu.
Als Falken den Postboten erkannte, der sich heute verspätet hatte, kam ihm Herr Pichler schon mit der Post in der Schnauze entgegen, übergab ihm die Illustrierte und hielt seinen Kopf zum Streicheln hin.
"Braver Hund", schnurrte Falken versöhnlich, "alles wieder gut?"
Herr Pichler peitschte zum Einverständnis seinen Schwanz dreimal auf den Boden und bellte laut.
Falken faltete die Zeitung auf und erstarrte vor Schreck.
Es war die Zeitschrift, die Carla abonnierte. Und gleich auf der Titelseite war der Narbenmann mit einer dunkelhaarigen jungen Frau zu sehen.
Eine leise Ahnung stieg bedrohlich in Falken auf. Eine Ahnung, die er schon seit langem hegte und nur nicht wahrhaben wollte.
In der Veranda setzte er sich auf die Bank und betrachtete lange das Bild. Es überraschte ihn nicht einmal, den Mann mit der Narbe in einer neuen Aktion zu sehen. Doch dann entdeckte er im Hintergrund, etwas verschwommen zwar, aber doch deutlich erkennbar, eine Frau.
"Blitz und Donner!", entfuhr es ihm. "Das ist doch Maren! Maren Lars!"
Abrupt sprang er auf, ging ins Wohnzimmer, holte aus einem Regal die anderen Zeitschriften und die alte Lupe, las hastig die zwei Artikel und lachte laut
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