Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)

Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten)

Titel: Luzifers Geliebte (Geschichtentrilogie Band 2 Fantastische Geschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: RosMarin
Vom Netzwerk:
die Kehle zu. Ich wollte schreien, brachte jedoch keinen Ton heraus. Doch dann, endlich, nach einigen vergeblichen Versuchen, gelang es mir. Ich schrie. Schrie und schrie. Es war wie eine Befreiung.
    Laut schreiend lief ich weiter, immer weiter. Spinnweben nahmen mir die Sicht. Fledermäuse fielen erschreckt von den Decken. Staub wirbelte auf. Dämmer überall. Doch ich lief und lief, lief, wie mir schien, immer im Kreis, in dem riesigen, gruseligen Haus und in ständiger Furcht, das Gespenst Justy könnte mich verfolgen.
Da erblickte ich ihn plötzlich vor mir. Mein erster Gedanke war: Zurück. Doch das hatte keinen Sinn. Ich würde mich nie in diesem verdammten Labyrinth zurechtfinden. Ich wollte auch nicht wieder in das Bad mit den grauenhaften Blutfäden. Nein, ich musste weiter. Ich musste Justy einholen. Aufhalten! Das Unwahrscheinliche aufklären. Beeilte mich, ihm zu folgen. Doch immer blieb er zwei Schritte vor mir. Geduckt, bereit zum Sprung. Wie ein unbekanntes wildes Tier.

Endlich waren auch die Blutfäden von mir abgefallen. Erschöpft stolperte ich weiter. Streckte die Arme aus. Doch Justy blieb im gleichen Abstand vor mir. Reagierte auch nicht auf meine Rufe.
    So hastete ich weiter hinter ihm her. Oft fiel ich hin, stand wieder auf, blieb endlich liegen. Meine Kräfte waren verbraucht. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich hatte nur noch einen Wunsch: Einfach liegen zu bleiben und zu schlafen. Und am liebsten nie mehr aufzuwachen. Oder sofort, denn das, was ich jetzt, in diesem Augenblick, erlebte, konnte nur ein Albtraum sein, ein schrecklicher, ein völlig verrückter Albtraum. Also aufwachen, jetzt, sofort, oder nie mehr.

Just in diesem Augenblick drehte sich Justy um. Kam langsam auf mich zu. Öffnete seinen staubverklebten Mund. Redete. Doch ich hörte keinen Ton.
    Ich betrachtete erstaunt und ungläubig meinen Justy. Vielleicht war er es gar nicht? Wieso hatte er sich so verändert?
    Sein ehemals dunkles Haar war staubgrau und verzottelt. Seine freundlichen Augen glänzten grün und glasig und sein immer etwas braun getöntes Gesicht glich einer Totenmaske. So bleich erschien es mir. Nein, dieses Schreckgespenst konnte nicht mein Justy sein. Doch mir blieb nicht Zeit, darüber nachzudenken. Justy stand plötzlich vor mir. Lächelnd beugte er sich herab und hackte seine spitzen, langen Eckzähne, die ich noch erschreckt wahrnehmen konnte, in meine linke Halsseite. Es war nur ein ganz kleiner Schmerz, doch eine unglaubliche Süße rann durch meinen Körper.
"Wir werden ewig leben", flüsterte er und legte seine staubigen Lippen auf meinen Mund. "Dein Geliebter ist ein Untoter. Wusstest du das nicht?"
"Wie sollte ich", sagte ich und mir wurde klar, warum wir uns immer nur bei Dunkelheit getroffen hatten.
"Als man ihn des Nachts aus dem schwarzen Sack zog", triumphierte Justys Stimme, "um ihn in das Leichenschauhaus zu bringen, ging gerade der Vollmond auf. Und genau in diesem Moment huschte ein Lichtstrahl über sein Gesicht. Das war das Zeichen des Erwachens. So stand er einfach auf, verwandelte sich in eine Fledermaus, erhob sich in die Lüfte und spürte mich auf."
"Das ist ja schrecklich", hauchte ich.
"Ist es nicht", flüsterte Justy. "So sind wir jetzt alle drei beisammen."
"Ja", flüsterte ich zurück, "halt mich ganz fest."
Ich spürte, wie mein Körper langsam schwächer und schwächer wurde. Doch ich fühlte mich unsagbar glücklich und sank in eine Art Trance.
"Das Blut", erinnerte ich mit letzter Kraft. "Überall Blutfäden."
"Eine Vision. Wir werden viel Blut brauchen. Sehr viel."
Wie durch einen Schleier spürte ich, wie sich plötzlich meine kleine Liebe über mich beugte, zärtlich küsste und sagte: "Ich, nur ich, liebe dich wirklich."
Er nahm mich auf seine Arme, die den Flügeln einer riesigen Fledermaus glichen, und schwebte mit mir davon.

Als ich erwachte, lag ich auf der Liege in dem Mörderhaus, gehüllt in die graue Fransendecke. Vor der Liege, auf dem kalten, steinernen Boden, kauerten Justy, meine große Liebe, und der Erschossene, meine kleine Liebe.
    Beide starrten lächelnd zu mir empor.
    Justy hielt einen Spiegel vor mein Gesicht. Ich lächelte auch. Der Spiegel war leer.
"Dieses Haus wird von nun an unser Reich sein", sagten meine große und meine kleine Liebe wie aus einem Mund. "Das Reich der Schatten. Und du unsere Schattenkönigin."
     
     
     
     
    Das Ritual
     
    L etzte Blätter wirbeln von den Bäumen. Eine Elster fliegt unruhig hin und her,

Weitere Kostenlose Bücher