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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sich sicher bald in Staub auflösen würde. Was war vorgefallen? Den klaffenden Wunden nach zu urteilen, war sie von Wölfen oder großen Hunden angegriffen worden. Wie war es ihnen gelungen, so nah an die Vampirin heranzukommen? Sie musste sie doch frühzeitig bemerkt haben. Bei all ihren Erfahrungen mit Vampiren konnte sich Tara nicht vorstellen, wie sie hätte überrascht werden können. Und doch sprach das Bild vor ihr davon. Áine war mitten in ihrer Wandlung gestorben. Der Kopf war schon seltsam verzerrt, Gesicht und Arme von Fell bedeckt, und doch war das vor ihr mehr der Körper eines Menschen denn eines Wolfes.
    Tara erhob sich und sah sich um. Dort drüben hatte der Kampf begonnen und dann hatten sich mehrere schwere Körper hier durch den Morast gewälzt. Die Druidin betrachtete den Platz, an dem sich die Angreifer auf Áine gestürzt haben mussten, und da verstand sie. An dieser Stelle war Peregrine gestorben. Áine war hierhergekommen, um zu trauern. Deshalb war es möglich gewesen, sie zu überrumpeln! Tara war überrascht. Sie hatte nicht gewusst, dass Vampire so sehr lieben - und um den Verlorenen so tief trauern konnten, dass selbst ihre feinen Instinkte sie im Stich ließen.
    Ein Geräusch ließ sie herumfahren. Was war das? Die Wölfe eilten an Áines Seite und selbst die Stute reckte ihre Nase dem blutigen Körper entgegen. Da begriff Tara. Die Vampirin hatte das Geräusch von sich gegeben. Sie war nicht vollständig vernichtet. Natürlich hatte sich ihr Körper kalt angefühlt und es waren keine Atemzüge zu spüren. Vampire mussten nicht atmen, und sie erholten sich von jeder noch so schweren Verletzung, solange ihr Herz nicht durchbohrt und ihnen der Kopf nicht abgeschlagen wurde. Sie war auch nicht mit einer silbernen Waffe verletzt worden, die eine Heilung schwer oder gar unmöglich gemacht hätte.
    Tara kniete sich neben die Vampirin, deren Züge sie nicht mehr  erkennen konnte. Noch immer sickerte Blut aus ihren Wunden und tränkte die Erde. Ihr Körper war so zerstört, dass er sich erst in der Totenstarre des Tages regenerieren konnte. Doch konnten die Wunden überhaupt heilen, solange ihr Körper in der Verwandlung stecken blieb? Versuchen musste sie es, und dazu war es unumgänglich, sie schleunigst von hier weg und an einen sicheren und vor allem dunklen Ort zu bringen. Hier draußen in den Bergen würde die Sonne in wenigen Stunden das Werk vollenden, das die Reißzähne ihrer Angreifer begonnen hatten. Tara rief die Stute zu sich, die sich folgsam neben der Vampirin niederließ. Die Druidin zog den reglosen Körper über den Rücken des Pferdes und hielt ihn fest, bis das Tier wieder aufgestanden war. Dann stieg sie in den Sattel.
    »Wir müssen vor Sonnenaufgang in Aughnanure sein«, schärfte sie der Stute ein, die wie zur Bestätigung leise wieherte. Dann trabte sie los. Sie ließ den Hang hinter sich und hielt auf das Dorf zu, das sich zu Füßen des Berges ausbreitete. Obwohl sich die ersten Menschen bereits von ihrem Nachtlager erhoben, nahm sich Tara nicht die Zeit, einen Bogen um Oughterard zu schlagen. Auf dem breiten Weg kamen sie schneller voran. Im Osten verlor der Himmel schon an Schwärze, als die Stute in den Hohlweg einbog, der zur Burg hinunterführte. Tara spornte die Stute ein letztes Mal mit aufmunternden Worten an. Selbst die Wölfe wirkten nun nach diesen Tagen erschöpft und trabten mit hängenden Köpfen an ihrer Seite. Tara aber saß noch immer gerade aufgerichtet im Sattel, als sie im ersten Lichtschimmer des neuen Tages in den Burghof von Aughnanure ritten.
     
    »Wo sind Catriona und Donnchadh?«, fragte Alisa.
    Ivy trat hinter den Freunden ins Freie. »Seht, sie sind auf dem Turm dort drüben mitten im Hof. Früher war er in die Mauer um den inneren Burghof eingebunden. Heute steht nur noch die äußere Mauer.«
    »Ah, sie halten wieder geheime Besprechungen ab!« Franz Leopold sah zu dem runden Türmchen mit der konischen Spitze hinüber, das frei im grasigen Burghof stand. Er runzelte die Stirn, dann schüttelte er bedauernd den Kopf. »Ich vermute, sie haben diesen Ort mit Bedacht gewählt. Da kommen wir nicht unbemerkt an sie heran.«
    »Wir nicht«, widersprach Luciano, »aber Ivy? Wie wäre es wieder mit einer Mäusevorstellung? So ein kleines Mäuschen im Gras fällt doch keinem auf. Und dann husch, die Stufen im Turm hinauf.« Die drei sahen Ivy erwartungsvoll an, die aber schüttelte den Kopf.
    »Nein, es gibt Dinge, die bei den Lycana tabu

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