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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Tapaidh.« Ivy streckte den Arm aus. Die Flügel weit ausgebreitet, die kräftigen Klauen vorgereckt, schoss der Adler auf sie zu. Ivy umschloss ihren Unterarm mit der anderen Hand, um den Schwung seiner Landung abzufangen.
    »Er muss ganz schön schwer sein«, vermutete Luciano.
    »Zumindest wenn er so herabgestürzt kommt«, stimmte ihm Ivy zu. »Nun? Was hast du zu berichten? Ist Tara eingetroffen?«
    Der Vogel sah sie aus seinen durchdringenden gelben Augen an. Franz Leopold versuchte, die Gedanken aufzufangen, die er ihr  sandte, aber es wollte ihm nicht gelingen. Konnte er seinen Geist abschirmen, obwohl er nur ein Vogel war? Er versuchte es noch einmal. Der Greif drehte den Kopf mit einem Ruck nach hinten und fixierte den Dracas.
    »Lenke ihn nicht ab«, bat Ivy, deren Stimme enttäuscht klang.
    »Was hat er gesagt?«, drängte Luciano, der sicher gar nicht erst versucht hatte, die Botschaft mit anzuhören. Bei Alisa dagegen war sich Franz Leopold nicht sicher. Sie lächelte so wissend in sich hinein.
    »Tara ist noch nicht in Aughnanure eingetroffen. Ich habe ihn gebeten, nach ihr zu suchen. Ich hoffe, sie ist bereits in der Nähe und kommt vor Sonnenaufgang, damit ich noch mit ihr sprechen kann.« Ivy dankte dem Greif, der einen heiseren Schrei ausstieß und sich wieder in die Lüfte erhob.
    »Kommt schnell weiter«, fordert Ivy die Freunde auf. »Wir sind gleich da.« Sie zeigte auf eine Baumgruppe vor ihnen. Die Freunde folgten ihrem Blick. Über den Blattkronen konnten sie einen Zinnenkranz aus grauen Steinblöcken erkennen.
    »Aughnanure, das Feld der Eiben, dem magischsten Baum der Kelten«, sagte Ivy feierlich. »Kommt, lasst uns hineingehen. Ich möchte euch eine ganz besondere Vampirin vorstellen. Ihr Name ist Áine, und ich bin mir sicher, dass zumindest Alisa ihr bald schon gebannt an den Lippen hängen und ihren Geschichten lauschen wird.«
     
    Áine kniete in der feuchten Erde. Der blutdurchtränkten Erde. Wieder einmal. Sie konnte ihn immer noch riechen, auch wenn es jede Nacht ein bisschen weniger wurde. Der Schmerz allerdings blieb unvermindert.
    Sie wusste später nicht mehr, warum sie sie nicht gewittert hatte. Hatte ihre Trauer sie so blind und taub gemacht? Alle ihre Sinne vernebelt? Oder wollte sie tief in ihrem Innern vernichtet werden und sehnte das Ende herbei? Nun jedenfalls wehrten sich  ihre Instinkte gegen die Gefahr. Das Jaulen und Heulen klang sehr nah. Zu nah! Sie sprang auf. Als Wolf wäre sie kaum schneller als die Meute und auch in ihrer menschlichen Gestalt würden sie sich an ihre Fährte heften. Sie musste fliegen. Sie rief die Nebel, doch nichts geschah. Áine hörte die trommelnden Pfoten.
    Konzentrier dich! Dann geht es umso schneller!
    Sie spürte die kalten Nebelschwaden um ihre Haut streichen. Gerade als sie das Bild der Fledermaus in sich rief, brachen sie durch die Büsche. Vier riesenhafte, zottige Bestien. Sie würde es nicht schaffen. Es war zu schwer. Ein Wolf zu werden war einfacher. Als Wolf würde sie sich wehren und gegen sie kämpfen können. Sie wischte die Fledermaus beiseite und ersetzte sie durch den Wolf, in dessen Gestalt sie mit Peregrine durch das Moor gelaufen war. Nacht für Nacht. Sie durfte jetzt nicht an Peregrine denken! Áine fühlte, wie Fell durch ihre Haut brach und ihr Körper sich zu winden begann. Ihr Gesicht zog sich in die Länge. Reißzähne wuchsen aus ihrem Kiefer.
    In diesem Augenblick gruben sich die Fänge des ersten Angreifers in ihren Arm. Ein zweiter schnappte nach ihrer Kehle. Áine wich zurück und spürte, wie er nur die Haut zu fassen bekam. Sie warf sich auf die Seite. Die Fänge hielten ihr Fleisch gepackt. Sie waren stark, doch die Vampirin riss sich los. Der Preis waren zwei klaffende Wunden an Arm und Bein. Wenn sie nur die Wandlung beenden könnte! Dann würde sie es ihnen zeigen, doch der Blutverlust schwächte sie, und sie konnte sich nicht konzentrieren, während die Bestien weiter nach ihr schnappten. Áine wusste, dass sie ihnen nicht entkommen würde und sie auch nicht besiegen konnte. Leicht würde sie es ihnen jedoch nicht machen! Sie biss zu und riss ein Büschel Fell, Haut und Fleisch aus einer Flanke. Ein schmerzerfülltes Heulen stieg in die Luft. Sie wehrte sich gegen ihre drei Angreifer mit einer Wut, die ihr neue Kräfte verlieh. Doch da sprang plötzlich ein schwerer Körper gegen ihren Rücken. Vier kräftige Pfoten stießen sie nieder. Áine überschlug sich und fiel mit dem Gesicht voran in

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