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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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fragte Luciano und betrachtete den reglosen Körper neugierig.
    »Sie wurde mitten in ihrer Wandlung angegriffen und so schwer  verletzt, dass sie das Bewusstsein verlor. Es ist zu viel Blut geflossen, als dass sie wieder zu sich kommen könnte.«
    »Aber sie wird sich während des Tages regenerieren«, sagte Franz Leopold, der auch ein wenig näher gekommen war. »Ist sie eine Unreine?«
    »Áine ist eine Servientin, ja. Aber ich kann nicht sagen, ob die normale Heilung einsetzen wird.«
    Alisa nickte. Sie verstand. »Weil ein Teil von ihr bereits Wolf ist.«
    »Versuchen kann man es ja«, sagte Franz Leopold. »Und wenn es nicht funktioniert …« Er sprach den Satz nicht aus und zuckte stattdessen nur mit den Achseln.
    Alisa fuhr zu ihm herum. »Dann ist es ja nur eine Unreine, wolltest du das sagen? Sie ist ja nichts wert, unwichtig, ob sie existiert oder vernichtet wird. Man kann sich ja neue Schatten besorgen!«
    »Es ist immer wieder erstaunlich, welche Aggressionen in dir schlummern«, erwiderte er, ohne auf ihren Vorwurf einzugehen.
    »Fasst bitte mit an«, forderte sie Tara auf. »Ich bin eine alte Frau und kann sie alleine nicht tragen. Es war Luciano, der vorsprang, den leblosen Körper in seine Arme nahm und Tara zum Turm folgte. Ivy zeigte ihm den schmucklosen Sarg im unteren Lagerraum, in dem Áine zu ruhen pflegte, und Luciano bettete sie erstaunlich sanft in ihre Kissen und schloss dann den Deckel.
    »Könnt Ihr noch etwas für sie tun, um die Regeneration zu beschleunigen?«, fragte Alisa die Druidin. Sie wagte nicht, ihr direkt in die Augen zu sehen. Sie war sich ihrer Anwesenheit jeden Moment auf fast schmerzliche Weise bewusst. War es nur, weil Alisa es nicht gewohnt war, einem Menschen so nahe zu sein, oder rief die uralte Magie der Druiden, die sie wie eine Aura umgab, dieses Gefühl hervor?
    »Wir können leider nur abwarten. Vielleicht schafft sie es, ihre Kräfte so weit zurückzugewinnen, dass sie die Wandlung in eine Richtung zu Ende bringen kann. Dann wird sie genesen. Wenn  nicht, habe ich kein Mittel, ihr zu helfen. Ich habe so etwas nur einmal erlebt und da gab es keine Rettung mehr.«
    »Du kannst ihr nicht helfen?«, rief Ivy aus. »Wenn nicht du, dann kann es niemand. Arme, verlorene Áine.« Sie klang erschüttert. Für einige Augenblicke stand sie still da, dann hob sie den Blick und sah die Druidin an. Sie war wie ausgewechselt. Sie strahlte nun vibrierende Unruhe aus.
    »Wann brechen wir auf?«
    »Heute Abend, sobald die Sonne untergegangen ist. Es ist die Nacht des Neumondes, wie Áthair Faolchu es bestimmt hat. Ich werde mich nun mit Donnchadh und Catriona besprechen.« Die Druidin ging in den Hof zurück. Ihre beiden grauen Wölfe folgten ihr.
    Ivy sah Tara nach. In ihrer Miene war Missfallen zu lesen. Es war ein wenig seltsam, wie rasch ihre Stimmungen sich wandelten, seit sie Aughnanure vor kaum zwei Stunden betreten hatten. Nein, verbesserte sich Alisa, seltsam war, dass man es ihr ansah. Vielleicht hatte Ivy den Gedanken aufgefangen, denn sie setzte plötzlich das freundliche Lächeln auf, das sie so gut an ihr kannten.
    Die Freunde folgten der Druidin ins Freie, doch weit kamen sie nicht. Catriona rief die Erben in den Turm und forderte sie auf, ihre Särge aufzusuchen. So folgten sie der Lycana durch den Rundbogen der Eingangstür, über der - hoch oben am Zinnenkranz - eine Pechnase vorsprang, durch die man in früheren Zeiten heißes Öl oder Pech schütten und ungebetene Besucher gebührend hatte empfangen können. War die Tür dennoch eingenommen, warteten Bogenschützen im ersten der sechs Stockwerke und schossen Pfeile durch ein Loch in der Decke auf die hereindrängenden Angreifer. Catriona führte sie die Wendeltreppe hinauf, die sich, wie in allen irischen Burgen, links herum nach oben wand. Wieder sollten die Verteidiger des Turms einen Vorteil haben. Sie konnten ihr Schwert rechts frei schwingen, während die Angreifer im engen Treppengewinde in ihren Bewegungen eingeschränkt waren. Ebenfalls Absicht sei es, dass die  Treppenstufen unterschiedlich hoch waren, erklärte Ivy Luciano, als er über die mangelnde Kunstfertigkeit der irischen Burgenbauer spottete. Nicht mangelndes Können sei hierfür verantwortlich. Sie sollten Stolpersteine für Fremde sein, die die Burg zu stürmen versuchten. Die Hausherren hatten bis dahin längst gelernt, welche Stufen höher und welche niedriger waren.
    Sie stiegen bis zum oberen der Hauptstockwerke, über dem eine

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