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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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streckte die Hand nach dem zweiten Degen aus. »Ich nehme an, du weiß nicht damit umzugehen?« Alisa schüttelte den Kopf. »Dann ist es wohl besser, du überlässt ihn mir.«
    Mit verdutzter Miene übergab Alisa der schönen Wienerin den Degen. Sie raffte mit der einen Hand ihr langes Gewand, machte einen Ausfallschritt und ließ die Klinge ein paar Mal scharf durch die Luft sausen.
    »Gar nicht übel«, gab sie widerstrebend zu und gesellte sich mit kriegerischer Miene zu ihren Vettern. Marie Luise starrte sie vorwurfsvoll an.
    »Alleine bleibe ich nicht hier!«, rief sie und eilte zu den anderen. »Dann schon lieber dieser Wahnsinn, von dem ich nicht begreife, warum ihr euch damit abgeben wollt!«
    »Sagen wir einfach, wir hatten genug Schafe, Wölfe und Fledermäuse und verlangen nach Abwechslung.« Anna Christina schnaubte abfällig.
    Sören und Mervyn beobachteten das Geschehen aufmerksam. »Sören, bleibst du bei Mervyn?«, bat Ivy. »Wir sollten ihn nicht alleine zurücklassen.«
    Mervyn bückte sich nach der Axt und wog sie in der Hand. »Ich komme natürlich mit! Das Mittel der Druidin wirkt wahre Wunder. Die Schmerzen sind zu ertragen. Ich werde euch ganz sicher nicht zur Last fallen oder zu langsam vorankommen!«
    »Und wenn, dann werde ich ihm helfen!«, betonte Sören.
    Ivy sah in die Runde. In ihren Augen standen Entschlossenheit und Abenteuerlust. »Wir dürfen die Erben der Familien nicht leichtfertig in Gefahr bringen. Wir müssen unseren Weg sehr sorgfältig wählen«, sagte sie leise zu Alisa.
    »Wie kommen wir auf die andere Seite«, gab diese zurück. »Wir können uns in der Mine nicht alle in Fledermäuse verwandeln.«
    Ivy schüttelte den Kopf. »Nein, das ist unmöglich. Viele sind noch nicht so weit.«
    »Müssen wir dann zu Fuß um den See?« Luciano zog eine Grimasse. »Er ist ziemlich weitläufig, nicht wahr?«
    »Ja, das würde zu lange dauern«, sagte Ivy. »Ich habe eine andere Idee. Folgt mir!«
    Nachdem sie alle Waffen, derer sie habhaft werden konnten, unter sich aufgeteilt hatten, machten sie sich auf den Weg. Sie sprachen nicht viel, doch die Anspannung war in ihren Gesichtern zu lesen, als sie Ivy am Ufer des Lough entlang nach Norden folgten.
     
    »Was ist los?« Nellie schreckte auf. War sie auf dem Rücken ihres Ponys eingenickt? Das sanfte Schaukeln hatte sie schläfrig gemacht, obwohl die Träume, in die sie versank, von erschreckenden Bildern durchsetzt waren, unter die sich immer wieder die Toten mit herausgerissenen Kehlen mischten. Nun, da die Pferde plötzlich anhielten, kehrte ihr Geist zu dem nächtlichen Zug zurück.
    »Warum halten wir an?«, fragte Nellie ihren Bruder.
    Von vorn waren erregte Worte zu hören. Ihr Vater, Lorcan und Mac Gaoth stritten über irgendetwas.
    »Worum geht es?«, wollte Nellie wissen.
    Cowan hob die Schultern. »Woher soll ich das wissen?« Er trieb sein Pony näher heran. Endlich kam er zurück.
    »Und?«, drängte seine Schwester.
    »Mac Gaoth will, dass wir dem Ostufer des Lough folgen.«
    Nellie starrte ihren Bruder verdutzt an. »Warum um alles in der Welt will er das denn? Wir müssen die Waffen in den Bergen verstecken, wo sie keiner findet. Müssen durch die Moore ziehen, wo man unseren Spuren nicht folgen kann.«
    »Das sagen Vater und Lorcan auch, aber Mac Gaoth besteht darauf, dass er ein perfektes Versteck kennt. Es hat den Vorteil, dass wir - wenn es denn mit dem Aufstand losgeht - die Waffen nicht  erst aus dem unwegsamen Gelände Connemaras holen müssen. Was kein dummer Gedanke ist, wenn du mich fragst.«
    Nellie wiegte den Kopf. »Ich traue ihm nicht. Es ist ein Fehler, dass wir uns mit so einem eingelassen haben.«
    »Warum? Was er bisher vorgeschlagen hat, war zu unserem Vorteil. Sieh nur, wie viele Waffen wir erbeutet haben. Wir sind durch Mac Gaoth unserem Ziel ein großes Stück näher gekommen.«
    Nellie schwieg. Sie dachte wieder an die beiden schrecklich zugerichteten Toten, doch wie sollte sie ihrem Bruder ihren ungeheuerlichen Verdacht mitteilen, den sie selbst nicht recht glauben wollte?
    »Hat er gesagt, was das für ein Versteck ist? Wo liegt es?«
    »Soviel ich verstanden habe, können wir es noch vor dem Morgengrauen erreichen. Es ist ein verlassenes Kloster.«
    »Ein Kloster? Und das soll sicher sein? Selbst wenn es nur noch eine Ruine ist, kommen Menschen dorthin, um ihre Verstorbenen auf geheiligtem Boden zu begraben - vor allem hier in Connemara, wo sie die Toten davor beschützen müssen, von den

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