Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Blutsaugern der Nacht geschändet zu werden!«
    Cowan zog eine Grimasse. »Dass du diesen Quatsch glaubst, mit dem die Großmutter uns Kinder erschrecken wollte.«
    »Sie wollte uns nicht erschrecken«, widersprach Nellie. »Sie hat uns nur weitererzählt, was man ihr im Laufe ihres langen Lebens zugetragen und was sie selbst erlebt hat.«
    »Lauter Hirngespinste von senilen, alten Leuten, die nicht mehr gut hören und sehen.«
    »Ach ja? Und was war das für ein Wesen, das die Bluthunde gejagt haben und das sich dann plötzlich in Luft aufgelöst hat? Ein Mensch war es jedenfalls nicht!«
    »Aber sicher auch kein Vampir oder Werwolf oder an was du sonst noch so glaubst.«
    »Und warum nicht? Weil mein Bruder als Einziger so schlau ist und alles besser weiß als die vielen Leute, die ein paar Dutzend Jahre mehr auf dem Buckel haben?«
    »Psst! Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen!«, herrschte Fynn sie an. Die beiden verstummten. Sie hatten gar nicht gemerkt, wie ihre Stimmen in der nächtlichen Stille davongetragen wurden. Nun erst wurde ihnen bewusst, dass die Männer am Beginn des Zuges verstummt waren. Nellie spürte Mac Gaoths bohrenden Blick auf sich. Dann befahl der Vater, weiterzureiten. Statt die Furt zu durchqueren, wandte er sich dem Ostufer des Lough zu. Mac Gaoth hatte sich also wieder einmal durchgesetzt.
     

ROSS ERRILY
    »Warum halten wir denn schon wieder an?«, fragte Nellie ungeduldig, obwohl sie mindestens zwei Stunden stumm hintereinander hergeritten waren. Immer wieder war sie eingenickt. Nun tat ihr alles weh, sie war erschöpft, hungrig und durstig und ersehnte nichts mehr als ein weiches Bett und viele Stunden Schlaf. Jede weitere Verzögerung zehrte an ihren Nerven.
    Cowan ritt vor, um sich zu erkundigen. »Mac Gaoth sagt, wir sollen hier in dem Hain auf ihn warten. Er muss kurz etwas erledigen. Er kommt gleich zurück, damit wir gemeinsam zu dem Versteck reiten können, das wir schon bald erreichen werden.«
    »Mac Gaoth sagt«, äffte Nellie ihn nach. »Sind wir zu seinen Handlangern verkommen? Haben wir nicht unsere eigenen Anführer, die uns sagen, was wir tun sollen?«
    Ihr Bruder hob die Schultern. »Er hat uns von dem Lagerhaus erzählt, daher hat er bei dieser Operation auch das Kommando, und alle ordnen sich unter. Er muss zu Ende führen, was er begonnen hat.«
    »Ich hoffe nur, dass wir dieses Ende bald erreichen und Vater dann die Zügel wieder in die Hand nimmt«, erwiderte Nellie mürrisch.
    »Ah, da ist jemand müde und schlecht gelaunt. So etwas ist eben nichts für Kinder«, spottete ihr Bruder. »Das habe ich dir gleich gesagt, aber du meinst ja, alles besser zu wissen, und hast alles drangesetzt, deinen Dickschädel bei Vater durchzusetzen. Vielleicht lernst du daraus und bleibst das nächste Mal im warmen Nest bei Tante Rosaleen.«
    Nellie streckte ihrem Bruder die Zunge heraus. Im Stillen aber dachte sie, wie gern sie jetzt bei der Tante wäre. Und doch, wie  könnte sie Ruhe finden, während sich ihr Vater und ihr Bruder und all die anderen, die sie ihr Leben lang kannte, in Gefahr begaben?
    Wann wird das alles vorbei sein? Wann werden wir zu unserem friedlichen Leben zurückkehren? Und wer von uns wird dann noch am Leben
    sein? Eine kalte Faust schien sich um ihr Herz zu legen und ihr die Luft zu rauben.
    Das ist nur der lange Ritt, sagte sie sich, während sie ein wenig auf und ab ging, um die Steife aus den Beinen zu verjagen. Das hat nichts zu bedeuten. Wirklich nicht?
    Nellie hatte gelernt, ihren Ahnungen zu vertrauen, doch in dieser Stunde konnte sie nicht anders als sie verdrängen. Ihnen ins Auge zu sehen, wäre über ihre Kräfte gegangen. Nellie faltete die Hände und begann zu beten. Für sich, für ihre Familie und Freunde und für das Land, das in Flammen aufzugehen drohte.
     
    »Bleibt hier verborgen«, gebot Ivy den anderen.
    »Warum nehmen wir uns nicht einfach eines der Fischerboote«, murrte Maurizio, dessen Kater bereits dabei war, die am Steg vertäuten Schiffe zu inspizieren.
    Ivy schüttelte den Kopf. »Ihr wartet! Es wird nicht lange dauern.« Sie weigerte sich sogar, Alisa oder Luciano mitzunehmen, und schritt mit Seymour an der Seite zu einem Fischerhäuschen, das ein wenig weiter den Hügel hinauf zu sehen war. Sie klopfte. Nichts geschah. Ivy klopfte noch einmal. Endlich hörte sie schlurfende Schritte und die Tür wurde aufgezogen. Der alte Mann zeigte keine Anzeichen von Überraschung, mitten in der Nacht ein silberhaariges

Weitere Kostenlose Bücher