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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Bogen weiter nach Süden. Sie achteten darauf, dass sie vom Kloster aus immer wieder gesehen wurden, jedoch so viel Distanz hielten, dass sie von den Kugeln nicht mehr getroffen werden konnten. Gewehrsalven und das sirrende Geräusch der Geschosse begleiteten sie. Es war ein gefährliches Spiel, da sie nicht genau wussten, wie weit die Kugeln reichten, und trotzdem so nah am Kloster bleiben mussten, dass die Werwölfe sie bemerkten und  sie für ein lohnendes Ziel hielten. Bald schon stellten sie fest, dass die Waffen und auch ihre Schützen nicht alle gleich gut waren. Sie hörten die Geschosse im Gebüsch einer nahen Böschung einschlagen und huschten in, wie sie dachten, sicherem Abstand über eine Wiese, als plötzlich eine weitere Kugel geradewegs auf sie zuflog. Alisa bekam von Malcolm einen Stoß in den Rücken und fiel auf die Knie. Die Kugel rauschte über sie hinweg, erwischte aber Malcolm am Oberarm. Er fluchte vernehmlich.
    »Los, weiter, darum können wir uns später kümmern!«, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Sie zogen sich noch ein Stück weiter zurück und beobachteten aufmerksam die dunklen Fensteröffnungen der Klosterruine.
    »Einer von denen ist ein verdammt guter Schütze«, sagte Luciano, der nun eng an Alisas Seite blieb. Drüben im Kloster erscholl plötzlich ein Schrei. Männer rannten aufgeregt hin und her. Schüsse krachten. Die jungen Vampire hielten inne. Geduckt verharrten sie und ließen aufmerksam die Blicke schweifen. Im Osten hatten sich die Nebelschwaden verdichtet. Sie lauschten. Was war geschehen? Hatten die Werwölfe das Fehlen des Steins bemerkt? Oder waren die Freunde etwa auf frischer Tat ertappt worden? Wieder knallte ein Schuss. Alisa zuckte zusammen.
     
    Sie kann einfach so Nebel herbeirufen? Sie ist ein Mensch! Franz Leopold konnte es nicht glauben.
    Ja, das ist sie, aber auch eine Druidin mit magischen Kräften. Wie sonst hätte sie so alt werden können? Sie ist der Natur näher als ein Mensch und kann über die Elemente gebieten.
    Ivy und Franz Leopold saßen auf dem First über der kleinen Zelle, in der Tara und Seymour festgehalten wurden.
    Da! Sieh, es beginnt!
    Die beiden Falken reckten die Hälse, bis sie die schmale Fensteröffnung sehen konnten, aus der nun dichter Nebel quoll. Er floss an den rauen Mauersteinen hinab und breitete sich am Fuß  der Mauer nach allen Seiten aus, bis der Westwind ihn erfasste und vor sich her nach Osten trieb. Die beiden warteten noch, bis die Nebelschwaden den Chor des Kirchenschiffs erreichten, dann spannten sie die Flügel und schossen wie Pfeile durch die offenen Spitzbogenfenster in die Kirche. Rasch sahen sie sich um. Der Stein lag noch immer auf dem Altar und wurde - wie sie es vermutet hatten - im Eifer des Kampfes nicht bewacht.
    Es ist nicht nötig, dass wir uns beide zurückverwandeln, meinte Ivy.
    Ja, da hast du recht. Ich werde den Stein nehmen, sagte Franz Leopold bestimmt.
    Das ist sehr rücksichtsvoll von dir, gab Ivy zurück, doch er unterbrach sie.
    Ja, rücksichtsvoll meiner Familie gegenüber, die nicht in diesem Kampf, der sie nichts angeht, sinnlos geopfert werden soll. Es wird Zeit! Vielleicht ist es dir ja entgangen, doch der Himmel erhellt sich bereits.
    Ivy ging nicht auf seine verletzenden Worte ein. Ich werde es tun, denn mir wird das Gewicht des Steines nichts anhaben. Ich bin stark und schnell!
    Sie fing seine Gedanken auf, als er sich mit einem Schauder daran erinnerte, woher diese Stärke kam. Mit jedem Jahr, das seit ihrer Verwandlung zu einem Vampir vergangen war, steigerten sich ihre Kräfte - und das schon beinahe einhundert Jahre lang!
    »Wenn du möchtest, kannst du über mir fliegen und Ausschau halten, ob der Weg frei ist«, sagte Ivy steif. Sie landete neben dem Altar, wandelte sich blitzschnell und griff nach dem Stein, der mehr als zwei Fuß lang war und sehr schwer sein musste. Ivy hob ihn hoch. Den cloch adhair an die Brust gepresst, sprang sie aus dem Fenster und lief los. Der Falke blieb über ihr in der Luft.
     
    »Verflucht, was tun die dort eigentlich?«, schimpfte Mac Gaoth vor sich hin. Er legte an, zielte und zog den Abzug durch.
    »Du hast einen getroffen!«, frohlockte der Werwolf an seiner Seite, den sie Ivarr nannten.
    »Ja, und dennoch ziehen sie sich nicht zurück. Stattdessen schleichen sie dort draußen, in mehrere Gruppen aufgeteilt, herum. Sie haben irgendetwas vor und ich will wissen, was!« Mac Gaoth warf Nellie einen scharfen Blick zu, während er

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