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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Rücken des Mädchens plötzlich straffte, und sie konnte spüren, dass es begriff. Ganz langsam wandte sie sich um und ließ den Blick zum Fenster wandern, in dem Wissen, was sie dort finden würde, und dennoch mit dem Hauch der Hoffnung, dass ihr Gefühl sie trog.
    Natürlich hätte sich die Vampirin rechtzeitig ungesehen davonmachen können. Vielleicht war es der Reiz der Gefahr, der sie stattdessen noch ein Stück näher herantreten und durch den Spalt sehen ließ, bis ihr Blick in dem des Mädchens versank. Die hypnotische Wirkung ließ sie erstarren. Ihre blauen Augen versanken in den tiefgrünen der Vampirin. Áine lockerte den Griff um ihren Geist ein wenig, sodass das Entsetzen Fuß fassen konnte. Nellie holte tief Luft und stieß dann einen klagenden Laut aus. Die Männer verstummten und wandten sich verwundert zu ihr um. Ihre Hand zitterte, als sie auf das Fenster zeigte.
    »Da ist es wieder! Das Wesen ist zurückgekehrt«, hauchte Nellie und sackte gegen die Wand. Ihre Knie gaben nach, und so rutschte sie hinab, bis sie sich auf dem Boden zusammenkauerte. Myles reagierte als Erster.
    »Lasst die Hunde los, schnell! Cowan, du kümmerst dich um deine Schwester.« Und schon war er bei dem Verschlag und riss die Tür auf. Diese Biester nur Hunde zu nennen, war eine grobe Untertreibung, dachte die Vampirin. Jaulend und kläffend drängten sie sich zur Tür, die Reißzähne entblößt und nach Blut lechzend. Doch das ihre würden sie in dieser Nacht nicht bekommen!
    Myles griff nach seinem Gewehr. Mit der anderen Hand zog er den Riegel der Hüttentür zurück. Es wurde Zeit zu gehen! Die ersten beiden Hunde schoben bereits die Köpfe durch den Spalt, als sich Áine abwandte und auf die Büsche zulief. Ein Schuss krachte und die Kugel schlug in einen Baumstamm kaum einen Schritt von ihr entfernt. Wer hätte dem einfachen Fischer eine  solch schnelle Reaktion zugetraut! Áine konnte die Hunde hinter sich hören. Nun, sollten sie nur versuchen, sie zu fangen. Das würde ein spannender Wettlauf werden. Sich in einen Wolf zu verwandeln, fehlte ihr die Zeit. Die Hunde waren bereits zu nah. Die Vampirin schlug einen Haken und umrundete das erste Dorf. Noch immer hörte sie das Kläffen hinter sich. Die Hunde waren ausdauernder, als sie gedacht hatte. Und auch schneller. Áine beschleunigte ihre Schritte noch ein wenig. Der Wind kühlte ihre Wangen und wehte ihr Haar zurück. Obwohl sie heute Nacht mit Peregrine bereits eine gute Strecke gerannt war, spürte sie keine Müdigkeit. Sie durfte die Hunde nicht zu nah an die Burg heranführen. Die Vampirin lief einen großen Kreis, konnte die Bluthunde aber nicht abschütteln. Es wurde Zeit, zu einem anderen Trick zu greifen. Rasch sah sie nach rechts und links, bis sie in dem von Moorgräsern und vereinzelten Büschen bewachsenen Tal einen Baum entdeckte, der ihr geeignet erschien. Sie lief darauf zu, erklomm den untersten, dicken Ast und zog sich hoch. Geschickt kletterte sie höher und hatte die Krone bereits erreicht, als die Hunde unter dem Baum schlitternd zum Stehen kamen. Natürlich erspähten sie ihre Beute in den Zweigen und sprangen kläffend am Baumstamm hoch. Hinauffolgen konnten sie ihr jedoch nicht, und bis die Männer mit ihren Gewehren kamen, wäre sie längst verschwunden.
    Áine schloss die Augen und konzentrierte sich. Das Kläffen und Jaulen klang nur wie von weiter Ferne zu ihr. Sie spürte, wie ihr Geist den Nebel anzog. Seine kalten Schwaden leckten über ihre Haut und begannen zu kreisen. Die Stimmen von Männern drangen in ihr Bewusstsein. Sie waren schon näher, als sie geglaubt hatte. Der Nebel verwehte. Nein! Sie musste sich ganz auf ihre Verwandlung konzentrieren! Wieder verebbten das Gebell und die Stimmen, und dann fühlte sie das Ziehen und den kurzen stechenden Schmerz, der mit der Wandlung einherging. Als sie die Augen öffnete und der Nebel sich auflöste, nahm sie ihre Welt mit den Sinnen einer Fledermaus wahr. Sie breitete die Schwingen  aus, ließ sich von dem Ast fallen und stieß eine schnelle Abfolge hoher Töne aus. So wenig sie sehen konnte, umso präziser zeichnete sich jedes Hindernis, an dem die Schallwellen abprallten, in ihrem Kopf ab. Áine flatterte einmal um die Köpfe der Bluthunde und flog dann zu den Männern, die mit einem weiteren Hund an der Leine verschwitzt und völlig außer Atem der Spur folgten.
    Ich muss unser Spiel nun leider beenden, dachte sie, zog noch eine Schleife und flatterte dann in Richtung

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