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Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Titel: Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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die er keine Antwort wusste.
    Es war schon spät und die Kirche dunkel, abgesehen von den brennenden Kerzen auf dem Altar. In New Mexico wurde es nachts sehr still. Juno schlief noch. Pater Luis blies die Kerzen aus und ging zu Junos Zimmer. Er blieb vor der geschlossenen Tür stehen und legte die Hand an den eisernen Türknauf. Wenn er seinen Neffen jetzt nicht weckte und ihm alles erzählte, würde er die Wahrheit mit ins Grab nehmen.
    Er hörte ein Geräusch hinter der Kirche und zuckte zusammen. War das die Hintertür? Hatte er wieder einmal versäumt, sie zu verriegeln? Dankbar für die Ablenkung ging Pater Luis in die Kirche zurück. Die Tür zum Garten stand offen, und das Licht einer Taschenlampe tanzte durch die Dunkelheit. Ihm kam in den Sinn, die Polizei zu rufen, aber dann ließ er es bleiben. Er ging langsam auf die geöffnete Tür zu und hörte ein leises Keuchen. Jemand hob im Garten ein Erdloch aus.
    Angestrengt spähte Pater Luis hinaus, doch er konnte den Eindringling nicht erkennen, ohne sich selbst zu verraten. Als er die Tür aufstieß und hinaustrat, verstummten die Geräusche, und Pater Luis entdeckte ein bekanntes Gesicht.
    »Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht, mein Sohn. Wo sind Sie gewesen?«
    »Ich hatte viel zu tun, Pater. So unglaublich viel!«, antwortete der Mann in ernstem Ton.
    »Was machen Sie da?« Der Priester betrachtete den Spaten und noch etwas, das im Licht der Taschenlampe lag, und seine Eingeweide krampften sich vor Angst zusammen. Er wich zurück, und sein vager Verdacht, den er den Polizisten gegenüber verschwiegen hatte, wurde zur Gewissheit. Er starrte den Mann an und erkannte ihn nicht wieder. Der irre, unstete Blick, das zerzauste Haar, der zu einem höhnischen Lächeln verzerrte Mund gehörten einem verrückten Fremden.
    »Mein Sohn«, sagte Pater Luis mit zitternder Stimme, »keine Sünde ist so groß, dass der Herr sie nicht vergibt. Komm mit mir.«
    »Doch, Pater. Ich habe alle Hände voll zu tun, die Arbeit des Herrn zu Ende zu bringen. Ich weiß, Sie können das nicht verstehen, auch wenn Sie selbst ein Mann Gottes sind.«
    Noch bevor er den letzten Satz beendet hatte, machte der Priester auf dem Absatz kehrt und versuchte zu fliehen, aber der Killer stürzte sich so blitzschnell auf ihn wie ein Löwe auf eine Gazelle. Pater Luis’ Knie gaben nach, und mit einem Skalpell im Hals ging er zu Boden. Kein Ton kam über seine Lippen, als er, kurz bevor er starb, einen letzten Blick in den Nachthimmel warf. Der Mörder kniete auf seiner Brust und schaute zu, wie das Blut aus dem Hals seines Opfers in der feuchten, schwarzen Erde versickerte.
    »Asche zu Asche, Staub zu Staub.« Er wartete und war nicht überrascht, als ihm wieder der kleine Engel erschien.
    »Daddy!«
    Er griff nicht nach dem Jungen. Das würde ihn nur vertreiben. Still blieb er sitzen und betrachtete das wunderschöne Kind. Der Priester hielt die Hand des Jungen. Wie friedlich er jetzt aussah. Er hatte keine Wahl gehabt und Pater Luis töten müssen. Trotzdem war der Pater ein guter Mann. Schade, dass er ausgerechnet jetzt in den Garten gekommen war.
    »Daddy, ich nehme ihn mit zu Gott. Er wollte sowieso dorthin. Du hast das Richtige getan, wie immer!«
    »Danke, mein Junge.«
    Der kleine Engel und der Pater drehten sich um und liefen in die dunkle Wüste, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Er war so erschöpft, doch er hatte noch viel Arbeit vor sich, er musste ein zweites Grab ausheben.
    Doch eins nach dem anderen. Er ließ den leblosen Pater liegen und trat an das Loch. Nicht zum ersten Mal buddelte er im Kirchgarten herum.
    »›Denn siehe, die Gottlosen spannen den Bogen und legen ihre Pfeile auf die Sehnen, damit heimlich zu schießen auf die Frommen‹«, betete er, während er Maria Lopez’ Herz aus dem Formaldehydglas holte und in die kalte, feuchte Erde legte.
    Wieder dachte er an Lydia Strong und erinnerte sich, wie sie in diesem Garten gestanden hatte. Sie hatte seine Präsenz gespürt. Natürlich ahnte sie nicht, was hier begraben lag, aber sie würde es bald erfahren. Er schüttete das Loch zu, pflanzte ein paar Blumen wieder ein und trat die Erde ringsum fest. Dann richtete er den Lichtkegel seiner Taschenlampe zu Boden und überzeugte sich, dass er keine sichtbaren Spuren hinterlassen hatte. Zurück am Auto holte er einen Leichensack aus dem Kofferraum. Er breitete ihn aus, rollte die Leiche des Priesters darauf und zog leise den Reißverschluss zu.

NEUNZEHN
    G reg stand am

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