LYING GAME Und raus bist du
Tennisplätzen. Ein paar jüngere Spielerinnen folgten ihr. Das Kichern wurde immer lauter und hallte von den Wänden der Turnhalle wider.
Emma knüllte die Uniform wütend zusammen. Noch nie war jemand so offen gemein zu ihr gewesen. Nisha musste Sutton wirklich hassen.
Ich dachte genau dasselbe. Und es machte mich ein bisschen nervös.
Charlotte ging auf Emma zu, den Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst. »Wie kann sie es wagen, dir das anzutun«, zischte sie Emma ins Ohr. »Denkst du das, was ich denke?«
Emma starrte sie ausdruckslos an.
»Wir machen sie fertig«, schloss Charlotte. »Und zwar bald.«
Sie fertigmachen ? Emma bekam ein ungutes Gefühl in der Magengrube. Aber bevor sie etwas erwidern konnte, zog Charlotte sie zum Ausgang und führte sie in den gnadenlosen Sonnenschein Arizonas hinaus. Und wir zwei fragten uns, wovon sie gesprochen hatte.
12 – Emmas erstes Abendessen im Familienkreis
Als Emma vom Training nach Hause kam, drang ihr sofort der Duft von Steak, Ofenkartoffeln und Brötchen in die Nase. Mrs Mercer reckte den Kopf aus der Küchentür. »Da bist du ja. Das Abendessen ist fertig.«
Emma fuhr sich mit der Hand durch das nasse Haar. Jetzt gleich? Sie hatte auf ein paar Minuten Ruhe vor dem Essen gehofft. Sie wäre gerne nach oben gegangen, um sich in Embryonalstellung zusammenzurollen und um die tote Schwester zu trauern, die sie nie gekannt hatte. Und um sich zu überlegen, was sie als Nächstes tun sollte …
Sie ließ Suttons Tennistasche im Foyer auf den Boden fallen und ging in die Küche. Mrs Mercer trug Wassergläser zum Küchentisch, während Mr Mercer eine Weinflasche entkorkte und zwei Gläser einschenkte. Laurel saß bereits am Tisch und fummelte an ihrer Gabel herum. Nach dem Tennis war sie einfach abgehauen, ohne Emma eine Mitfahrgelegenheit anzubieten.
Emma setzte sich neben Laurel. Neben ihrem Wasserglas stand ein winziger Origami-Kranich. Laurel räusperte sich und zeigte darauf. »Du solltest ihn auseinanderfalten.« Emma starrte auf den Kranich und sah sich dann ängstlich im Zimmer um. Sie hätte ihn lieber nicht geöffnet. Wahrscheinlich befand sich nur eine weitere gruselige Botschaft darin. Aber Laurel starrte sie erwartungsvoll an. Das glänzende Origamipapier knisterte, als Emma langsam den Vogel entfaltete. Auf der weißen Innenseite las sie die Worte: Ich verzeihe dir. – L.
»Nishas Party muss doof gewesen sein.« Laurel verdrehte ihre Stoffserviette in den Händen. »Und ich habe Charlotte nach dem Tennis gefragt. Sie hat mir bestätigt, dass Madeline dich gekidnappt hat.«
Emma faltete das Papier wieder zu einem Kranich und berührte Laurels Arm. »Danke.« Endlich glaubte ihr jemand wenigstens eine einzige Sache.
»Kein Thema«, sagte Laurel und warf Emma einen verstohlenen, hoffnungsvollen Blick zu.
Plötzlich erschien ein Erinnerungsfetzen zu Laurel vor meinem inneren Auge. Ich sah uns beide vor einem Tor stehen, an dem ein Schild mit der Aufschrift La Paloma Spa-Pool – nur für Gäste! hing. Wir trugen beide Frotteeshorts und riesige Sonnenbrillen.
»Tu einfach so, als würdest du hierhergehören«, sagte ich zu Laurel und nahm ihre Hand. Sie hatte mir daraufhin den gleichen loyalen »Du-bist-meine-große-Schwester-und-ich-will-so-werden-wie-du«-Blick zugeworfen, mit dem sie Emma gerade bedachte.
Wir waren also Freundinnen gewesen … zumindest irgendwann. In meiner Erinnerung an die heißen Quellen definitiv nicht mehr.
»Vielleicht kannst du es ja wiedergutmachen«, sagte Laurel zu Emma und verschränkte die Arme vor der Brust. »Maniküre bei Mr Pinky nächste Woche vor deiner Geburtstagsparty? Vielleicht am Mittwoch?«
»Okay«, sagte Emma, obwohl der nächste Mittwoch auch im nächsten Jahrtausend hätte liegen können. Würd e sie nächste Woche überhaupt noch hier sein?
Mrs Mercer zog mit einem lauten Scheppern eine Servierschale aus dem Ofen, während Mr Mercer glänzende Steakmesser aus einer Schublade holte. Laurel beugte sich vor. Ihre Bluse klaffte auf, und Emma konnte den Rand ihres rosafarbenen Spitzen- BH s sehen. »Warum bist du heute früh abgehauen?«, fragte sie. »Mads hat mir gesagt, vor der ersten Stunde hätte dich ein Streifenwagen zur Schule gebracht.«
Emma erstarrte. »Ich wollte schwänzen«, flüsterte sie. »Ein Bulle hat mich gesehen und gesagt, wenn ich nicht mit ihm zurück zur Schule fahre, dann erhöht er mein Bußgeld für das abgeschleppte Auto.«
»Wie fies.« Eine honigblonde Locke
Weitere Kostenlose Bücher