Lykandras Krieger 2 - Blutsklavin (German Edition)
Frau zuzuordnen. „Was führt dich zu mir? Möchtest du Tee? Ich habe gerade Wasser aufgesetzt.“
Theresa schüttelte den Kopf und war erleichtert ihre Stimme zu hören, aber unterließ es, sie zur Begrüßung zu umarmen. Aurora mochte keinen Körperkontakt. Sie war anders, und Theresa war sich nicht sicher, ob sie überhaupt menschlich war. Die Freundin wohnte nicht nur an diesem seltsamen, dunklen Ort, sie verbarg auch ihre Augen mit einer Sonnenbrille vor menschlichen Blicken und war in einen dunklen Flickenmantel gehüllt. Über ihr Gesicht hatte sie zusätzlich eine schwarze Skimaske gestreift, auf der die Brille saß. Sie wirkte wie ein Phantom. Nur schwer greifbar. Surreal. Wie alles in dieser dunklen Parallelwelt unter den Straßen.
Niemand wusste, wer oder was Aurora war und wie sie unter ihrer Vermummung aussah. Sie selbst begründete ihre Kleidung damit, dass sie eine starke Lichtallergie hätte. Theresa glaubte nicht so rechtdaran. Hier unten drang kein Licht vor und sie verhüllte sich dennoch vom Kopf bis zu den Fußspitzen. Aufgrund ihrer schmächtigen Statur neigte man dazu, sie eher für eine Frau zu halten und Theresa sah sie als Freundin an. Noch dazu hatte sich Aurora selbst einen weiblichen Vornamen gegeben, denn ihren richtigen Namen kannte sie nicht. Allgemein wusste sie nicht viel über sich. Sie litt an Amnesie und erinnerte sich weder an Familie, Freunde oder Bekannte, doch sie behauptete, seit langer Zeit zu existieren.
Aurora goss das dampfende Wasser in eine Tasse und tat einen Teebeutel hinein. Dann setzte sie sich an den Tisch und bot Theresa einen Platz neben sich an.
„Bist du sicher, dass du keinen Tee möchtest? Das ist eine schmackhafte Sorte. Erdbeer-Vanille. Jemand hat eine halbe Packung weggeworfen. Kannst du dir das vorstellen?“
Sie schob ihr die Tasse zu. Theresa wusste, dass Aurora keine feste Nahrung, dafür aber Flüssigkeit zu sich nahm. In ihrer Gegenwart würde die Empathin jedoch niemals etwas trinken, dafür müsste sie ihre Maske abstreifen. Aurora vermied es einzukaufen und durchwühlte stattdessen Abfälle. Für Theresa keine besonders schöne Vorstellung, für Aurora Alltag. Das machte ihr freundliches Angebot nicht unbedingt schmackhafter. Wenigstens trank sie kein Blut wie die Vampire. Dennoch hatte sie etwas mit den Blutsaugern gemein. Sie besaß Gaben, die denen eines mächtigen Vampirs nicht unähnlich waren. So hatte sie die Fähigkeit Gefühle anderer zu erspüren, sie sogar zu beeinflussen, indem sie die Seele ihres Gegenübers berührte. Und sie wusste von Dingen, die anderen verborgen waren. Theresa konnte sich nicht erklären wie Aurora das machte. Sie traute sich nicht, ihr zu viele Fragen über ihre Person zu stellen. Erstens wollte sie keine schmerzhaften Gefühle auslösen und zweitens sagte ihr ein unbestimmtes Gefühl, Aurora könne zu viel Fragerei als unhöflich empfinden.
„Nein, danke, keinen Tee für mich.“
„Du bist sehr nervös.“
Wie immer hatte sie recht. Vor Aurora konnte man nur schwer etwas verbergen. Theresa beschloss, gleich auf den Punkt zu kommen, anstatt um den heißen Brei herum zu reden. Sie hatten nicht viel Zeit. Schon gar nicht für Tee.
„Ich habe Levan hintergangen.“
„Was ist geschehen?“, fragte die Empathin.
Eigentlich war es beruhigend, dass selbst sie nicht alles wusste. Aber so war es mit dieser Gabe. Sie kam nie, wenn man sie rief. Man wurde von ihr überfallen. Und bei Aurora schien das nicht anders zu sein.
Theresa drückte ihr den Zylinder in die Hand. „Weißt du, was das ist?“
Die behandschuhten Hände glitten über das Metall. „Ich fühle etwas. Etwas sehr Altes, sehr Mächtiges.
„Das ist die ewige Fackel. Das Feuer des Ivari.“
„Ja ... genau das ist es.“ Offenbar kannte Aurora die Legende.
„Sie brennt erst, wenn man sie in die Luft hält“, erklärte Theresa.
Aurora, die zum ersten Mal, seit Theresa sie kannte, ein wenig aufgeregt wirkte, schraubte rasch den Deckel des Zylinders ab, nahm die Fackel heraus und wie Theresa es angekündigt hatte, entzündete sie sich, so dass sie den Waggon hell erleuchtete. Die knisternden Flammen spiegelten sich in den dunklen Gläsern von Auroras Sonnenbrille.
„Sie ist noch älter als ich dachte“, flüsterte sie ehrfürchtig. „Alt wie die Welt, der Himmel und die Sterne. Aber auch mächtig und gefährlich. Und irgendwie ... vertraut.“
„Die Fackel bringt großes Unheil.“ Während Theresa sprach, bildete sich ein
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