Lykandras Krieger 2 - Blutsklavin (German Edition)
kleiner Film von Angstschweiß auf ihrer Stirn. Sie musste beim Anblick der lodernden Flamme an ihre Vision denken und an das Feuer, das sie darin gesehen hatte. Doch sie schob die Angst zurück, tief in ihr Inneres, und erklärte weiter. „Levan sagt, sie öffnet das Tor in die Unterwelt. Die Vampire wollen Königin Pyr zurückholen. Ich habe es gesehen. Die Städte werden brennen, Menschen werden versklavt. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Vampire sie zurückholen, oh Gott Aurora.“
Ihre eigenen Worte riefen die Ängste wieder wach, die sie gestern Nacht während ihrer Vision heimgesucht hatten. Furcht. Hilflosigkeit. Ohnmacht. Sie presste sich die Hand vor den Mund und zwang sich, nicht hysterisch zu werden. Aber wie sollte das gelingen, bei diesen Zukunftsaussichten?Nein, sie war weder hilflos noch ohnmächtig. Dieses Mal würde sie sich nicht ihrem angeblichen
Schicksal ergeben. Sie hatte ihre Opferrolle abgestreift. Sie würde sie jetzt nicht wieder anziehen. Entschlossen schluckte sie alle Ängste hinunter und versuchte, sich zu konzentrieren. Im Hier und
Jetzt hatten sie alle Fäden in der Hand. Nicht die Vampire.
Aurora schien zu verstehen, nickte und holte einen grünen Kanister aus einer Ecke des Waggons. Theresa wunderte sich, wofür die Empathin Benzin benötigte, aber dann fiel ihr ein, dass sie damit den Notstromgenerator fütterte und es sich um Diesel handeln musste.
„Was hast du vor?“, fragte Theresa.
„Ich habe es auch gesehen. In meinen Träumen. Du hast recht. Wir haben keine andere Wahl.“
Sie verließen den Waggon und einige Schritte entfernt legten sie die Fackel auf den Boden. Das Feuer flackerte leicht, während Aurora den Deckel des Kanisters abschraubte. Sie zögerte einen Moment und betrachtete die gleißenden Flammen am Boden. Sie schienen eine starke Anziehungskraft auf sie zu haben.
„Es ist ein Frevel, das zu tun“, sagte sie mit großem Bedauern. „Ich wünschte, es gäbe eine andere Lösung. Ich wusste nicht, wie ich die Vision deuten sollte, aber du hast nun Klarheit geschaffen. Wir können das Unheil nur abwenden, wenn wir die Fackel vernichten.“
Theresa stimmte zu. Die Vampire würden niemals ruhen, ehe sie nicht die Fackel wieder in ihren Besitz gebracht hätten.
Der beißende Geruch des Diesels stieg in die Luft. Er war so ätzend, dass Theresa gezwungen war, den Atem anzuhalten. Rasch schüttete Aurora einen Teil der entzündlichen Flüssigkeit über die Fackel, die sofort lichterloh aufflammte. Theresa sprang zurück. Überrascht von der heftigen Reaktion des Feuers blieb sie sekundenlang wie erstarrt stehen und beobachtete das Spiel der Flammenzungen, während Aurora ruhig blieb, den Kanister wieder zuschraubte und ihn abstellte.
Nach einigen Minuten war der Diesel verbrannt und die Flammen gingen langsam zurück. Aber die Fackel leuchtete weiter und erhellte die Dunkelheit des Tunnels. Theresa trat näher.
„Das war wohl nichts.“
„Vernichte Gleiches mit Gleichem. Wenn sie nicht mit Feuer vernichtet werden kann, wird es schwer werden, sie zu zerstören. Vielleicht ist sie sogar unzerstörbar“, sagte Aurora und hob die Fackel auf.
Sie schien nicht einmal heiß am Griff zu sein. Langsam bewegte sie sie hin und her. Das Feuer am Kopf der Fackel brannte, als sei nichts geschehen.
Sauerstoffmangel löschte sie nicht, ein Gegenfeuer erstickte sie nicht, es musste doch eine Lösung geben! Theresa würde eine finden, und wenn sie die Fackel am tiefsten Punkt der Erde versenkte.
„Lass es uns noch einmal versuchen. Auf eine andere Weise“, schlug Theresa vor.
Vielleicht konnte sie die Fackel zerteilen. Aber Aurora reagierte nicht. Sie starrte fasziniert in das Flammenspiel, als hätte es sie hypnotisiert.
„Aurora? Hörst du, was ich sage?“
In dem Moment erfasste ein Schütteln den zierlichen Körper der Empathin. Es sah aus, als erlitte sie einen epileptischen Anfall. Wild zuckten ihre Gliedmaßen. Ein eigenartiges Gurgeln drang aus ihrer Kehle. Theresa eilte zu ihr, doch noch ehe sie ihre Freundin erreichte, stürzte diese zu Boden. Die Fackel glitt aus ihrer Hand und rollte bis zu Theresas Stiefel.
„Aurora!“
Theresa hockte sich neben den zusammengesackten Körper. Aurora bewegte sich plötzlich nicht mehr, reagierte nicht auf Worte. Rasch griff Theresa nach dem Arm, zog den Ärmel des Mantels zurück und erschrak, als sie ein spindeldürres Handgelenk erblickte, das nur von einer gräulichen Lederhaut umspannt war. Sie zögerte
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