Lykos (German Edition)
den Scheinwerfern der vorbeirasenden Autos der nahe gelegenen Autobahn erhellt, ansonsten störte sie niemand. Heinz und Charlie suchten sich die besten Stücke aus dem Haufen der Blumengebinde heraus und steckten sie in mitgebrachte Beutel.
Plötzlich hörten sie ein entferntes Geräusch, das sich wie ein heiseres Bellen anhörte. Das Geräusch wiederholte sich mehrmals und schien dabei auch näher zu kommen.
„Scheiße, ist das `n Nachtwächter mit seinem Köter, oder was?“, fragte Charlie und richtete sich auf. Er blickte sich angespannt um, konnte aber nichts erkennen. Das Bellen blieb schließlich aus und er beruhigte sich wieder.
„Wird schon nischt sein“, sagte Heinz Jürgens und steckte die letzten Gestecke in den Beutel. Sie erhoben sich und wollten gerade verschwinden, als sie die dunkle Gestalt am Ende des langen Gräberfeldes sahen, die sich ihnen zwischen den Reihen der Grabsteine näherte. Es sah aus wie ein Hund, aber er war selbst auf die Entfernung riesig groß.
„Scheiße, die haben hier doch n’ Köter“, bemerkte Charlie ängstlich. Das riesige Vieh kam langsam näher und stellte sich zu ihrem Entsetzen plötzlich auf zwei Beine. Der Mond beschien die Gestalt und ließ sie doppelt unheimlich aussehen. Ein Paar hell reflektierende Augen fixierten die beiden Männer regelrecht und verfolgte jede ihrer Bewegungen.
„Mann, was ist denn das? Komm, lass uns bloß hier abhauen, ich scheiß mir gleich in die Hose“, flüsterte Heinz Jürgens aufgeregt. Er brauchte seinen Kumpel kein zweites Mal dazu auffordern. Beide drehten sich blitzschnell um und rannten wieder in Richtung Ausgang zurück. Sie liefen quer über das Grabfeld und versuchten so schnell wie möglich auf den Hauptweg zu gelangen, der wieder zum Tor des Friedhofes führte. Während sie rannten wagte Charlie einen Blick über die Schulter und erkannte zu seinem Entsetzen, sie tatsächlich von der Gestalt verfolgt wurden. Ein lautes Knurren näherte sich ihnen und sie hörten die Tritte der Gestalt, die immer schneller wurden.
„Lauf ..., lauf, Heinz. Das Vieh kommt hinterher“, schrie Charlie schrill und überholte Jürgens voller Panik.
„Das ..., das schaffen wa nich, Scheiße“, antwortete der andere Flüchtige keuchend. Sie liefen um ihr Leben und steuerten fast schon instinktiv einen Bauwagen an, der in der Nähe des Ausganges neben einem Container mit Grünschnitt stand und den Angestellten des Garten- und Friedhofamtes als Pausenräumlichkeit diente. Ohne ein Wort der Absprache hetzten beide auf den Bauwagen zu. Jürgens schickte das erste Mal seit langer Zeit in seinem Leben ein Stoßgebet zum Himmel und drückte die Türklinke des Bauwagens. Die Tür öffnete sich zu seiner Erleichterung und zusammen mit Charlie drängte er hinein. Sie warfen die Tür hinter sich zu und legten den Holzriegel um, der auf der Innenseite der Tür in eine Metallhalterung schnappte. Einen kurzen Moment danach krachte etwas mit dermaßen gewaltiger Wucht gegen die Tür, sie fast zu zerbrechen drohte. Das Krachen wiederholte sich mehrmals und der ganze Bauwagen vibrierte und schaukelte dabei wie wild.
„Mann, was ist denn das, was ist denn das nur?“, fragte Charlie mit vor Angst geweiteten Augen, die in der Dunkelheit regelrecht leuchteten.
„Schnauze!“, zischte Jürgens und fuchtelte verneinend mit der Hand durch die Luft. „Halts Maul jetzt!“, wiederholte er. Das Krachen hörte auf und wurde durch ein leises Schnüffeln abgelöst, das hinter der Tür zu hören war. Dann folgte ein furchtbares Kratzgeräusch, das den beiden Männern durch Mark und Bein ging, so sich ihnen die Nackenhaare aufstellten ...
„Bis zum Morgen haben wa dann da drinnen gesteckt und uns nicht rausgetraut. Erst als die Sonne aufging, haben wir vorsichtig die Tür geöffnet und sind dann schnell abgehauen“, beendete Heinz Jürgens seinen Bericht und blickte die beiden Polizisten dann neugierig an. „Da staunta, was?“, bemerkte er und erwartete die Reaktion seiner beiden Zuhörer.
Straub und Angela Damm blickten sich an und waren für einen Moment ratlos. Hatten sie es hier mit einem Spinner zu tun, dem der viel zu häufig genossene Alkohol schon die Sinne verwirrte? Oder war an der ganzen Sache doch etwas dran? Nicht, der Oberkommissar oder seine Kollegin jetzt doch an einen Werwolf glauben, aber in diesem Fall war wirklich alles mehr als ungewöhnlich. Vielleicht hatten die beiden Männer ja wirklich den Täter gesehen, der sich
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