Lykos (German Edition)
eventuell verkleidet hatte.
Straub fiel wieder das psychologische Gutachten des Professors über die Lykantrophie ein. „Was haben sie dann den ganzen Tag gemacht? Weshalb sind sie erst jetzt zur Polizei gegangen?“, fragte er den Zeugen nach einiger Zeit des Nachdenkens.
„Na, wir ham erst mal einen auf diesen Schrecken getrunken und sind dann in die Stadt. Da hab ich dann die Zeitung gesehen und bin dann sofort hergekommen“, antwortete Heinz Jürgens. „Was glauben se, wie fertig wir waren, nach dem Schrecken?“
„Und dieser Charlie, wo ist der jetzt? Und hat der auch einen richtigen Namen?“, wollte Straub wissen.
„Der heißt eigentlich Karl Bittermann und wohnt in der Lichtenberger Straße 6. Er is wieder zuhause und will auch nich mehr weg.“
„Verständlich, nach dem Erlebnis“, nickte der Oberkommissar.
„Also glauben se mir?“, fragte Heinz Jürgens fast schon verwundert.
„Na ja, Herr Jürgens, wir müssen ihre Angaben natürlich erst mal überprüfen. Wir werden diesen Herrn Bittermann mal aufsuchen und ihm ein paar Fragen stellen. Dann sehen wir weiter.“
„Und was machen sie mit diesem Mörder, diesem Vieh?“
„Darum kümmern wir uns auch. Keine Angst, den schnappen wir uns bald. Wir danken ihnen jedenfalls für ihre Mühe, Herr Jürgens.“
„Ja, ja, tu ich doch gern. Ich helf der Polizei doch gern. Hauptsache, sie kriegen dieses ... Ding da. Ich hatte ne scheiß Angst, müssen se wissen“, brummte der Zeuge und zuckte dabei wieder auffallend oft mit dem Mundwinkel.
„Gut, wir machen uns gleich wieder auf den Weg in die Lichtenberger, Angela“, sagte Straub und schnappte sich seinen Mantel. „Sollen wir sie mitnehmen, Herr Jürgens?“, fragte er dabei.
„Ne, ich geh noch einen trinken ... auf den Schreck“, verneinte der Mann, erhob sich und verabschiedete sich dann knapp. Doch dann besann er sich noch einmal und fragte: „Ham se vielleicht etwas Kleingeld für mich, ich bin gerade knapp ...“
Straub holte sein Portmonee aus der Tasche und reichte dem Mann einen Zehneuroschein. Jürgens bedankte sich grummelnd und ging dann zur Tür. Nachdem er draußen war, blieben die beiden Beamten doch noch für einen Moment im Büro und unterhielten sich.
„Was hältst du denn von der Story?“, fragte Straubs Kollegin kopfschüttelnd.
„Kann ich noch nicht sagen. Klingt unglaublich, aber nach all den seltsamen Fakten in diesem Fall will ich nicht ausschließen, die wirklich etwas Seltsames gesehen haben. Zumal sie sich ja offensichtlich genau in dem Milieu aufhalten, welches dieser Profilheini vom Landeskriminalamt als das unseres Täters ausgemacht hat. Ansonsten würde ich die Geschichte einfach nur als Spinnerei abtun und nicht weiter nachhaken. Aber irgendwie habe ich auch so eine Ahnung, wir damit eine Spur gefunden haben. Nenn es meinetwegen Intuition, die ihr Frauen ja sonst immer habt, egal.“
„Peter, du überrascht mich“, grinste Angela Damm. „Wirst du jetzt auf deine alten Tage okkultistisch?“, schob sie noch einen Gag nach.
„Du kannst mich doch mal. Alte Tage“, antwortete Straub gespielt entrüstet. „Ne, aber ich meine, die vielleicht doch unseren Täter gesehen haben. Du weißt ja, die Sache mit der Verkleidung und so. Ich hab nämlich schon den Bericht von diesem Professor gelesen. Ganz im Gegensatz zu gewissen anderen, weiblichen Personen, die hier nur schräge Sprüche klopfen.“
„Na gut, du Oberstreber. Dann schlage ich noch vor, wir uns neben diesem Charlie auch noch den Bauwagen genauer ansehen. Da müssten dann ja Spuren zu sehen sein.“
„Na ist es denn die Möglichkeit? Das Küken hat eigene Einfälle“, grinste nun Straub und klatschte Beifall.
Sich gegenseitig neckend und boxend kamen die beiden Beamten aus dem Büro heraus und machten sich auf den Weg zu ihren nächsten Zielen. Sie fuhren zunächst in die Lichtenberger Straße, um den beschriebenen Bekannten ihres Zeugen aufzusuchen. Angela Damm parkte den Wagen direkt vor der Tür der Miethausreihe. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befand sich ein kleiner Kiosk, an dem drei Männer standen und die beiden Beamten neugierig beobachteten. Straub und Damm gingen auf die rotgestrichene Eingangstür zu und suchten auf der Klingelplatte den Namen Bittermann. Das Namensschild war schon etwas verblasst, aber sie fanden den Namen. Straub drückte den Knopf mehrmals, jedoch ohne Erfolg, denn es öffnete niemand.
„Ich dachte, der traut sich nicht mehr
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