Lykos (German Edition)
Zeugen in der vergangenen Nacht. Dem Bericht von Heinz Jürgens zufolge musste der Bauwagen irgendwo hier auf dem Hauptweg in der Nähe eines großen Containers für Gartenabfälle stehen. Nach einigen Augenblicken sahen sie den Wagen auch an der besagten Stelle an einer Wegkreuzung neben einem kleinen Ahornbaum stehen und gingen darauf zu. Das Gefährt war grün angestrichen und besaß ein halbrundes Dach, aus dem ein dünnes Ofenrohr herausragte. Auf beiden langen Seiten befanden sich Flügelfenster mit kleinen Gardinen davor. Die Tür war verschlossen aber man sah ihr schon aus einiger Entfernung an, etwas mit großer Kraft darauf eingewirkt hatte. Als Straub und Damm näher kamen, erkannten sie auch deutliche Kratzspuren auf dem Türfutter und dem Rahmen. Sie stiegen die Treppe hinauf und betrachteten die Spuren beinahe ungläubig. Tiefe Riefen zogen sich quer von links oben nach rechts unten. Einige der Holzleisten waren geborsten und nach innen gedrückt. Der Oberkommissar nahm sein Handy aus der Tasche, wählte eine Dienstnummer und verlangte augenblicklich die Spurensicherung zum Ort. Dann steckte er das Mobilgerät wieder weg und betrachtete die Spuren weiter.
„Unglaublich, dieser Jürgens hat uns offensichtlich keine Geschichte erzählt“, bemerkte Straubs Kollegin kopfschüttelnd. „Und was dieser Typ für eine Gewalt angewendet haben muss.“
„Dafür braucht man schon einige Kraft“, bestätigte Straub. „Ich hoffe nur, er ein paar Abdrücke hinterlassen hat, die wir verwenden können. Die Jungs kommen gleich“, fuhr er fort, wobei er mit den Jungs die Kollegen von der Spurensicherung meinte.
„Sie dir bloß mal diese tiefen Kerben im Holz an. Gleichmäßig vier Stück nebeneinander“, staunte seine Kollegin und deutete auf die Riefen im Türfutter. „Was kann das für eine Waffe sein?“
„Eine Kralle“, antwortete Straub zischend und formte seine Hand zu einer nachgemachten Tierpfote.
„Eh, jetzt verarsch mich nicht“, flachste Angela Damm lachend. „Aber mal im Ernst, ich will wirklich langsam wissen, was hier los ist“, fuhr sie fort.
„Werden wir hoffentlich bald wissen“, antwortete ihr Kollege.
Einige Minuten später kamen die „Spurenleser“, wie Straub sie manchmal nannte und sprachen kurz mit dem Oberkommissar, der ihnen anzeigte, welche Bereiche er untersucht haben wollte. Der Bauwagen und ein weitläufiger Abschnitt drum herum wurden abgesperrt, was natürlich zu einiger Neugier bei den Besuchern des Friedhofes führte. Ein paar Beschäftigte des Garten- und Friedhofamtes fanden sich ebenfalls ein und unterhielten sich mit Straub und seiner Kollegin. Der beschädigte Bauwagen war dabei natürlich das Hauptthema und die Männer bestätigten den Polizeibeamten, die Tür am gestrigen Tag noch vollkommen in Ordnung gewesen war. Zu Vergleichszwecken stellten sich die Arbeiter auch gleich noch mit ihren Fingerabdrücken zur Verfügung, so die Spurensicherung einige der gefundenen Abdrücke an Türklinke und Blatt einordnen konnten.
Am späten Nachmittag fanden Straub und Damm sich wieder in der Polizeiinspektion ein. Ein weiterer Gesprächstermin mit der Sonderkommission war anberaumt worden, um die neuesten Ergebnisse aller Gruppen zusammenzutragen. Der Oberkommissar berichtete von ihren Gesprächen und den Spuren an dem Bauwagen auf dem Friedhof. Bilder von der zerkratzten Tür wurden herumgereicht und Straub begleitete die Fotos mit einigen erklärenden Worten. Weitere verwertbare Spuren hatte die Spurensicherung allerdings leider nicht gefunden. Außer einigen Fingerabdrücken, die man aufgrund der Vergleiche einordnen konnte, waren keinerlei genetische Materialien gefunden worden. „Unsere sprichwörtliche Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen möglicher Hinweise geht also weiter, meine Damen und Herren“, schloss Straub die Runde und vertagte die Sonderkommission damit.
Anschließend wurden er und seine Kollegin Angela Damm auf einen weiteren Besuch in ihrem Büro aufmerksam gemacht. Beim Eintritt wäre Straub beinahe ein Fluch über die Lippen gekommen, denn er hatte die Person, die dort ungeduldig auf dem Stuhl saß, fast schon vergessen gehabt. Thea Buchwald, die Reporterin der Salzgitter Nachrichten saß dort und blickte die beiden Beamten fast schon vorwurfsvoll an, als sie hereinkamen.
„Hallo, Herr Oberkommissar. Haben sie mich vergessen?“, raunte sie halb scherzend, halb ernst.
„Tut mir leid, hatten wir einen Termin?“, fragte Straub
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