Lykos (German Edition)
zog.
Der Geruch nach Schweiß wurde immer stärker und das Wesen konnte sich kaum noch zurückhalten. Der Jagdtrieb wurde beinahe unbändig in ihm, aber der Intellekt war dennoch stärker. Sein Opfer würde hier vorbeikommen und ihm direkt in die Arme laufen. Es spürte schon die regelmäßigen Erschütterungen, die der Läufer verursachte, der sich auf dem Parkweg näherte. Es gab keinen Zweifel mehr, ein Mensch kam näher. Ein Mensch mit gesundem Fleisch und wallendem Blut. Das Wesen bemerkte, wie der Geifer ihm aus dem Maul lief und die Erregung immer stärker, beinahe unerträglich wurde.
Da, ein Lichtschein war zu erkennen, er tanzte wie ein irres Glühwürmchen auf und ab. Der Strahl der Taschenlampe hüpfte im Takt des Laufs und streifte dabei auch das Wesen, das sich im Dickicht verbarg. Aber der Läufer bemerkte die auf ihn wartende Gefahr nicht und rannte unvermindert weiter, bis er auf gleicher Höhe mit dem Versteck des Wesens war und schließlich daran vorbeilief. Es spürte den Herzschlag des Mannes, fühlte den pumpenden Takt des zuckenden Muskels und es wusste, der Zeitpunkt jetzt gekommen war, um das Opfer zu überraschen, zu packen und ihm den Todesbiss zu verpassen.
Mit einem gewaltigen Satz sprang es aus der Deckung heraus und stürzte sich laut knurrend von hinten auf den Mann, der entsetzt aufschrie und zu Boden stürzte. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse des Schreckens, als er sah, was ihn dort anfiel. Er würgte einen weiteren Schrei heraus, der jedoch bereits in seinem eigenen Blut erstickte. Seine Arme und Beine zuckten und zappelten hilflos umher, aber das Gewicht des Wesens auf ihm drückte ihn nieder – er hatte keine Chance sich zu erheben und zu entkommen. Die Zähne gruben sich in den Hals des Opfers, bohrten sich durch Haut, Muskeln und Sehnen und rissen die Kehle fast in einem Stück heraus. Endlich löste sich die Gier in Erfüllung auf. Es schmeckte den warmen Blutstrom und saugte die Flüssigkeit schmatzend auf.
Noch zuckte der Mann und verkrampfte seine Hände in das Fell. Er versuchte sich irgendwie loszulösen und schlug in seine Todesangst wild um sich. Doch das Wesen ließ sich nicht vertreiben, sondern wurde durch die Gegenwehr noch viel mehr angestachelt. Es stieß seine Krallen in den Bauch des Mannes und riss ihm die Haut mit tiefen Furchen auf. Ein letztes Aufbäumen des Opfers war die Folge, dann blieb er mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen liegen. Das Wesen grub sich regelrecht in die Eingeweide hinein und erfüllte seine Sucht nach Fleisch und Blut. Erst nach längerer Zeit war die Gier endgültig gestillt und es ließ ab von dem Leichnam. Langsam kehrte der Verstand wieder zurück, wo zuvor nur der nackte Instinkt geherrscht hatte.
Das Wesen erhob sich und betrachtete fast nachdenklich sein Opfer. Doch Reue oder schlechtes Gewissen empfand es nicht. Es war seine Natur, die Schwachen zu töten – und die Menschen waren schwach. Zufrieden knurrend und all seine Bedürfnisse befriedigt habend, entfernte es sich langsam von dem Ort des Geschehens. Der dunkle Körper verschwand in der Nacht und zurück blieb ein ausgeweideter Körper dessen Blut im trüben Licht des wolkenverdeckten Mondes schimmerte ...
Winter auf Mallorca
Die Maschine landete planmäßig um 10:30 Uhr auf dem Flughafen in Palma. Straub sah aus dem kleinen Fenster und betrachtete die karge rotbraune Erde neben dem Asphalt der Landebahn. Hier und dort wuchsen kleine Fächerpalmen und bogen sich im Wind. Zwei der typischen Windräder standen am Rand des Flughafens und drehten sich ziemlich schnell. Das Wetter auf der Insel zeigte sich zur Zeit wirklich nicht von der besten Seite. Kein Wunder eigentlich, jetzt, Ende November. Der Flugkapitän hatte noch vor der Landung etwas von Dauerregen und etwa 10 Grad Celsius erzählt; wie es schien, hatte er recht. Als das Flugzeug seine Parkposition erreicht hatte, entstand nicht die übliche Hektik ungeduldiger Touristen, die alle möglichst gleichzeitig aufstanden und einen Wettbewerb im Hinausdrängeln entfachten. Vielmehr ging es gelassen und ruhig zu. Die meisten Passagiere in der Maschine waren neben einigen deutschen Rentnern und Alternativtouristen Spanier, die hier offensichtlich ihre Verwandten besuchten oder selbst auf der Insel wohnten.
In dieser ruhigen Atmosphäre ging es hinaus aus dem Flugzeug und hin zu den niedrigen roten Transferbussen, die bereits neben der Maschine warteten. Straub, Damm, Dr. Leuschenberger,
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